Star Trek - The Next Generation: Kollateralschaden. David Mack

Star Trek - The Next Generation: Kollateralschaden - David  Mack


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Gewicht nahm mit jedem vergehenden Tag zu. Schon bald würden sie zu viel für ihn sein, nicht mehr zu ertragen. Er musste sich von dieser Bürde befreien.

      Boyelip öffnete die Tür zu Akaars Büro, aber er blieb draußen, als Picard und Crusher eintraten. Hinter ihnen schloss er die Tür wieder.

      Akaar stand vor dem bodentiefen Fenster, den breiten Rücken Picard und Crusher zugewandt. Der große, weißhaarige Capellaner – der noch immer gut durchtrainiert war, ungeachtet seines Alters von über hundertzwanzig Jahren – blickte hinaus auf die Schönheit der Bucht von San Francisco. Als er das Wort ergriff, sprach er mit der Ruhe eines bajoranischen Vedek, der ein Gebet für die Toten liest. »Und so beginnt es.« Er drehte sich zu Picard um. »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr ich gehofft habe, dass dieser Tag niemals kommen würde.«

      Picard war zu weit gereist, um sich irgendwelchen rührseligen Anwandlungen hinzugeben. Das Einzige, was ihm im Augenblick Halt gab, waren die Rituale des Protokolls. Er trat vor und sprach die Worte aus, die er während der letzten acht Wochen so oft geprobt hatte, damit er für diesen Moment vorbereitet war.

      »Admiral, gemäß Ihrem Befehl und auf Anordnung der Generalanwaltschaft der Sternenflotte stelle ich mich als wesentlichen Zeugen der andauernden strafrechtlichen Untersuchung der Handlungen von Sektion 31 während der Tezwa-Krise zur Verfügung. Ich bin bereit, über meine Rolle im Rahmen dieser Ereignisse auszusagen und die volle Verantwortung für meine Taten zu übernehmen.«

      Akaar nahm diese Nachricht mit Gelassenheit zur Kenntnis. Dann wandte er sich Crusher zu. »Und welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen Ihrer Anwesenheit, Doktor?«

      »Ich bin hier, um das zu tun, was er nicht tun wird.«

      »Und das wäre?«

      »Verhindern, dass er sich ins Unglück stürzt.«

      »Damit wären wir schon zwei.« Der Admiral deutete auf die Gästesessel vor seinem geschwungenen Schreibtisch. »Bitte, setzen Sie sich.« Er ließ sich auf seinem eigenen Sessel nieder und wartete, bis sie Platz genommen hatten, bevor er fortfuhr. »Captain, ich weiß Ihr Beharren auf das Protokoll zu schätzen. Ich werde dafür Sorge tragen, dass Ihre Gesten ordentlich vermerkt und in den Akten des Militäranwalts eingetragen werden.«

      »Danke, Admiral.«

      »Mehr als gern geschehen. Nun lassen Sie mich Ihnen erklären, warum ich darauf bestanden habe, dass Sie bei mir vorstellig werden, statt sich unmittelbar an die Juristische Abteilung der Sternenflotte zu wenden. Ich habe mein Bestes gegeben, um Sie und die Enterprise während der frühen Phasen dieser Untersuchung außer Reichweite zu halten. Ich hatte gehofft, dass man genug finden würde, um zufrieden zu sein, ohne Ihren Namen in den Schmutz zu ziehen. Das war leider nicht der Fall. Die Völker der Föderation sind verständlicherweise schockiert über die Entdeckung, dass sie und ihre Vorfahren mehr als zwei Jahrhunderte lang in einem Überwachungsstaat lebten, der von einer soziopathischen, künstlichen Superintelligenz geführt wurde. Und das, da bin ich mir sicher, wäre auch ihre größte Sorge gewesen, wären nicht all diese Dokumente aufgetaucht, die behaupten, dass die Sternenflotte einen Coup gegen den Präsidenten durchgeführt hat, der den Dominion-Krieg gewonnen hat, und dann wegschaute, als er ermordet wurde. Ich habe getan, was ich konnte, um Sie vor dem medialen Sturm der letzten paar Wochen abzuschirmen, aber meine Fähigkeiten, Sie zu decken, sind an ihr Ende gelangt.«

      Picard nickte. »Das habe ich erwartet, Admiral. Ich bin bereit, die Suppe auszulöffeln.«

      »Ich hoffe, dass sie sich daran später noch erinnern. Denn Ihre Lage ist schlimmer, als Sie denken.« Akaar nahm ein Padd zur Hand, rief eine Datei auf und reichte es Picard über den Tisch hinweg, damit dieser den Inhalt überfliegen konnte. »Um null-neunhundert heute Morgen hat die Generalanwältin der Föderation, Phillipa Louvois, dem Föderationsrat und Präsidentin zh’Tarash eine Petition überreicht mit dem Ziel, alle Sternenflottenangehörigen, die Bestandteil der Sektion-31-Untersuchung sind, an die zivile Gerichtsbarkeit zu übergeben, statt zuzulassen, dass die Sternenflotte ihre eigenen Verfahren in Militärgerichten durchführt, wie es das Militärjustizgesetz der Sternenflotte vorsieht.«

      Alarmiert setzte sich Picard auf. Das stank nach einer Hexenjagd. »Und?«

      »Ich habe dagegen protestiert. Mit Nachdruck. Die Rechtsautonomie der Sternenflotte ist ein Privileg, das ich nicht aufzugeben bereit bin, und es gibt keinen juristischen Präzedenzfall für solch eine Übertragung der Autorität. Die gute Nachricht ist, dass der Oberste Gerichtshof der Föderation Louvois’ Bitte abgelehnt hat. Das bedeutet allerdings, dass unsere eigene offizielle Untersuchung ohne jeden Tadel sein muss. Verstehen Sie, was ich damit sagen will, Captain?«

      »Ja, Admiral.«

      »Lassen Sie es mich zur Sicherheit trotzdem noch einmal in Worte fassen. Ich habe Sie zu mir gerufen, um Ihnen mitzuteilen, dass ich die Untersuchung Ihrer Rolle bei der mutmaßlich erzwungenen Absetzung von Präsident Min Zife und der Schuld, die Sie an seiner mutmaßlichen nachfolgenden Ermordung tragen, an die Juristische Abteilung der Sternenflotte übergeben habe. Außerdem habe ich den offiziellen Antrag gestellt, dass eine strafrechtliche Untersuchung gemäß MJGS, Artikel zweiunddreißig, aufgenommen wird.«

      »Verstanden, Admiral.«

      Akaar verzog die Miene, als hätte er soeben etwas höchst Unappetitliches schlucken müssen. »Obwohl Sie derzeit keiner konkreten Straftat angeklagt sind, rate ich Ihnen als Ihr vorgesetzter Offizier, sich dringend so bald wie möglich Rechtsbeistand einzuholen. Außerdem sollten Sie diese Untersuchung mit all der Umsicht und Ernsthaftigkeit behandeln, die Sie bei jedem strafrechtlichen Verfahren an den Tag legen würden. Verstanden?«

      »Absolut, Sir.«

      »Gut, das war’s dann. Danke, dass Sie gekommen sind. Sie können gehen.«

      Akaar stand auf und gab damit Picard und Crusher das Zeichen, sich ebenfalls von ihren Sesseln zu erheben. Der Admiral schüttelte Picards Hand, dann geleitete er ihn zur Tür, die sich öffnete. Jenseits davon bedeutete Boyelip Picard und Crusher, ihm zu folgen. Er eskortierte sie zu einer nahen Landeplattform, wo ein kleines Shuttle auf sie wartete. Als sie in dem Durchgang zum Landefeld stehen blieben, fragte Boyelip Picard: »Wünschen Sie, dass ich eine Unterkunft für Sie besorge, Sir?«

      »Das wird nicht nötig sein.« Picard nahm den Arm seiner Frau und spazierte mit ihr zum Shuttle. Boyelip sah ihnen vom Durchgang aus zu, während sie an Bord gingen. Erst als sich die Luke geschlossen hatte, zog sich Boyelip wieder ins Innere des Gebäudes zurück.

      Die Pilotin des Shuttles, eine jugendlich frisch wirkende andorianische shen, sah ihm entgegen. »Wohin, Sir?«

      »Das Château-Picard-Weingut in La Barre, Frankreich«, erwiderte Picard, während er und Crusher sich setzten und ihre Sicherheitsharnische anlegten. »Bringen Sie mich nach Hause.«

      •

      Es war ein Zuhause und zugleich nicht. Das ursprüngliche Landhaus, an das sich Picard aus seiner Jugend erinnerte, war schon vor Jahren abgebrannt. Dabei waren sein älterer Bruder Robert und Roberts Teenager-Sohn René, zu dessen Andenken Picard und Crusher ihren eigenen Sohn benannt hatten, ums Leben gekommen. Roberts Witwe Marie hatte den Brand überlebt, und in den Jahren seit der Tragödie hatte sie das Haus wiederaufgebaut und die Leitung des Weinguts übernommen. Der Weinberg war dankbarerweise unverändert geblieben.

      Das Haus hingegen war zwar auf den ursprünglichen Grundfesten errichtet worden, aber Marie hatte sich die Freiheit genommen, die Zimmerverteilung zu verändern. Sie hatte die Küche vergrößert, um eine geräumige Kochinsel inklusive Spülbecken darin unterzubringen. Und sie hatte das Erdgeschoss umgestaltet und den Raum so geöffnet, dass man von der Küche aus ungehinderte Sicht auf den Großteil des übrigen Stockwerks hatte. Daher fühlte sich das wiederaufgebaute Haus weitläufiger an und war von mehr natürlichem Licht erfüllt.

      Es war wunderschön und funktional – aber es war nicht das Heim, an das Picard sich erinnerte.

      Er konnte Marie nicht vorwerfen, dass sie ihr eigenes Haus umgebaut hatte, vor allem wenn man berücksichtigte, was sie alles verloren hatte.


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