Der Malteser Falke. Dashiell Hammett

Der Malteser Falke - Dashiell  Hammett


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Er sagte: »Danke, Schätzchen«, legte einen Arm um ihre schmale Taille, lehnte die Wange müde an ihre Hüfte und schloss die Augen.

      »Wirst du Iva jetzt heiraten?«, fragte sie und sah hinab auf sein dunkelblondes Haar.

      »Sei nicht albern«, brummte er. Die nicht angezündete Zigarette wippte mit jeder Bewegung seiner Lippen auf und ab.

      »Sie findet das gar nicht albern. Wie sollte sie auch – so wie du es mit ihr getrieben hast.«

      Er seufzte. »Ich wünschte bei Gott, ich wäre ihr nie begegnet.«

      »Jetzt vielleicht.« Ein Hauch von Boshaftigkeit schwang in der Stimme der jungen Frau mit. »Aber es gab auch andere Zeiten.«

      »Ich weiß einfach nicht, wie ich mit Frauen reden oder umgehen soll, außer auf diese Art«, brummte er. »Außerdem konnte ich Miles nicht leiden.«

      »Das stimmt nicht, Sam«, antwortete sie. »Du weißt, dass ich sie für eine blöde Kuh halte, aber ich wäre liebend gern eine Kuh, wenn ich dafür eine Figur wie sie haben könnte.«

      Spade rieb ungeduldig das Gesicht an ihrer Hüfte, sagte aber nichts.

      Effie Perine biss sich auf die Lippen, runzelte die Stirn und beugte sich hinunter, um sein Gesicht besser sehen zu können. »Hältst du es für denkbar, dass sie ihn umgelegt hat?«

      Spade setzte sich kerzengerade auf und nahm den Arm von ihrer Taille. Er lächelte sie an. In seinem Ausdruck zeigte sich nichts weiter als Belustigung. Er ließ sein Feuerzeug aufschnappen und hielt die Flamme an das Ende seiner Zigarette. »Du bist ein Engel«, sagte er zärtlich durch den Rauch, »ein reizender Engel mit einem Spatzenhirn.«

      Sie lächelte schief. »Ach ja? Nehmen wir mal an, deine Iva wäre noch nicht sehr lange zu Hause gewesen, als ich um drei Uhr bei ihr aufgekreuzt bin, um die Trauerbotschaft zu überbringen.«

      »Sehr interessant!« Seine Augen waren wachsam geworden, doch er lächelte noch immer.

      »Sie hat mich draußen warten lassen, bis sie sich ausgezogen oder zu Ende ausgezogen hatte. Ich hab gesehen, dass sie ihre Kleider auf einen Stuhl geworfen hatte. Hut und Mantel lagen zuunterst. Ihre Unterwäsche ganz oben war noch warm. Sie hat behauptet, sie hätte geschlafen, aber das stimmte nicht. Das Bett war zerwühlt, aber es war nicht vom Liegen zerdrückt.«

      Spade ergriff ihre Hand und tätschelte sie. »Du bist eine echte Spürnase, mein Schatz, aber« – er schüttelte den Kopf – »sie hat ihn nicht umgebracht.«

      Effie Perine zog mit einem Ruck ihre Hand zurück. »Diese blöde Kuh will dich heiraten, Sam«, sagte sie verbittert.

      Er machte eine ungeduldige Geste mit dem Kopf.

      Sie musterte ihn stirnrunzelnd und fragte: »Hast du dich heute Nacht mit ihr getroffen?«

      »Nein.«

      »Ehrenwort?«

      »Ehrenwort. Fang nicht an wie Dundy, Schätzchen. Das passt nicht zu dir.«

      »Hat Dundy es auf dich abgesehen?«

      »Hm-mh. Er und Tom Polhaus sind um vier Uhr nachts auf einen Drink vorbeigekommen.«

      »Und sie glauben wirklich, du hast diesen Typen erschossen – wie hieß er noch gleich?«

      »Thursby.« Er ließ das, was von der Zigarette noch übrig war, in den Messingaschenbecher fallen, und fing an, sich eine neue zu drehen.

      »Glauben sie es?«, wiederholte sie.

      »Weiß der Teufel.« Sein Blick ruhte auf dem mit Tabak gefüllten Blättchen zwischen seinen Fingern. »Den Verdacht hatten sie wohl. Ich weiß nicht, wie weit ich es ihnen ausreden konnte.«

      »Sieh mich an, Sam.«

      Er sah sie an und lachte, sodass sich die Angst in ihrem Gesicht einen Augenblick lang mit Heiterkeit mischte.

      »Ich mache mir Sorgen um dich«, sagte sie, und noch während sie sprach, wurde ihr Gesicht wieder ernst. »Du bildest dir ein, zu wissen, was du tust, aber manchmal bist du schlauer, als gut für dich ist, und eines Tages wirst du die Quittung dafür kriegen.«

      Er seufzte spöttisch und rieb seine Wange an ihrem Arm. »Dasselbe sagt Dundy auch, aber solange du mir Iva vom Hals hältst, Schätzchen, werde ich den Rest meiner Probleme schon überleben.« Er erhob sich und setzte den Hut auf. »Lass das Spade & Archer an der Tür entfernen und durch Samuel Spade ersetzen. In einer Stunde bin ich zurück oder ruf dich an.«

      Spade ging durch die lange, in Violett gehaltene Lobby des St.-Mark-Hotels bis zum Empfangsschalter und fragte einen rothaarigen Dandy, ob Miss Wonderly zu sprechen sei. Der Dandy wandte sich kurz ab, dann wieder zu ihm zurück und schüttelte den Kopf. »Sie ist heute Morgen abgereist, Mr. Spade.«

      »Vielen Dank.«

      Spade ging an dem Schalter vorbei bis zu einem Hinterzimmer, in dem ein untersetzter, noch halbwegs junger Mann im dunklen Anzug an einem Mahagoni-Schreibtisch saß. Auf dem Schreibtisch befand sich ein dreieckiges Mahagonischild mit einer Messingaufschrift: Mr. Freed.

      Der Mann stand auf, kam um den Schreibtisch herum und streckte Spade die Hand entgegen.

      »Tut mir schrecklich leid, die Sache mit Archer, Spade«, sagte er im Ton eines Mannes, der darin geübt ist, zuvorkommend und unaufdringlich Mitgefühl zu zeigen. »Hab es gerade im Call gelesen. Und gestern Abend war er noch hier.«

      »Danke, Freed. Haben Sie mit ihm gesprochen?«

      »Nein. Er saß in der Lobby, als ich am frühen Abend reinkam. Ich bin nicht bei ihm stehen geblieben. Ich dachte, dass er wahrscheinlich zu tun hatte, und ich weiß, dass Leute wie Sie lieber ihre Ruhe haben, wenn sie beschäftigt sind. Hat die Sache zu tun mit seinem …«

      »Ich glaube nicht, aber wir wissen es noch nicht. Auf alle Fälle werden wir das Hotel nicht in die Sache reinziehen, wenn wir es verhindern können.«

      »Danke.«

      »Schon gut. Können Sie mir ein paar Informationen zu einem Ex-Gast geben und wieder vergessen, dass ich gefragt habe?«

      »Aber sicher.«

      »Heute Morgen hat eine gewisse Miss Wonderly ihre Rechnung bezahlt und ist abgereist. Ich würde gern mehr über sie wissen.«

      »Kommen Sie mit«, sagte Freed. »Mal sehen, was wir in Erfahrung bringen können.«

      Spade blieb stehen und schüttelte den Kopf. »Ich möchte lieber im Hintergrund bleiben.«

      Freed nickte und verließ das Hinterzimmer. In der Lobby machte er plötzlich kehrt und kam noch einmal zu Spade zurück.

      »Harriman war der Hausdetektiv, der gestern Abend Dienst hatte«, sagte er. »Er hat Archer bestimmt gesehen. Soll ich ihn anweisen, es nicht zu erwähnen?«

      Spade sah Freed aus den Augenwinkeln an. »Besser nicht. Es spielt keine Rolle, solange es nicht mit dieser Miss Wonderly in Verbindung gebracht wird. Harriman ist in Ordnung, aber er redet zu viel, und mir wäre es lieber, wenn er gar nicht erst auf die Idee kommt, dass es was zu verbergen gibt.«

      Freed nickte und verschwand erneut. Nach einer Viertelstunde kam er wieder.

      »Sie ist letzten Dienstag hier eingetroffen, laut Gästebuch aus New York. Sie hatte keinen Koffer, nur ein paar Reisetaschen. Anrufe aus ihrem Zimmer wurden nicht verzeichnet, und viel Post scheint sie auch nicht erhalten zu haben, wenn überhaupt. Der einzige Mensch, in dessen Gesellschaft man sie gesehen hat, war ein hochgewachsener Mann von etwa Mitte dreißig. Heute Morgen um halb zehn verließ sie das Hotel, kam eine Stunde später zurück, bezahlte ihre Rechnung und ließ ihr Gepäck zu einem Wagen bringen. Der Page, der ihre Reisetaschen getragen hat, sagte, es sei ein Nash-Tourenwagen gewesen, wahrscheinlich gemietet. Sie hat auch eine Nachsendeanschrift hinterlegt – das Hotel Ambassador in Los Angeles.«

      Spade sagte: »Vielen Dank, Freed«, und verließ das St. Mark.


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