Er ging voraus nach Lhasa. Nicholas Mailänder

Er ging voraus nach Lhasa - Nicholas Mailänder


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den Führungsqualitäten des Expeditionsleiters. Ausrüstung, Proviant und Transportmittel waren bis ins Detail durchdacht und wurden vor Ort mit militärischer Präzision zum Einsatz gebracht. Vor allem hatte es Paul Bauer aber geschafft, die Mitglieder seiner Expedition zu einer Einheit zusammenzuschweißen, die bereit war, für den Erfolg am Berg und für ihren „Hauptmann“ alles aus sich herauszuholen.

      Allwein, Aufschnaiter, Brenner, Fendt und Leupold waren mit von der Partie, als Bauer 1931 wieder zum Sturm auf den Kantsch antrat. Dazu kamen vier weitere hervorragende junge Bergsteiger, die Bauer schon seit Jahren kannte: Hans Hartmann aus Berlin, Hans Pircher aus Innsbruck, Hermann Schaller aus München und Karl Wien aus Berlin.

      Als die Deutsche Himalaya-Expedition 1931 sich Anfang Juli am Fuß des Kangchenjunga einfand, war das Wetter viel wärmer als zwei Jahre zuvor. Der Aufstieg zum Grat war extrem von Lawinen und Steinschlag bedroht. Die Schneeauflage war wesentlich geringer als 1929, was den Aufstieg zum Teil erschwerte. An dem von filigranen Hartschneetürmen bestandenen horizontalen Gratstück des Sporns erlitt Eugen Allwein einen ernsten Ischias-Anfall. Einer nach dem anderen erkrankten die Expeditionsmitglieder an einem schweren Husten. Die besten Träger bekamen Mumps.

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      Die Schwierigkeiten zwischen 5500 und 6300 Meter am Nordostsporn des Kangchenjunga konnten es mit schwersten Alpenrouten der Zeit aufnehmen.

      Tatsächlich hatte das Dreierteam eine Höhe von etwa 7700 Metern erreicht. 880 Höhenmeter über ihnen der höchste Punkt des Kangchenjunga. Doch ein steiler, extrem lawinengefährlicher Schneehang von rund 150 Metern Höhe versperrte den Zugang zur Schulter des Nordgrats. Allwein und Wien spurten hinüber zum Fuß des Aufschwungs, auf dem 50 Zentimeter Neuschnee abrutschbereit auf einer Harschschicht aufliegen. Eine Lawine ist schon abgegangen, zwei Einrisse im Hang unterstreichen die Gefahr weiterer Schneebretter. Auch bei genauer Inspektion entdeckten die beiden keine Möglichkeit, das Hindernis zu überlisten. Es war zum Verzweifeln: Die Form passte, das Wetter war stabil, aber der zum Greifen nah erscheinende Gipfel blieb unerreichbar. Die zwei erfahrenen Alpinisten brauchten keinen Rückzugsbefehl ihres „Hauptmanns“, um sich für den Abstieg zu entscheiden.

      Auch zu Hause in München war der Empfang triumphal. Tausende drängten in das Auditorium Maximum der Universität, um den Vortrag des Expeditionsleiters zu erleben. Paul Bauers umfangreiches und heute noch höchst lesenswertes Werk Im Kampf um den Himalaja, das 1931 erschien, war im Nu vergriffen. Seinem Autor wurde beim Literaturwettbewerb der Olympiade in Los Angeles 1932 die Goldmedaille für die hochwertigste Sportpublikation verliehen.


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