Das späte Glück. Dietmar Grieser
von seinen mineralogischen Expeditionen, eine Marienbad-Zeichnung von des Dichters Hand sowie einiges an Proben aus Ulrikes Herbarium.
Auch an Denkmälern, die die Erinnerung an die Geschehnisse vom Sommer 1823 wachzuhalten versuchen, ist im heutigen Marienbad (Mariánské Lázne) kein Mangel: Das alte Bronzestandbild, das 1932 mit einer Festrede des Prager Schriftstellers Johann Urzidil auf dem Platz vor Goethes letztem Marienbader Quartier enthüllt und nach Meinung der einen während des Zweiten Weltkrieges für Rüstungszwecke eingeschmolzen, nach einer anderen Version jedoch erst nach 1945 »entfernt« worden ist, hat 1993 einen Nachfolger gefunden, in dem sich, von einem heimischen Künstler angefertigt und von einem Vertriebenenverband finanziert, der Versöhnungswille der Sudetendeutschen Landsmannschaft und der neuen Republik Tschechien ausdrücken soll. Auch das 1974 im Auftrag der Roten Armee vom damaligen »Bruderstaat« DDR gestiftete Goethe-Denkmal, das den Dichter zusammen mit Ulrike darstellt, hat sich erhalten, nur hat man es von seinem ursprünglichen Standort in einen einige Gehminuten entfernten Waldwinkel transferiert, und auch über diese, von den einen als Politikum gedeutete und von den anderen als Kuriosum belächelte »Aktion« kursieren die unterschiedlichsten Ansichten: Während die Zeitgeschichtler, nach dem Grund der »Verbannung« befragt, darauf verweisen, daß Marienbad 1945 gar nicht von den Sowjets, sondern von den Amerikanern befreit worden ist, erklären die Heimatforscher die Unbeliebtheit des Doppelstandbildes mit dem in der Tat nicht wegzuleugnenden Umstand, daß der betreffende Bildhauer bei der Gestalt der Ulrike tüchtig danebengegriffen und der in Wahrheit Gertenschlanken die Statur eines Pummelchens verpaßt hat.
Was macht man mit so einem verkorksten Objekt? Man entpersönlicht es, man tauft es um. Und so stehen denn nicht Goethe und Ulrike in ihrem einsamen Waldversteck, sondern – so die offizielle heutige Bezeichnung des umstrittenen Kunstwerks – »Goethe und die Muse«.
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