24 x Weihnachten neu erleben. Oskar König
bekam in der Kirchengeschichte den Beinamen »der Täufer«, weil er die Menschen, die in ihrem Leben (und Herzen) eine neue Richtung einschlagen wollten, taufte. Er bereitete die Menschen auf die lang ersehnte Ankunft des Messias vor. Sicherlich hätte er, als eine Art Influencer der Antike, den Einfluss auf seine Nachfolger zu seinem eigenen Vorteil nutzen können. Doch Johannes war fest davon überzeugt, dass die Menschen das Beste verpassen würden, wenn sie ihren Fokus auf ihn gerichtet hielten. Deshalb betonte er immer und immer wieder eines: »Ich bin nicht der Christus« (Johannes 1,20b).
Nicht Christus
Johannes war der Wegbereiter – aber er war nicht Christus!
Die Kirche, wie wir sie von damals und heute kennen – ist nicht Christus!
Die ganzen Vorurteile, die Sie womöglich über den Glauben aufgrund verschiedenster Erfahrungen haben – sind nicht Christus!
Die Menschen, die die gute Nachricht, dass Jesus für uns auf diese Welt kam, verbreiten möchten – sind nicht Christus!
Dieses Buch – ist nicht Christus!
Kein Einziger auf dieser Erde kann sich anmaßen, zu behaupten, er sei wie Christus. Allein der Sohn Gottes, dessen Menschwerdung an Weihnachten gefeiert wird und der, obwohl er uns so nahekam, doch auch in seinem Leben auf der Erde so anders war als wir alle, ist Christus.
Unser Wunsch ist es, wie Johannes Wegbereiter zu sein und immer wieder auf Jesus und seine großen Taten hinzuweisen. Es wäre sinnlos, den Anspruch an uns zu stellen, Gott in seiner Perfektion widerzuspiegeln. Darum geht es auch nicht, denn schließlich sind wir nur Menschen. Fehlerhaft und unperfekt.
Wie Johannes der Täufer können wir unser Bestes geben, manchmal ein wenig schräg und unvollkommen, aber mit dem Wissen und der Haltung: Wir sind nicht Christus.
Ein Beispiel für den Humor von Jesus finden wir in seinem Vergleich eines die Armen unterdrückenden Reichen mit einem Kamel: »Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein Reicher in das Reich Gottes kommt!« (Matthäus 19,24). Seine Liebe hat er oft betont, wie z. B. in Johannes 15,9: »Ich habe euch genauso geliebt, wie der Vater mich geliebt hat. Bleibt in meiner Liebe.« Wie Jesus mit Mitgefühl dem Leid der Menschen begegnete, Jesu Großzügigkeit, sein Humor und seine Liebe für die Menschen zeigen uns, wie »Christsein« und der Glaube an Gott wirklich ist.
Das Kind in der Krippe ist der Christus.
Lassen Sie uns über Menschen und Kirchen hinwegsehen und unseren Glauben von dem bestimmen lassen, der Gott in Menschengestalt offenbart hat: Jesus Christus. Lassen Sie uns zurückgehen in unsere Glaubens-Stille-Post-Kette, zurück zum Ursprung, zurück zum Anfänger und Vollender unseres Glaubens, »indem wir unsere Augen auf Jesus gerichtet halten, von dem unser Glaube vom Anfang bis zum Ende abhängt« (Hebräer 12,2).
TAG 4
Der Weihnachtsbaum – Warum wir den Tannenbaum aus dem Fenster werfen
Knut – die meisten von uns kennen ihn aus der Werbung, den legendären Tag, an dem der schwedischen Tradition nach Fußgänger besser in Deckung gehen sollten, da die ausgedienten Tannenbäume aus den Fenstern geworfen werden. Fun Fact: Der St.-Knut-Tag, auf den sich die Möbelwerbung bezieht, geht für die Schweden in der Regel ohne fliegende Bäume vorüber. Benannt wurde der Tag, an dem traditionell die Kerzen und der Schmuck vom Weihnachtsbaum entfernt werden, nach Knut IV., dem Heiligen, König von Dänemark. So jedenfalls verkauft es uns ein großes schwedisches Möbelhaus. Obwohl die wenigsten ihren Weihnachtsbaum bereits am 4. Dezember kaufen, wissen wir schon vorher, dass er einige Zeit nach Weihnachten wieder ausgedient haben wird und wir ihn knutmäßig entsorgen müssen. Die Strategie dahinter ist simpel: Wo der Tannenbaum nicht mehr steht, ist nun Platz für ein neues, bestes Stück aus dem Winterschlussverkauf.
Doch nicht seit Knut, sondern eigentlich erst seit Marie Kondo, die Anleitungen für richtiges »Platzschaffen« gibt, ist Aufräumen zum Mega-Trend geworden. Marie Kondo ist die Ikone der Ordnung. Die erfolgreiche Japanerin entwickelte die Aufräummethode Konmari, die in Deutschland auch unter dem Begriff »Magic Cleaning« bekannt ist, angelehnt an ihr Buch »Magic Cleaning – Wie richtiges Aufräumen Ihr Leben verändert«. Bisher veröffentlichte sie drei Bücher, die in 27 Sprachen übersetzt wurden und weltweit über 7 Millionen Käufer fanden. Bei ihren Streifzügen durch die vielen hilfesuchenden Haushalte wird ein ungeahntes Ausmaß an der wenig ausgeprägten Fähigkeit offenbar, sich von Altem oder Überflüssigem zu trennen. Marie räumt den Planeten auf und unser Leben gleich mit.
Nicht zuletzt ihr durchschlagender Erfolg zeigt, wie groß unsere Sehnsucht danach ist, Ordnung zu schaffen. In ihrer Kunst des Wegwerfens geht sie nach dem Prinzip vor, nur das zu behalten, was Freude bereitet, und sich von dem wertschätzend zu verabschieden, was weder glücklich macht noch unbedingt notwendig ist. Vielleicht ist es auch ihre liebevolle Art, sich von mittlerweile nicht mehr froh machenden Dingen zu trennen, die ihre Fans an ihr schätzen. Schließlich hatte alles einmal seine Bewandtnis, gekauft oder als geschenkt angenommen zu werden.
Es gibt wohl kaum etwas in unserem Haushalt, mit dem wir wirklich nichts verbinden. Aber Zeiten ändern sich und manches verliert vielleicht im Laufe der Jahre seinen Zauber. Nicht zu allem können wir noch entschieden mit Ja antworten auf die Frage: »Does it spark joy?« (engl. für: »Bereitet es Freude?«) Marie Kondo stellt diese Frage jedem einzelnen Gegenstand, um zu entscheiden, welche Teile behalten und welche aussortiert werden.
Damit hat Marie Kondo nicht das Rad neu erfunden. Ihr Ansatz erinnert uns an eine Aussage des Apostels Paulus, Autor vieler Briefe im Neuen Testament. Er riet den Lesern seiner Briefe bereits vor über 2 000 Jahren: »Prüft alles (…) und behaltet das Gute« (1. Thessalonicher 5,21).
Dieses Prinzip klingt eigentlich sehr einfach, doch paradoxerweise gehen wir Menschen oft genau umgekehrt vor: Wir schmeißen quasi den Weihnachtsschmuck aus dem Fenster und behalten den nadelnden Tannenbaum!
Vielleicht helfen ein paar Beispiele, um besser zu verstehen, was gemeint ist: Wir lieben bunte Farben! Am liebsten im Kleiderschrank. Aber seit wir in der siebten Klasse von einem Mitschüler gehänselt und als »Clown« beschimpft wurden, tragen wir nur noch grau und schwarz. Bloß nicht auffallen. Wir haben das Schöne, die Liebe zu bunten Kleidungsstücken, aus dem Fenster geworfen und bewahren in uns den nadelnden Baum, den Schmerz der Blamage von damals.
Anderes Beispiel: Unsere Leidenschaft ist das Tanzen. Gut, wir wissen, dass wir uns weder wie Patrick Swayze noch wie Christina Aguilera bewegen, aber es macht uns großen Spaß und fühlt sich auch irgendwie befreiend an. Doch in einem Moment, in dem wir uns bei den wilden und unkoordinierten Bewegungen zu Abbas »Dancing Queen« unbeobachtet fühlen, hallt plötzlich inmitten unserer improvisierten Choreografie ein lautes, spottendes Lachen auf. Es gilt unserem Tanz, klar erkennbar an dem auf uns gerichteten Zeigefinger. Seitdem haben wir nie wieder getanzt. Was ist geschehen? Wir haben uns unserer Leidenschaft entsagt und die Verletzung, ausgelacht zu werden, behalten.
Wenn der Baum Wurzeln schlägt
Diese Szenen wecken vielleicht Erinnerungen an eigene Erfahrungen, die noch heute das alte Schamgefühl wecken – mit mehr oder weniger großen »Folgeschäden«. Schwerwiegender wird es, wenn Momente der Bloßstellung oder Verletzung langfristig nicht nur unangenehm sind, sondern ganze Beziehungen daran zerbrechen. Beziehungen zur eigenen Familie. Zu Freunden. Zu Partnern. Zu Gott. Manchmal scheint es uns leichter, mit einer geliebten Person zu brechen und damit auch alle schönen gemeinsamen Erlebnisse aus dem Fenster zu werfen. Den hübschen Baumschmuck. Die guten Erinnerungen an unsere Eltern. Ihre Werte der Nächstenliebe, die sie uns vermittelt haben. Lieblingslieder, die gesungen wurden. Erfüllte Wünsche. Ausflüge. Momente des Friedens. Was bleibt, ist oft der Schmerz. Der Baum mit seinen piksenden Nadeln, der in unserem Wohnzimmer munter weiternadelt und irgendwann sogar Wurzeln schlägt. Tiefe Wurzeln. Wurzeln der Bitterkeit, die uns hart und unversöhnlich machen.
In der Bibel wird die Folge als Unfrieden bezeichnet, die aus einer bitteren Wurzel erwächst.