Star Trek - The Next Generation: Kollateralschaden. David Mack

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TREK »Sektion 31: Kontrolle«).

       Nächstenliebe beginnt in den eigenen vier Wänden – aber wenn sie dort auch endet, was ist sie dann wert?

      PROLOG

      FEBRUAR 2381

      Vor sieben Tagen ist meine Welt gestorben. Ermordet worden. Niedergestreckt wie ein tollwütiger Hund. Man hat sie brennen lassen, ohne dass eine lebende Seele verblieben wäre, die um sie hätte trauern können. Sie ist völlig grundlos zerstört worden.

      Vom Gipfel des höchsten Berges auf Nausikaa blicke ich hinab auf verkohlte Schlacke. Eine geschwärzte Kugel, still und leer. Ein Nebel, der die Farbe von verrottendem Fleisch hat, hängt über den Ebenen zu meinen Füßen. Er passt zu der Leichenblässe unseres einst strahlenden Himmels, der jetzt durch ständige Schleier aus braunem Staub und grauem Rauch verhangen ist, die durch das gnadenlose Bombardement der Borg in die Atmosphäre geschleudert wurden.

      Wo ich meine Geburtsstadt sehen sollte, das Land meiner Vorväter, das Heim meiner Familie … da ist nichts weiter als ein schwelender Krater, dessen tiefster Punkt noch immer in dem grünen Feuer glüht, das ihn erschaffen hat. Eine qualmende Wunde in der Landschaft. Ein leerer Raum, sowohl im übertragenen als auch im sehr direkten Sinne.

      Ich will schreien. Meinen Kummer und meine Wut hinausheulen. Aber die Trauer raubt mir die Stimme, erstickt mich wie ein Strick um meine Kehle. Meine seitlichen Mandibeln beben. Meine Augen brennen vor Tränen des Zorns. Ich muss stark bleiben. Ich bin alles, was meinem Volk geblieben ist. Wenn ich schwach bin, werden die Letzten von uns vergehen.

      Ich darf nicht wanken, darf keine Furcht zeigen. Ich muss es irgendwie schaffen weiterzumachen.

      Hinter mir geben sich andere ihrer Trauer hin. Die Frauen und die Jünglinge lasse ich weinen. Die Männer brüllen, bis sie heiser sind, so als hofften sie, dass ihre Schreie das Grabtuch zerreißen könnten, das unsere Welt einhüllt. Sie brauchen das jetzt. Sie müssen sicher sein, dass sie ihre Tegoli den Vier Winden ausgeschüttet haben und nicht von ihnen erhört wurden.

      Unsere Götter werden uns nie wieder klagen hören. Sie haben uns entweder verlassen, oder sie sind tot. Wie dem auch sei, sie spielen keine Rolle mehr. Die einzige Wahrheit, die es jetzt noch gibt, ist die, dass wir allein sind.

      Und dass ich hätte hier sein sollen.

      Ich hätte neben meinen Gefährtinnen und unseren Jünglingen sterben sollen. Yawa, kannst du mir jemals vergeben? Baru? Hörst du das Bedauern in meiner Stimme? Ich wünschte, ich hätte den Tag nicht erleben müssen, an dem ich plötzlich ohne euch beide dastehe. Ohne unseren eigensinnigen, leidenschaftlichen Jüngling. Wart ihr dankbar, dass ich nicht auf Nausikaa war? Habt ihr gehofft, ich würde euch rächen? Oder habt ihr mich verflucht, als ihr diese Welt verlassen habt? Mich einen Feigling genannt?

      Ich schwöre auf eure Tegoli, dass ich kein Feigling bin. Wäre ich hier gewesen, hätte ich den Borg gezeigt, was Guramba wirklich bedeutet. Ich hätte sie für diese Schrecken mit Blut bezahlen lassen.

      Das ist mehr, als die Föderation getan hat – denn sie hat nichts getan.

      Kein einziges Schiff kam, um Nausikaa zu verteidigen.

      Immer diese großen Worte, und wo war die Föderation dann, als wir sie brauchten? Die Borg waren deren Feinde. Ein Albtraum, den sie hervorgebracht hat. Eine Katastrophe, die sie auf die Galaxis losgelassen hat.

      Wo war die Föderation, als unsere Welt in Schutt und Asche gelegt wurde?

      Wo war die Föderation, als unsere Wahrzeichen vaporisiert und jede Spur unserer Geschichte, unserer Kultur, unserer Literatur, unserer Musik, unseres Erbes ausgelöscht wurde? Sie befand sich auf dem Rückzug, floh, um ihre wertvolle Erde zu beschützen.

      Die große und viel gepriesene Sternenflotte rannte ängstlich davon, während die Borg die Ozeane meiner Welt durch die glühende Asche von sechs Milliarden Nausikaanern in Schlamm verwandelten.

      Jetzt ist nichts mehr übrig. Kein einziger Überlebender existiert noch auf der Planetenoberfläche.

      Die einzigen Nausikaaner, die in der Galaxis übrig sind, sind jene, die nicht in der Heimat weilten, als die Borg kamen. Eine Handvoll Schurken, Plünderer und unabhängiger Händler. Das, was bei unserem Volk einem Militär am nächsten kam, ist zusammen mit diesem Planeten gestorben. Genauso wie unsere streitsüchtige Regierung und jedes letzte bisschen an Reichtum, den wir als Zivilisation besaßen.

      Wir waren schon immer eine stolze Spezies. Stark. Unabhängig. Furchtlos.

      Aber jetzt sind nur noch so wenige von uns übrig. Eine falsche Entscheidung könnte unser Aussterben bedeuten.

      Als ich aufwuchs, lernte ich, dass Nausikaaner niemals um etwas bitten. Nicht um Hilfe, nicht um Gefallen, nicht um Gnade. Was wir wollen, nehmen wir uns. Was wir haben, behalten wir. Das ist unsere Art. Aber wie holen wir uns unsere eigene Vergangenheit zurück? Unsere Identität? Tausende von Zyklen an Geschichte, Mythologie, Musik, Kunst, Literatur, Dichtung und Glauben … alles fort und verloren.

      Alles, was wir waren. Zerstört in einem Blitz aus Licht und Hitze.

      Wir letzten Überlebenden treiben hilflos durch das Nichts. Zu stolz, um zu bitten. Zu schwach, um zu erobern. Das nausikaanische Volk ist zu Abfall geworden, der von der grausamen, endlosen Strömung der Zeit davongespült wird.

      Ausgelöscht ohne Grund. Nicht, weil wir etwas hatten, das die Borg wollten, oder etwas darstellten, das sie fürchteten. Sondern bloß, weil unser Sternensystem zwischen dem Ankunftspunkt der Borg im Alpha-Quadranten, dem Azur-Nebel, und ihrem Endziel, dem Sol-System, lag.

      Der Erde.

      Unsere Welt wurde ermordet, weil sie sich auf der kürzesten Route der Borg zur Erde befand.

      Mein Volk hat die Borg nie herausgefordert. Sie haben sich nie für uns oder unsere Technologie interessiert. Sie haben uns in Frieden gelassen und wir sie. Bis sie die Föderation getroffen haben. Da hat sich alles verändert. Nachdem die Föderation und ihre Sternenflotte mit den Borg Kontakt aufgenommen hatte, war es nur eine Frage der Zeit gewesen, bis etwas wie das hier passieren würde.

      Es ist immer die gleiche Geschichte mit der Sternenflotte. Sie fühlt sich so überlegen. Sie ist so überzeugt von sich selbst.

      Und jetzt sind Milliarden meiner Leute tot. Ausgerottet wie Ungeziefer. Und auf anderen Welten ist das Gleiche geschehen, wieder und wieder. Mehr als sechzig Milliarden lebendig verbrannt, jeder von ihnen ein Opfer auf dem blutgetränkten Altar der Föderationsarroganz.

      Manche wollen die Borg für diese Schrecken verantwortlich machen. Aber die Borg sind fort. In der Caeliar-Gestalt aufgegangen. All ihrer Verantwortung enthoben, von all ihren Sünden reingewaschen.

      So sei es. Ich weiß, wer wirklich verantwortlich ist.

      Ich wende mich von dem endlosen Feld der Zerstörung ab und blickte auf die wenigen Dutzend Überlebenden. Sie in diesem brutalen, gleichgültigen Universum zu verteidigen, ist ab heute meine heilige Pflicht. »Genug!« Meine Stimme ist rau. Ich deute auf mein Schiff, die Seovong, die nicht weit entfernt auf einem kleinen Felsplateau parkt und deren hintere Zugangsrampe offen steht. »Wir verschwinden.«

      Mein Erster Offizier Kradech tritt auf mich zu. »Kinogar«, sagt er in leisem Tonfall, »die Frauen und Jünglinge brauchen mehr Zeit.«

      Er war schon immer weniger hartherzig als ich. Ich schüttle den Kopf.

      »Eine Stunde oder einen Tag zu klagen, macht keinen Unterschied. Selbst wenn wir weinen, bis unsere Augen keine Tränen mehr haben, wird unsere Welt immer noch tot sein.« Ich nicke in Richtung des Schiffs. »Schafft sie an Bord.«

      Meine


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