Kolonie 85 – Staffel 1: Die Verschwörung. Pia Fauerbach

Kolonie 85 – Staffel 1: Die Verschwörung - Pia Fauerbach


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bereits aus dem Fenster gehangelt und stand auf dem Sims.

      Nur einen Moment lang blickte Mike nach unten.

      »So ein verdammter Mist«, fluchte er. Alia war noch immer in der Leitung und hatte mitbekommen, dass Mike in Schwierigkeiten steckte.

      »Was ist los?«, wollte sie wissen, doch Mike konnte nicht antworten. Eine Hand griff nach seinem linken Arm und zerrte an ihm. Mike sah auf die Hand, die ihn ergriff, und entdeckte kurz unterhalb des Handgelenks ein eingebranntes Zeichen, ein Kreis, der von einem Lilienkreuz überragt wird.

      Ohne darüber nachzudenken, schwang sich Mike herum und trat dem Angreifer mit seinem rechten Bein gegen den Kopf. Der Mann ließ los, und Mike wäre fast gefallen, hätte er sich nicht schnell am Fensterrahmen festgehalten. Doch die Scherben zerschnitten ihm die Handfläche. Mike schrie auf.

      Der erste Angreifer wankte und versperrte somit seinem Partner die Ziellinie auf Mike.

      Jetzt hieß es, schnell zu handeln. Der Sims war keine gute Idee, entschied Mike und schwang sich trotz der verletzten Hand geschwind zurück. Der zweite Angreifer schob seinen Partner unsanft beiseite und versuchte, Mike ins Visier zu nehmen, doch Mike überraschte ihn mit einem eher ungewollten Angriff, als er den Halt verlor und gegen den Angreifer stolperte.

      Ruckartig ging dieser in den Nahkampf über und rammte Mike die Faust in die Seite. Mike schrie erneut auf und konterte eher aus Reflex mit einem ungezielten Aufwärtshaken, der sein Ziel zwar knapp verfehlte, jedoch dafür sorgte, dass dem Gegner die Waffe aus der Hand fiel.

      »Raus da, Mike. Verschwinde, so schnell du kannst.« Sein PortCom war noch immer an, und Alia hatte alles mit angehört. Verzweifelt nahm Mike eine Ladung Glasscherben in die Hand. Und obwohl sich die Scherben dadurch auch in die eigene Hand schnitten, schleuderte er sie seinen Angreifern entgegen. Der Erste, der Mike auf dem Sims gepackt hatte, bekam die volle Ladung ins Gesicht, während der Zweite nach seiner Waffe griff.

      Ein Aufschrei war zu hören. Diesmal von dem Mann, dessen Gesicht nun mit Scherben gespickt war. Kugeln zischten erneut durch die Luft. Mike rannte los. Raus aus dem Schlafzimmer, durch seine Wohnung, hinaus auf den Flur. Der Fahrstuhl war keine Option für ihn. Also rannte er zum Treppenhaus.

      »Was wollen die Kerle nur?«, fragte er sich, ohne daran zu denken, dass Alia noch immer in der Leitung war.

      »Wo bist du jetzt?«

      »Im Treppenhaus. Ich muss 12 Stockwerke schaffen, bevor die Kerle mich einholen.« Er rannte die Treppen mit großen Schritten hinunter, wobei er meist drei oder mehr Stufen auf einmal nahm. Schüsse hallten auf, was dazu beitrug, dass Mike nur noch schneller rannte.

      »Hör mir zu, Mike«, befahl Alia nun in einem für sie typischen Militärton. »Hast du einen Gleiter?«

      »Ja, aber dazu muss ich ins Parkhaus.«

      »Wo ist das Problem?«

      »Um dorthin zu kommen, muss ich einen langen geraden Gang entlangrennen, in dem die Kerle freies Schussfeld auf mich haben.«

      »Verstehe«, antwortete Alia. Offenbar versuchte sie, ihm zu helfen, aus dieser Situation zu kommen.

      Mike hatte das Gefühl, als würden die Schritte seiner Verfolger immer näherkommen.

      »Gibt es eine Subway bei dir in der Nähe?«

      »Eine U-Bahn? Ja. Aber da sind immer viele Leute unterwegs.« Er kam allmählich außer Atem. Noch drei Stockwerke, und er war unten. Die Verfolger blieben dicht auf seinen Fersen.

      »Umso besser«, antwortete Alia. »Beeil dich. Renn dorthin und versuche die Typen abzuschütteln.«

      Mike protestierte. »Aber was ist, wenn die drauflosschießen?«

      »Mike, hier geht es um dein Leben. Tu verdammt das, was ich dir sage, und diskutiere nicht mit mir.«

      Scheppernd flog die Tür des Treppenhauses beiseite, als Mike das Hochhaus verließ. Unbeirrt rannte er zur nächsten U-Bahn-Station. Seine Verfolger waren noch immer dicht hinter ihm. Der eine mit vorgehaltener Waffe, während der andere mit blutüberströmtem Gesicht Mühe hatte, Schritt zu halten. Immerhin hatte er einem der beiden ein Andenken verpasst, überlegte Mike mit einer gewissen Genugtuung.

      Schüsse pfiffen durch die Luft. Bisher wurde kein Passant getroffen, doch Mike war sich nicht sicher, wie lange das so bleiben würde. Diese Kerle schreckten vor nichts zurück.

      Er hetzte die Treppen zur U-Bahn herunter. Glücklicherweise stand gerade ein Zug da. Er drängelte sich durch die Passanten und schob sich in die Bahn. Hier unten hatte er keinen Schuss vernommen. Offenbar gab es doch etwas, wovor diese Mörder zurückschreckten. Vielleicht aber, so überlegte Mike, wollten sie nur nicht, dass sie ihn im entstehenden Chaos verloren, sollten sie in die Menge eines beengten Bahnhofs schießen.

      Mike versuchte, Luft zu holen. Alia hatte stets irgendetwas gesagt, doch Mike hatte keine Luft mehr, um zu antworten. Er zügelte sein Tempo etwas, als er durch die Waggons lief, um wieder zu Atem zu kommen. Sein Blick wanderte nach hinten, und da sah er sie. Sie sprangen gerade noch in den Zug, als dieser das Signal zur Abfahrt gab.

      Nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor sich die Türen schlossen, sprang Mike wieder heraus. Ein alter Trick, aber wirksam. Die Angreifer reagierten zu spät. Mühsam versuchte einer von ihnen, die Tür vor sich aufzudrücken, doch die Tür schloss sich zu schnell, und so fuhr der Zug mit den beiden Killern los, während Mike auf dem Bahnhof stand und sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

      »Sie sind weg«, jubelte er schwer atmend, doch Alia versetzte ihm gleich wieder einen Dämpfer, als er ihr erzählte, wie er sie abschüttelte.

      »Schon mal was von einer Notbremse gehört, Mike? Sieh zu, dass du da verschwindest, und trenne dich von deinem PortCom. Wahrscheinlich wirst du bereits getrackt.«

      Mike musste ihr zustimmen. »Was waren das für Typen?«, fragte er, als er den Bahnhof verließ.

      »Das finden wir heraus. Kontaktiere Tim, hörst du? Aber schmeiß dein PortCom weg. Wir werden uns treffen, Mike.«

      »Gut, Alia. Ich glaub, ich kann Hilfe dringend gebrauchen.« Damit kappte er die Verbindung und warf sein PortCom in die nächste Mülltonne.

      ***

      Alia hörte das statische Knacken, als Mike das Gespräch beendete. Sie brauchte einen Moment, um ihre Gedanken zu sortieren. Langsam ging sie an das große Panoramafenster ihres Arbeitszimmers und starrte hinaus auf das fließende Gewässer. Hier, abseits der Touristenmetropole, deutete nichts darauf hin, dass sich innerhalb der letzten paar Jahrtausende etwas geändert hatte. Auf der anderen Seite des Flussufers kam langsam die Sonne über den Bergen zum Vorschein, ein Zeichen dafür, dass Alia viel zu spät zur Arbeit kommen würde. Dennoch machte sie keinerlei Anstalten, aus dem Haus zu gehen, sondern blieb stattdessen vor dem Fenster stehen.

      »Irgendetwas ist falsch«, sagte sie zu sich selbst und versuchte dann, die Informationen in Gedanken zu sortieren. Als Fakt stand das Attentat in Genf im Vordergrund, welches mehr als 8 Stunden zurücklag, sowie das Interview mit der merkwürdigen Aussage des Vorsitzenden. Doch warum hatten die Behörden Mike nicht früher aufgesucht, wenn man ihn verdächtigte, mit dem Anschlag etwas zu tun zu haben? Alia fand den Zeitpunkt der Aussage des WSA-Leiters verdächtig. Das Interview war in Genf live gesendet worden, und nur wenige Minuten später waren diese Berserker bei Mike aufgetaucht.

      Alia erinnerte sich, dass Mike eine Privatwohnung in der Nähe von London und eine Wohnung in Genf unterhielt, die ihm von der WSA zur Verfügung gestellt wurde. Da sie Mike über PortCom erreicht hatte, fiel ihr auf, dass sie keine Ahnung hatte, wo er sich zurzeit aufhielt. Sie hoffte nur, dass er in London gewesen war.

      Alia war überzeugt davon, dass es sich bei Mikes Angreifern nicht um Polizisten oder Agenten eines Geheimdienstes handelte. Diese Typen waren darauf aus, ihn entweder mitzunehmen oder umzubringen. Jede Behörde hätte Mike unter Arrest gestellt, um Informationen zu erhalten. Aber ihn keinesfalls töten wollen.

      Alias Gedanken rasten. Sie musste


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