Die Herzenswörter der Österreicher. Rudolf Muhr

Die Herzenswörter der Österreicher - Rudolf Muhr


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perfekt. Deshalb ist das Strudelmachen im übertragenen Sinn das Sinnbild für mühsame Arbeit. Das geht aufs Gemüt.

      ACHTLENG/ECHTLENG, die; Subst. | Pate: Martin Hölzl | Region: SBG/Lungau | B: Erdapfel/Kartoffel; W: Achtleng | Dieses schöne Wort liegt den Salzburgern/Lungauern am Herzen – dort heißen die Erdäpfel so und nur dort. img ERDÄPFEL

      ACHZEIT, die; Subst. | Region: bes. TIR | B: 1. Zeit zwischen Frühstück und 9.00 Uhr; 2. unangenehme Wartezeit, z.B. aufgrund schlechten Wetters; Pause; W: Arbeitszeit | Die eigentliche Bedeutung ist Arbeitszeit. Hier ist der Wehlaut Ach enthalten.

      AFTERMANTIG, der; Subst. | Region: bes. TIR/Außerfern | B: Dienstag; der Tag nach dem Montag | Der Wortteil after kommt schon im Mittelhochdeutschen vor und bedeutet nach, hinter. Es ist ein sehr altes Wort, das im gebirgigen Tirol erhalten geblieben ist.

      AGRAT; Adv. | Pate: Mario Schmidt | B: genau, ausgerechnet; genauso; justament; W: akkurat | Kommt vor in Sätzen wie Das hat ma agrat no gfehlt! – Das hat mir genau noch gefehlt! Das Wort kommt aus dem Lateinischen (accuratus) mit der Bedeutung sorgfältig, genau. Im Österreichischen dient es auch zur Verstärkung des Gesagten.

      ALWER, der; Subst. | Region: bes. TIR | B: Teufel | Ein Wort mit langer Geschichte: Abgeleitet aus mhd. alb, das ein mythisches Wesen bezeichnete und im Namen Alberich enthalten ist. Im Tirolerischen meint es den Teufel.

      ALZERL, das; Subst. img EIZERL img ETZALE (KTN) | B: ein klein wenig | Bezeichnet eine sehr kleine Menge – ein Alzerl mehr (Prise), ein Alzerl näher. Die Herkunft des Wortes ist umstritten: mhd. alzelin – Kleinigkeit oder Entlehnung aus italienisch alza – eine dünne Lederauflage, die der Schuster vorne auf den Leisten setzt, um die Form auszufüllen.

      AMANT, der; Subst. | Region: bes. NÖ | B: Liebhaber; Geliebte/r | So romantisch sind die Niederösterreicher, dass sie noch alte Lehnwörter aus dem Französischen verwenden, amant – Liebhaber! Das Wort kommt auch in anderen Sprachen vor (Katalanisch, Lateinisch, Polnisch usw.).

      AMLETN, die; Subst. | Pate: Jakob Mehlhart | Region: bes. NÖ | B: Palatschinken; W: Omlette | Hier handelt es sich um einen sogenannten »falschen Freund«: Gemeint ist eine mit Marmelade bestrichene Palatschinke und nicht die Eierspeise, die anderswo (DE) Omlette heißt und ein Lehnwort aus dem Französischen ist.

      AMPER, der; Subst. | B: Eimer; Kübel | Das Wort gibt es in vielen Aussprachevarianten: Ampa, Aumpa, Eimba, Empa, Emper. Entstanden aus dem ahd. Wort amber (lat. Amphore).

      AMUAHADSCHA/L’AMUAHADSCHA, der; Subst. | Pate: Erwin Vitovec | Region: bes. OSTÖ | B: langsamer, romantischer Tanz; W: Amourhatscher | So heißt landläufig ein langsamer, romantischer Tanz, bei dem man eng aneinander geschmiegt tanzt. Daran erinnert man sich noch viele Jahre.

      AN FOOZ/AN FOTZ MACHEN/AN FOTZ ZIAGN; Redew. | Paten: Sandra Sindelek, Thomas Schlesier | Region: bes. OSTÖ img Fotzn kriegn | B: unzufrieden sein; beleidigt, mürrisch dreinschauen; ein grantiges Gesicht machen; W: Fotz ziehen | Der Fotz ist der Mund, den jemand verzieht, weil ihm/ihr etwas nicht passt. Der Vorgang selbst gehört kaum zu den Herzensanliegen, die man sich wünscht, ist aber, wie man weiß, nicht so selten. Hierher gehört auch der Ausdruck a Fotzn kriagn – eine Ohrfeige kriegen.

      AN KOAL MOCHN; Redew. | Pate: Karl Schilk | Region: bes. WIEN | B: Spaß haben, einen Spaß machen; W: sich einen Karl machen | Dieser besonders in Wien übliche Ausdruck ist vom ehemaligen Carl-Theater abgeleitet, das von 1847 bis 1944 existierte und vor allem Lustspiele und Stücke des Wiener Volkstheaters aufführte.

      AN PICKN HOBN; Redew. | Pate: Karl Christian Blazek | Region: bes. WIEN | B: schwer betrunken sein; W: einen picken/kleben haben | Mit einem Wort etwas (einen Rausch) an sich haben, das sichtbar das Gleichgewicht und andere körperliche Funktionen beeinträchtigt.

      AN POSCHA HABEN/AN PASCHER HABEN; Redew. | Pate: Lisa Ogris | B: leicht bis mittelschwer verrückt sein; W: einen Pascher haben | Abgeleitet vom Verb paschen, das schlagen, aber auch applaudieren bedeutet. Ein Pascher ist ein leichter Schlag, den man vor allem auf den Kopf bekommt und nach dem man benommen ist, was sich unter Umständen auf die geistigen Fähigkeiten auswirkt.

      ANANAS, die; Subst. | Pate: Daniel Piller | B: Gartenerdbeere; W: die Erdbeer-Ananas | Bezeichnung für die Gartenerdbeere, die heute noch in AT üblich ist, früher auch in anderen deutschsprachigen Regionen verbreitet war. Beruht auf einer missverständlichen Übersetzung aus dem englischen Pineberry.

      ANBANDLN; Verb, hat ~ | Pate: Thomas Hallemann | B: flirten, mit dem anderen Geschlecht den Kontakt suchen; W: anbandeln | Diese Aktivität ist, wie man weiß, zentraler Teil der Partnersuche. Und dabei heißt es reden, reden, reden. Der Begriff dürfte auch mit dem Bandl-Tanz zusammenhängen – einem Volkstanz, bei dem sechs Paare rund um einen Baum mit Bändern tanzen und diese kunstvoll ineinanderflechten.

      ANBRODN; Verb, hat | Pate: Wolfgang Kremling | B: mit jemandem intensiv flirten, jemanden ins Bett kriegen; W: anbraten | Das Anbraten ist die Fortsetzung des Anbandelns mit dem Ziel, den oder die Auserkorene dazu zu bringen, das Eigentliche zu tun.

      ANFANGLA, der; Subst. | Region: bes. SBG img Taferlklassler img Erstklassler | B: Erstklassler; Schulanfänger; W: Anfänger | Schulanfänger, die anderswo in AT Taferlklassler oder Erstklassler heißen.

      ANGSCHÜTT sein; Verb, ist ~ | Pate: Gitti Cash | B: verrückt sein, dumm sein; W: angeschüttet sein | Wenn jemand angeschüttet ist, dann schaut die Person meistens ziemlich erbärmlich aus. Im übertragenen Sinn heißt das, dass man geistig nicht ganz auf der Höhe ist.

      ANHIASLN; Verb, hat ~ | Pate: Michael Krenn | B: unprofessioneller Mensch, der Wände lackiert, anmalt; W: anhiaseln | Die Tätigkeit als Maler und Anstreicher gilt als eine, für die es nicht allzu viel Intelligenz braucht. Das Wort leitet sich vom Namen Matthias/Hias ab, der früher das Synonym für einen einfach gestrickten Menschen war. So etwas kann ja jeder Hiasl – mit einem Wort: Jeder Dummkopf kann eine Wand anstreichen. Allerdings: Wer selber einmal Räume (besonders in Altbauten) ausgemalt hat und allerhand Streifen und abstürzende Mörtelteile produzierte, weiß, dass das falsch ist. Nichtsdestotrotz hat sich der Ausdruck eingebürgert.

      ANLEGN/ONZIACHN; Verb, hat ~ | Pate: Karl Hofer | Region: bes. STMK | B: anziehen; W: anlegen | Hierzulande wird das Gewand – wie einst bei den alten Rittern – angelegt, während es sonst auf den Körper gezogen wird. Das sind schöne Sprachbilder, verpackt in alltäglichen Wörtern!

      ANPUMPARA/ANPUMPERER, der; Subst. | Paten: Leopold Neubauer, Sylvia Ester | B: dummer, lästiger, unangenehmer Mensch; Angeber; W: Anpumperer | Einer, der überall anstößt (anpumpert) und dadurch Ärger erregt.

      ANTAL, das; Subst.; Adv. | Pate: Isabella Kern | B: 1. Entlein; 2. vom Berg herunter; W: Enterl | Die Ente heißt in weiten Teilen Österreichs Antn. Ein Entenküken ist daher das Antal, das aufgrund seiner flauschigen Federn und seines niedlichen Aussehens als besonders lieb empfunden wird. Das Wort hat als Adverb auch die Bedeutung vom Berg heruntergehen.

      ANTLAS, der; Subst. | Region: bes. TIR | B: Fronleichnam; W: Ablass | Alte, spezifisch Tirolerische Bezeichnung für Fronleichnam, die mit Ablass (Vergebung) zusammenhängt, der an diesem Tag gewährt wurde.


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