Unendlich funkenhell. Frau Michelle Schrenk

Unendlich funkenhell - Frau Michelle Schrenk


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auf ihn … draufgefallen.

      »Mal wieder«, ich sehe zu Louis. Das musste jetzt sein.

      »Und war ja auch nicht aus Absicht oder so. Und außerdem …« Die Worte sprudeln aus mir heraus, und meine Wangen werden heiß. Was tue ich da?

      »Hörst du?«, fällt er mir ins Wort. »Sie leugnet es nicht mal«, sagt er an Sally gewandt.

      Glücklicherweise ergreift Sally nun die Initiative. »Stopp, stopp, stopp. Keine Ahnung, was hier los ist, Leute. Aber beruhigt euch mal, das ist ja schrecklich. Louis, musst du nicht los? Du hast doch versprochen, eine Bestellung wegzubringen. Ich bezahle dich schließlich nicht dafür, dass du hier herumsitzt, schläfst und mir die Kunden vergraulst. Also raus mit dir, Mrs Rosewood wartet schon. Ich kümmere mich um …« Sie sieht mich fragend an. »Wie war noch mal dein Name?«

      »Amy«, antwortet Louis an meiner Stelle. »Und du bezahlst mich gar nicht, Tante Sally.«

      »Doch, mit Essen, Unterkunft und ganz viel Liebe.« Sie wird ein wenig rot, und Louis zieht eine Augenbraue nach oben. »Aber jetzt los, raus mit dir!«

      Mir entgeht nicht, dass Louis mir noch einen genervten Blick zuwirft, der mich aus dem Blau seiner Augen trifft. Als er an mir vorbeigeht, streift er meine Schulter. Das Gefühl seiner Berührung ist so intensiv, dass sich abermals Hitze in mir breitmacht. Als hätte er es bemerkt, zuckt auch er kurz zusammen. Doch dann geht er weiter, schnurstracks in Richtung Tür.

      »Tut mir leid, falls er unfreundlich war«, sagt Sally zu mir, nachdem er verschwunden ist. »Er ist noch nicht wirklich hier angekommen. Und dann das mit Grandpa, dass wir den Laden für ihn übernehmen. Der Stress in der Schule. Alles hat sich verändert. Also nimm es ihm nicht übel.«

      Ich nicke und fühle plötzlich mit Louis. Denn ich weiß, wie es ist, wenn so viel Neues auf einen einstürzt.

      »Hast du wenigstens was gefunden?«, reißt mich Sally aus meinen Gedanken zurück.

      Ich deute auf das Regal neben mir. »Ihr habt tolle Bücher, aber auch Zeichenstifte. Ich habe mich direkt verliebt.«

      »Ehrlich?« Sie lächelt.

      Okay, das war jetzt nicht so toll ausgedrückt, Amy. »In die Sachen, meine ich«, füge ich schnell hinzu.

      »Klar, in was denn sonst?« Sie zwinkert mir zu. »Ich muss ja gestehen, dass ich von dem Kunstbedarf nicht sonderlich viel Ahnung habe. Das alles ist auch noch recht neu für mich. Aber schön zu hören, dass dir das Sortiment gefällt. Du kennst dich damit aus?«

      »Ein wenig. Ich zeichne gern und habe mich schon immer mit Kunst beschäftigt, was an meinem Dad lag. Er war auch sehr an Kunst interessiert, ich habe das sozusagen im Blut.«

      »War?«

      Ich atme tief durch. »Er ist gestorben.«

      »Das tut mir leid.« Sie streckt mir ihre Hand entgegen, und ich ergreife sie.

      »Danke.«

      »Aber das mit dem Zeichnen ist toll. Ich beneide ja jeden, der ein solches Talent hat. Willst du denn ein paar Stifte mitnehmen?«

      »Um ehrlich zu sein, würde ich das gern, aber im Moment habe ich nicht so viel Taschengeld.«

      »Klar, kein Problem.« Sie nickt. »Du und Louis, ihr kennt euch?«

      Was soll ich denn darauf antworten? »Na ja, als kennen würde ich das nicht gerade bezeichnen, wir sind uns schon mal begegnet. Und er geht neuerdings auf meine Schule.«

      Sie seufzt und streicht sich eine Locke aus der Stirn. »Ja, und ich hoffe, das bleibt auch so.«

      Ich frage mich, ob sie von der Sache mit Mr Kane weiß. Aber ich beschließe, es jetzt auch nicht anzusprechen, das würde mir irgendwie komisch vorkommen.

      »Weißt du, Louis ist etwas temperamentvoll«, fährt sie fort. »Doch glaub mir, egal was man über ihn sagt oder erzählt, er hat ein gutes Herz. Auch wenn er das nicht hören darf. Aber na ja, ich rede zu viel. Um auf die Stifte zurückzukommen: Wenn du willst, suche ich dir ein paar heraus, die du haben kannst. Wir haben bestimmt noch irgendwo Muster hier. So als kleine Entschädigung für meine verrückten Männer. Wenn du mir deine Nummer gibst, kann ich dich anrufen, sobald ich sie zusammengesucht habe. Was meinst du?«

      »Ehrlich?«

      Sie lächelt. »Ja, ehrlich. Also?«

      »Danke, das ist sehr nett, aber eigentlich nicht nötig.«

      »Ich möchte es aber gern. Also, ich melde mich dann bei dir.«

      Nachdem ich ihr noch meine Nummer aufgeschrieben und den Laden verlassen habe, denke ich auf dem Nachhauseweg darüber nach, wie nett Sally doch ist – ganz im Gegensatz zu ihrem Neffen. Und doch schlägt mein Herz bei dem Gedanken an ihn ein bisschen schneller.

      Kapitel 6

      »Ich kann es noch gar nicht glauben, dass wir endlich hier sind!«, ruft Jill, als wir das Closer betreten. Eben haben wir noch unsere Jacken abgegeben, da sind wir schon mitten im Geschehen. Die warme Luft vermischt mit Ed Sheerans Song Shape of you, der Bass vibriert. Die Leute stehen schon dicht an dicht, und wir schieben uns an ihnen vorbei.

      Das Blumenkleid, das ich trage, steht mir gut. Jill hat es mir mitgebracht, und ich fühle mich darin ziemlich wohl.

      »Schon ganz schön voll hier«, stellt Jill fest. »Wird gar nicht so leicht, Nathan zu finden.«

      Sie zwinkert mir zu. »Ich würde vorschlagen, wir trinken erst was.« Ohne eine Antwort abzuwarten, greift sie nach meiner Hand, und wir bahnen uns einen Weg zur Bar. »Und, was willst du?« Sie greift nach der Getränkekarte. »Cola? Oder schau mal, was da steht: London Love. Klingt auch gut. Und passt zu diesem Abend.« Sie tippt auf das bunte Papier und grinst mich an. Ich rolle mit den Augen.

      »Von ›Love‹ merke ich nichts«, sie lacht. »Komm schon. Ich meine, gegen einen Cocktail ist nichts einzuwenden, oder?«

      Jill hat recht, und so lasse ich mich dazu überreden. Es dauert nicht lange, bis der Typ hinter der Bar zwei leuchtend pinkfarbene Cocktails vor uns abstellt. Ganz nach Jills Geschmack.

      Jill greift nach ihrem Glas, hebt es hoch und sieht mir in die Augen. »Auf uns und einen schönen, aufregenden Abend.«

      Schon im nächsten Moment klirren unsere Gläser aneinander.

      »Es war doch gut, herzukommen, oder? Ich meine, die Stimmung ist super«, sagt Jill und nimmt einen ersten Schluck. Ihre Augen weiten sich. »Ich meine, okay, der schmeckt mal süß, aber lecker. Aber etwas fehlt noch zu unserem Glück. Die Jungs.« Kichernd sieht sie sich um. Sicher sucht sie Thomas, und wenn ich ehrlich sein soll, habe ich auch schon nach Nathan und vor allem nach Louis Ausschau gehalten. Ob er vielleicht auch hier ist? Dabei sollte es mir doch egal sein.

      Aber bisher habe ich noch keinen der beiden entdeckt, dafür aber ein paar andere Jungs, die am Rand der Tanzfläche stehen und herumgrölen, darunter auch Thomas und Charly.

      Ich zupfe an Jills Oberteil. »Du, dahinten steht Thomas mit den anderen Jungs.«

      Als sie ihn entdeckt, beginnen ihre Augen zu funkeln. »Gehen wir hin?«

      »Meinetwegen.«

      Jemand geht an uns vorbei, und kurz habe ich das Gefühl, dass es Louis ist, aber ich habe mich getäuscht. Der Typ sieht ihm nur ähnlich, mehr nicht. Verdammt, Louis verhält sich abweisend und merkwürdig und ich denke dauernd an ihn! Was ist mit mir kaputt?

      Jill mustert mich stirnrunzelnd. »Er geht dir nicht aus dem Kopf. Kann das sein?«

      »Unsinn. Ich denke nicht an ihn.« Verlegen nehme ich einen Schluck von meinem Cocktail.

      »Tust du doch.« Jill beginnt zu grinsen. »Ich habe übrigens etwas über ihn aufgeschnappt. Ganz aktuell.« Sie zieht mich ganz nah zu sich heran. »Du hast mir doch von dem Laden erzählt


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