Unendlich funkenhell. Frau Michelle Schrenk

Unendlich funkenhell - Frau Michelle Schrenk


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stoße ihn weg. »Ich habe dich aus Versehen angerempelt. Das ist alles andere als ein Signal!«

      Als er nachrückt, versuche ich erneut, ihn wegzudrücken, doch er lässt nicht locker, und ein Bild schiebt sich in meine Gedanken. Darin sehe ich erneut das Mädchen aus den Bildern, ein Junge drückt sie gegen die Wand, heftig und energisch. Ein himmelblaues Kleid. Augenblicklich geht mein Puls schneller, ich bekomme keine Luft mehr. Alles ist so verwirrend.

      »Lass sie los, du Idiot!« Wie aus dem Nichts ertönt eine scharfe Stimme, und ich erkenne nur noch, wie der Typ von mir weggerissen wird.

      Der Junge, der ihn am Arm gepackt hat und noch immer festhält, hat schwarze Haare und blaue Augen.

      »Was fällt dir ein, dich einfach einzumischen?«, brüllt der Fremde ihn an.

      Doch Louis stößt ihn unbeeindruckt zur Seite, dann wendet er sich mir zu. »Komm, gehen wir.«

      Ehe ich verstehe, was da gerade passiert, greift er schon nach meiner Hand, und von Neuem schießt Wärme in meine Fingerspitzen.

      Rasch zieht er mich mit sich um ein paar Ecken und schließlich durch eine Tür, die er hinter uns zuzieht.

      Hier draußen im Hinterhof ist es ruhig, die Musik dringt nur noch wie durch Watte zu uns durch, frische Luft wirbelt um uns herum, und ich lehne mich an die Wand. Mein Puls rast, mein Kopf schwirrt vor Aufregung.

      Er kommt zu mir her und sieht mich eindringlich an. »Alles klar?«

      Wieder ist er mir so nah.

      »Ja, alles klar.«

      »Gut«, er atmet tief durch. Was er wohl denkt?

      Unsere Blicke treffen sich, und ich nehme aufs Neue das unglaubliche Blau seiner Augen wahr. Als er schließlich die Hand nach mir ausstreckt und wir uns berühren, ist da wieder dieses kurze funkenhelle Leuchten. Louis zuckt ein wenig zurück, und ich frage mich, ob er es nicht doch auch sehen kann. Doch ehe ich darüber nachdenken kann, streicht er mit den Fingern durch mein Haar, während ich in seinem Blick versinke.

      »Nicht gut ist nur, dass ich jetzt Ärger habe, weil ich dich retten musste.«

      Hat er das eben wirklich gesagt?

      So ein Idiot! Was soll das?

      »Du hättest mich nicht retten müssen«, sage ich kühl, gehe voran und tippe ihm gegen die Brust.

      »Schon gar nicht, wenn du es mir dann vorhältst, ich …« Keine Ahnung, was ich noch sagen will, denn mit einem Mal greift er erneut nach meiner Hand und zieht mich zu sich heran.

      »Und jetzt? Was wird das? Erst ignorierst du mich, dann wirfst du mir eine Rettung vor und jetzt?«, frage ich.

      Er beugt sich vor, weiter, noch weiter.

      »Jetzt ignoriere ich dich nicht«, flüstert er, lässt meine Hand los, streicht stattdessen sanft über meinen Arm.

      »Das merke ich, aber was wird das?«

      »Vielleicht war das eben nicht richtig, ich hätte das nicht sagen sollen. Sorry.«

      Ich sehe ihn an, suche seinen Blick und unsere Augen versinken ineinender. Mein Herz schlägt schnell, aber die Worte, die mir auf den Lippen liegen, muss ich aussprechen.

      »Also, was willst du?«

      »Wer weiß, vielleicht will ich dich jetzt küssen«, antwortet er zu meiner Überraschung und dann greift er um meine Taille und zieht mich noch näher zu sich heran, sodass nun mein Oberkörper seine Brust berührt. Sanft legt er einen Finger auf meine Lippen, und diese zarte Berührung fährt mir endgültig unter die Haut.

      »Vergiss es. Warum sollte ich das wollen?«

      »Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass du anscheinend ständig meine Nähe suchst. Und ich frage mich, was du damit bezwecken willst.«

      Unsere Blicke verschmelzen miteinander, und als ich auch noch spüre, wie seine Hand von meiner Taille zu meinem Rücken wandert, kribbelt es. In meinem Bauch wird es schwer und leicht zugleich.

      »Ehrlich gesagt, hast du sie eben gesucht«, sage ich.

      Er grinst. »Vielleicht, ja.« Er beugt sich langsam vor.

      Wie nah wir uns sind. Mein Herz schlägt wie verrückt, mein Puls rast und dann, als ich glaube, gleich seine Lippen auf meinen zu spüren, wird die Tür aufgerissen, und Jill taucht zusammen mit Nathan im Türrahmen auf. »Gott sei Dank, Amy! Hier bist du.«

      Ruckartig lässt Louis mich los, weicht zurück und bringt auf diese Weise Abstand zwischen uns.

      Jill mustert uns beide mit zusammengekniffenen Augen. Später werde ich ihr einiges erklären müssen. »Wir haben dich schon überall gesucht. Charly meinte, er hätte dich mit jemandem mitgehen sehen. Ich wusste ja nicht, dass es Louis ist.«

      Nathan spannt seine Muskeln deutlich sichtbar an. »Ist wirklich alles okay? Was wollte er von dir?«

      »Ja, ehrlich, alles gut.« Ich nicke. »Louis hat mir geholfen, von so einem fiesen Typen wegzukommen.«

      Jill zieht eine Augenbraue nach oben. »Was? Von einem Typen?«

      »Er war etwas aufdringlich geworden«, erkläre ich rasch.

      »Die Frage ist, wer hier aufdringlich ist.« Nathan sieht Louis merkwürdig an, doch dieser scheint sich davon wenig beeindrucken zu lassen.

      »Ach, halt den Mund«, sagt er nur.

      Aber Nathan lässt nicht locker. »Ich würde hier nicht so einen auf wichtig machen, denn sonst …«

      »Was sonst? Schickst du dann deinen Daddy, damit er mich von der Schule schmeißen lässt, du Wichtigtuer?«

      Jill kommt zu mir und nimmt mich in den Arm. Ich schmiege mich an sie. »Komm, lass uns heimgehen. Es ist sowieso schon Zeit, nicht dass es Ärger gibt.«

      »Danke«, sage ich mit dem Versuch eines Lächelns zu Louis, doch sein Blick ist kühl geworden. Die Wärme, die eben noch hier war, ist verflogen. Er schiebt sich an uns vorbei, als würde ihn das alles nichts angehen.

      Nathan verzieht das Gesicht. »So ein Idiot!«

      »Alles okay?«, frage ich.

      Er nickt. »Ja, klar. Ich wünschte nur, ich hätte dir helfen können.«

      »Louis war ja da«, versuche ich, ihn zu beschwichtigen.

      Doch ich bewirke damit nur das Gegenteil, denn Nathan zieht eine Augenbraue nach oben und wirkt nun wieder total angespannt. »Ja, Louis natürlich. Er ist immer so hilfsbereit.«

      »Tut mir leid. Ich weiß nicht, was da zwischen euch ist, aber er hat mir geholfen. Also gibt es keinen Grund, sauer auf ihn zu sein.«

      »Geht’s dir wirklich gut?«, fragt Nathan. Sein Blick haftet intensiv auf mir.

      »Ja, wirklich. Danke, dass du dich um mich sorgst. Aber es ist gut, ehrlich.« Als ich mich umsehe, entdecke ich Louis am Rand der Tanzfläche. Er ist noch da. Allein bei seinem Anblick beschleunigt sich mein Herzschlag erneut.

      Nathan hat ihn ebenfalls bemerkt. »Ein gut gemeinter Rat: Lass dich nicht von ihm täuschen.«

      Ich runzele die Stirn. »Von wem? Von Louis?« Völlig überfahren sehe ich Nathan an. Seine Mimik in diesem Augenblick fühlt sich so vertraut an und doch irgendwie fremd. »Warum? Er hat mir doch wirklich nur geholfen.«

      Nathans Blick wird noch befremdlicher. »Geholfen. Ja, das denkt man immer. Aber glaub mir eines, du solltest dich von ihm fernhalten. Er ist nicht der, für den du ihn hältst.« Als seine Hand kurz meine berührt, stellen sich sofort die feinen Härchen in meinem Nacken auf, und ein merkwürdiges Gefühl breitet sich in mir aus.

      Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll. »Warum denn das? Was hat er dir getan? Mal im Ernst, was ist das zwischen euch?«

      Nathans Mundwinkel zucken. »Sagen wir so, er sollte


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