Ich, eine schlechte Mutter. Marguerite Andersen
von einer Stufe zur nächsten hinuntertrage, bumm, bumm, bumm und wieder bumm, kommt er raus, um mir zu helfen.
– Schmitz mein Name, Erich Schmitz, ein alter deutscher Jude, der sich freut, in seiner Muttersprache mit Ihnen zu reden.
Wir tauschen Erinnerungen aus. Berlin, seine Stadt, meine Stadt, der Kurfürstendamm, der Grunewald, die Flüsse und die Seen, der zoologische Garten, die Doppeldeckerbusse, die U-Bahn, die Cafés, die Theater, die Museen …
Wir sind zwei Heimatlose …
Und so habe ich jetzt einen Freund, wir lächeln uns zu, Guten Tag und Grüß Gott, kommen Sie doch kurz rein …
Ich nippe an einer Tasse Kaffee oder einem Glas Wein, je nach Tageszeit, genieße Wiener Gebäck, erfahre durch meinen Gastgeber, einen gierigen Zeitungsleser, was in Deutschland vor sich geht.
Er bietet mir Bücher an, Zeitschriften, alles auf Deutsch. Treten Sie doch ein, mit dem Kleinen, ja natürlich, ist der süß, was kann ich Ihnen anbieten, so viel Zeit muss sein …
Sie vergeht, ohne dass ich es merke, bis ich plötzlich rufe: Ach du liebe Güte, mein Mann! Er ist bestimmt heimgekehrt …
Ich muss los …
Ich lache, ich möchte gar nicht weg, die Wohnung dieses Herrn erinnert mich an das Arbeitszimmer meines Vaters, überall Bücher, sogar auf dem Boden, alte Stiche an den Wänden, Nachschlagewerke …
Ich eile, die Tomatensauce auf dem Herd hatte ich ganz vergessen …
Die unschuldige Freundschaft zwischen einem liebenswürdigen alten Mann und einer einsamen jungen Frau endet bald mit einem Verbot:
– Ich will nicht, dass du dich mit Monsieur Schmitz abgibst. Sprachlos ob dieses Angriffs auf meine Freiheit, äußere ich meine Wut nicht. Ich bin wie das junge Pferd, das sich nicht einspannen lassen will, nur würde dieses junge Pferd laut werden, sich aufbäumen, nach allen Richtungen ausschlagen, während ich versteinere, verstumme.
Schließlich hat es diese Drohung gegeben. Am Abend der verspäteten Heimkehr hatte mein Mann auf mich gewartet. Rasend vor Wut. Dabei hatte er doch den Kinderwagen im Treppenhaus gesehen, vor der Tür von Monsieur Schmitz, er hätte klingeln können, stattdessen war er in die Wohnung hinaufgegangen, hatte die Herdplatte unter der Tomatensauce ausgemacht und sich hingesetzt.
– Na, knurrte er, war’s lustig beim Nachbarn? Beim Chleu? Küsst er gut, dieser dreckige Jude?
Über so viel Brutalität lachte ich hilflos, ich brach in Tränen aus, schrie, ich halte es nicht mehr aus, ich wolle weg, zu meinen Eltern, nach Hause, in meine Heimat, meine Stadt …
Da warnte mich der Mann
in seiner Eigenschaft als Polizeiinspektor
mit einem heimtückischen Lächeln,
dass sämtliche Grenzbeamten schon am nächsten Tag
die Weisung erhalten würden, mich festzunehmen,
eine junge Frau, ob mit oder ohne Baby, Pass, Ticket, egal!
– Du wirst es nicht schaffen!
Angst befiel mich.
Die Nazis hatten mich gelehrt, jene zu fürchten, die andere qua Amt zu Gesetzestreue anhielten. Diese Lehre hatte ich noch nicht vergessen.
Ich hätte um Hilfe schreien sollen. Aber wer hätte mich gehört?
Der Riegel war vorgeschoben, die Ehefrau, ich, unterlegen.
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