Funkelsee – Der Ruf der wilden Pferde (Band 4). Ina Krabbe

Funkelsee – Der Ruf der wilden Pferde (Band 4) - Ina Krabbe


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      Originalcopyright © 2019 Südpol Verlag, Grevenbroich

      Autor: Ina Krabbe

      Illustrationen: Ina Krabbe

      E-Book Umsetzung: Leon H. Böckmann, Bergheim

      ISBN: 978-3-96594-015-4

      Alle Rechte vorbehalten.

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      1. Kapitel

      Malu sah auf die Vogeluhr über ihrer Tür. Kurz vor drei. Zehn Minuten hatte sie noch, dann würde ein lautes Papa­gei­enkreischen von der Uhr ertönen und gleich darauf ihre Mutter hereinkommen und wieder irgendetwas von ihr wollen: aufräumen, wegräumen, hintragen, wegbringen, auf­­­­­hängen! Es gab jede Menge zu tun. In zwei Wochen war die Eröffnung des Reithotels am Funkelsee und Rebekka (wie sie ihre Mutter insgeheim nur noch nannte) wurde mit jedem Tag nervöser und damit (leider) auch nerviger. Dabei war heute Samstag, der erste Tag von eigentlich herr­­lichen sechs Wochen Sommerferien. Eigentlich! Ihre eige­­nen würden wohl eher anstrengend werden und hauptsäch­lich aus Arbeit im Hotel bestehen. Nicht mal einen Ausflug auf ihre geliebte Pferdeinsel konnte sie unternehmen, denn die kom­plette Insel war den Sommer über an so eine exzentrische Tante vermietet, die dort ihre wertvolle Araberherde vor der Welt verstecken wollte. Die Pferde hatte sie in Jorda­­nien bei einem berühmten Gestüt gekauft und von da waren sie direkt zum Funkelsee gebracht worden, erst mit dem Schiff und dann in Transportern. Hier sollten sie von zwei Männern bewacht bis Oktober bleiben. Die Tiere mussten absolute Ruhe haben, das hatte Rebekka mehrfach betont und ihre Tochter dabei eindringlich angesehen. (Ja, ja, schon kapiert, kein Ausflug auf die Insel!) Sie hatte sich natürlich sofort angeboten, die Versorgung der Männer zu übernehmen, aber darum wollte sich die Besitzerin der Pferde höchstpersönlich kümmern. Das Boots­haus mit Pferde­­­floß und Ruderboot war verschlossen, damit niemand in Versuchung geriet.

      Als die kostbaren Pferde vor ein paar Tagen gebracht worden waren, war sie noch in der Schule gewesen, nicht mal ein winziges Schweifhaar hatte sie zu Gesicht bekommen. Aber es sollten noch mehr Pferde kommen, vielleicht hatte sie dann die Chance, einen Blick auf die edlen Tiere zu werfen.

      Seufzend sah Malu aus dem Fenster, dorthin, wo eigentlich ihre eigenen Pferde gemütlich grasen sollten. Aber leider war die große Wiese mit dem Offenstall wie leer ge­­fegt. Noch so ein Punkt auf ihrer Läuft-gerade-nicht-so-Liste: Das Hotelteam (also Rebekka und Großtante Gesine, seit Kurzem Besitzerin von Schloss Funkelfeld) hatte beschlossen, dass die Weide am Schlossplatz zukünftig für Gastpferde zur Verfügung stehen sollte. Was für eine Ge­­mein­­heit! Dabei gab es für Malu nichts Schöneres, als morgens nach dem Aufstehen einen Blick auf ihre kleine Herde zu werfen. Das Glücksgefühl, das sie durchströmte, wenn sie Papilopulus, Schneechen, die Isländer Ping und Pong, Zimt und Vanille und Alibaba mit ihrem Fohlen Lapislazuli gemächlich über die Wiese zockeln sah – das war einfach unbeschreiblich. Und jetzt: gähnende Leere! Und Hitze. (Ok, dafür konnte Rebekka ausnahmsweise nichts.)

      Sie konnte ihre Läuft-gerade-nicht-so-Liste auch noch damit fortsetzen, dass Jaron, der immer dieses angenehme Kribbeln in ihr auslöste, für ein halbes Jahr in Amerika zum Schüleraustausch war, und Bjarne, ein alter Schulfreund von Edgar, den sie im Frühjahr kennengelernt hatte, nun leider doch nicht in den Sommerferien zu ihnen kommen konnte.

      Malu wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn und zog das Rollo hinunter, damit die Mittagshitze draußen blieb. Seit Tagen hielt sich dieses heiße Wetter schon, dabei war es erst Anfang Juni. Und sie hatte noch Glück, ihr Zimmer lag im ersten Stock. Ihr Halbbruder Edgar wohnte direkt unterm Dach, da war es zur Zeit kaum auszuhalten. Aber wahrscheinlich würde ihre Mutter dort sowieso demnächst eine Sauna für die Hotelgäste einrichten und Edgar konnte gucken, wo er blieb, dachte Malu bissig.

      Sie klappte ihren Laptop auf und klickte sich zur Inter­net­­seite von Wir für 4 Hufe – einer Hilfsorganisation für Pferde. Dort öffnete sie den Chat, um kurz nachzusehen, ob jemand online war, den sie kannte. Vor zwei Mo­­na­­ten hatte ihre Cousine Lenka ihr von der Seite er­­zählt. (Erstaunlicherweise, seit wann war Lenka so eine große Tierfreundin?!) Auf der Internetseite gab es Infos zu Pferden und Hilfsprojekten, die sich um gequälte und alte Tiere kümmerten. Und in Forum und Chatroom waren viele unterwegs, die genauso dachten wie Malu. Hier konnte sie sich mit Gleichgesinnten austauschen und fühlte sich verstanden. Und gerade jetzt war ihr oft danach zumute, da hier ja zur Zeit alle nur noch diese blöde Hoteleröffnung im Kopf hatten.

      Malu wollte gerade den Laptop herunterfahren, da blinkte CharlyBee online grün auf. Sie grinste und loggte sich schnell im Chatroom unter ihrem Benutzernamen Lapislopulus ein.

      CharlyBee:

      Hi, traurige Nachricht: Schaff es leider nicht zum Camp.

      Lapislopulus:

      Kein Problem, ich darf eh nicht.

      CharlyBee:

      Warum???

      Lapislopulus:

      Arbeiten und arbeiten und ... ah ja, ich muss arbeiten.

      CharlyBee:

      Ist ja Sklaverei!!!!

      Lapislopulus:

      Du sagst es!!!!! Was ist denn mit dir?

      CharlyBee:

      Meine Eltern haben andere Pläne, aber ich bearbeite sie noch mal. Was macht dein Fohlen?

      Die Zimmertür wurde aufgerissen und ihr Bruder Edgar steckte den Kopf herein. »Kommst du mit rüber zu den Pfer­­­den?«

      »Noch nie was von Anklopfen gehört?!«, fauchte Malu.

      Schnell tippte sie noch: Erzähl ich dir später, Störfaktor im Zimmer und klappte dann schnell den Bildschirm herunter.

      »Ich wusste ja nicht, dass du hier geheimnisvollen Tätig­keiten nachgehst. Sag nicht, dass du dich wieder in diesem Retter-Chat rumtreibst.« Edgar trat einen Schritt in ihr Zimmer und machte Anstalten den Computer zu öffnen.

      »Hau ab!«, zischte Malu. »Gibt’s hier noch so was wie Privatsphäre?«

      Edgar setzte sein Großer-Bruder-Gesicht auf. »Ich halte nichts davon und Rebekka übrigens auch nicht. Du weißt gar nicht, mit wem du da redest und was –«

      »Hör schon auf«, unterbrach Malu ihn. »Ich weiß das alles. Wir haben ganze Abende damit verbracht, darüber zu reden. Ich sage nie meinen richtigen Namen, keine Adresse, Telefonnummer, keine Bilder. Punkt. Ich hab’s kapiert!«

      »Dann ist’s ja gut.« Edgar hob beschwichtigend die Hän­­de und fuhr sich durch seine kurzen blonden Haare. »Was ist jetzt? Ich wollte mal nach Alibaba und Lapislazuli sehen.«

      Sofort zuckte dieses kleine Glücksgefühl durch Malus Magen. Lapislazuli war ihr Fohlen. Edgar hatte es ihr im Frühjahr, direkt nach seiner Geburt, zu ihrem vierzehnten Geburtstag geschenkt. Schon bei dem Gedanken an die kleine braune Stute wurde ihr ganz warm ums Herz und jedes Mal färbte ein bisschen von dem Gefühl auf ihren Bruder ab. Auch wenn sie sich gerade noch über ihn geärgert hatte. Er hatte ihr das allerallerschönste Geschenk ihres Lebens gemacht!

      »Ich muss sowieso mal bei Papi vorbei«, sagte sie und sprang auf, ohne dem Computer noch einen Blick zuzuwerfen. Papilopulus war und blieb natürlich ihr Liebling, da konnten noch so


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