Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller Paket 4 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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      »Und wie wollen Sie beweisen, daß Sie Ihrem Sohn Entscheidungsfreiheit lassen?« fragte Melanie etwas kühl.

      »Was soll ich denn tun? Er ist doch nicht mehr da. Er hat das Haus heute morgen tatsächlich verlassen, das ist die Wahrheit. Er hat kein Wort mehr mit mir gesprochen.«

      Melanies Gedanken überstürzten sich. Er ist fort, Susanne ist fort, sollten sie das verabredet haben? Aber es stieg kein Groll in ihr empor. Sie lächelte.

      »Ich mache Ihnen einen Vorschlag, Herr Baron. Sie übereignen den Besitz Ihrem Sohn, mit allen Verbindlichkeiten selbstverständlich. Er soll beweisen, ob er einen Ausweg aus dem Dilemma findet.«

      »Und was soll ich tun? Wohin soll ich denn gehen?« fragte er tonlos.

      »Ich denke, daß mein Mann bereit sein wird, Ihnen entgegenzukommen. Sie haben doch früher auch gern in südlichen Gefilden gelebt, wie ich hörte. Vielleicht überlegen Sie sich das. Aber möglicherweise hält Adrian jetzt nach einer anderen reichen Partie Ausschau«, fügte sie dann hintergründig hinzu.

      »Das tut er bestimmt nicht«, stieß der Baron hervor, der langsam seine Fassung zurückgewann. »Ihm ist es gleichgültig, was aus unserem Besitz wird.«

      »War es Ihnen nicht auch einmal gleichgültig, als Sie lieber in der Welt herumreisten und das Geld mit vollen Händen ausgaben, Herr Baron?« fragte Melanie anzüglich. »Von nichts kommt nichts. Man darf sich nicht zu sehr darauf verlassen, daß der Sohn mit einer reichen Partie rettet, was der Vater aufs Spiel gesetzt hat. Es mag ja Verrückte geben, die sich einen Adels­titel für viel Geld kaufen, aber wir gehören nicht dazu. Susanne hat sich in Ihren Sohn verliebt, und ihr Vater kann ihr eben keinen Wunsch abschlagen. Ich bin da anders.«

      »Das haben Sie mir zur Genüge bewiesen«, sagte er nun. »Aber Sie werden auch noch zu spüren bekommen, daß Sie nicht alles erreichen, was Sie sich in den Kopf setzen. Ich habe noch Freunde. Mich zwingt man nicht so leicht in die Knie.«

      »Dann halten Sie sich mal hübsch an Ihre Freunde«, sagte Melanie eisig. Und ehe er es sich versah, war sie grußlos gegangen.

      »Der Adel sitzt im Gemüt, nicht im Geblüt«, sagte sie, als sie davonfuhr, und sie dachte nicht mehr daran, was man aus diesem Haus machen könnte. Darin könnte wohl doch kein Glück gedeihen, ging es ihr nur flüchtig durch den Sinn.

      *

      Probleme gab es auch bei anderen. Da war der Professor Wilfried Emmrich, der in Kürze seinen siebzigsten Geburtstag feiern sollte. Die Gästeliste stand schon lange fest.

      »Schade«, sagte Lore Emmrich, »Anne und Johannes Cornelius können nicht kommen. Sie haben Hochbetrieb.«

      »Dann werden wir uns gestatten, ein paar Wochen auf der Insel der Hoffnung zu kuren, liebe Lore«, sagte der Professor. »Jetzt bin ich Privatmann und kann mir die Zeit aussuchen.«

      »Schön wäre es ja«, sagte Lore. »Aber wir können jetzt nicht weg, Friedl.«

      »Warum nicht? Wir werden mit Daniel und Fee sprechen. An meinem Siebzigsten können sie mir keine Bitte abschlagen, und ein Plätzchen findet sich für uns auf der Insel immer.«

      »Darum geht es doch nicht«, sagte sie leise. »Ich mache mir Sorgen um Dotty.«

      »Warum?«

      »Sie ist so eigenartig in letzter Zeit. Sie trifft sich auch nicht mehr mit Susanne.«

      »Vielleicht haben sie sich verkracht«, sagte Professor Emmrich. »Bei den jungen Mädchen passiert doch so was schnell mal. Da könnte auch ein Mann dahinterstecken.«

      Er war kein Mann, der sich Probleme schuf. Er hatte derer genug bewältigen müssen in seinem Beruf als Neurologe. Er hatte in zweiter Ehe, im Alter von achtundvierzig Jahren, seine Assistentin, die dreiundzwanzig Jahre jünger war als er, geheiratet, und sie hatten es beide nie bereut. Seine erste Ehe war kinderlos gewesen, und so war es sein größtes Glück, als ihm Lore die Tochter Dorothee schenkte.

      »Sprich doch mal mit Susannes Mutter, Lore«, sagte er. »Du läßt doch dein Festkleid bei ihr schneidern. Sie scheint doch eine sehr vernünftige Frau zu sein. Wir könnten sie ja auch noch einladen, sie und ihre Tochter.«

      »Ich wollte ja Susanne einladen, aber Dotty hat gesagt, daß Susi jetzt mit einem Baron herumspinnt. Du kennst ja ihre Ausdrucksweise.«

      »Ich finde nichts dabei. Ich kenne doch meine Studenten. Meine Güte, obgleich ich siebzig werde, ich bin immer gut mit der Jugend ausgekommen. Warum sollte ich nicht auch mit Dotty zurechtkommen, wenn sie Probleme hat? Wo steckt sie denn wieder?«

      »Das weiß ich eben nicht. Sie ist tagsüber fast nie mehr zu Hause.«

      »Und warum hast du mir das nicht früher gesagt, Lore?«

      »Weil ich mit ihr vorher reden wollte, aber man kann mit ihr nicht reden. Vielleicht leidet sie darunter, daß sie in letzer Zeit so zugenommen hat.«

      »Ist mir noch gar nicht aufgefallen. Ich fand, daß sie sehr gesund aussieht.«

      »Nur, weil sie nicht mehr mager ist. So seid ihr Männer«, sagte Lore. »Aber sicher ist es Kummerspeck. Ich muß jetzt sowieso zur Anprobe zu Melanie. Ich werde sie mal fragen, was sich zwischen Susi und Dotty getan hat. Sie wird es mir schon nicht übelnehmen. Wenn Dotty inzwischen heimkommen sollte, sei nett zu ihr, Friedl.«

      »Bin ich doch immer. Oder etwa nicht?« fragte er.

      »Vielleicht solltest du einen etwas väterlicheren Ton anschlagen.«

      »Das habe ich bewußt vermieden, Lore. Schließlich könnte ich den Jahren nach ihr Großvater sein.«

      »Sie liebt dich. Sie sieht nicht den Großvater in dir. Ist doch auch Unsinn. Sie wollte dich nie enttäuschen.«

      »Hat sie doch auch nicht. Daß sie nicht studieren will, nehme ich ihr doch nicht übel, und daß sie kein Interesse für die Herren Doktoren zeigt, die ihr ständig präsentiert werden, auch nicht. Sie soll sich ihres Lebens freuen und sich einen Mann suchen, mit dem sie glücklich wird, wie ich mit dir.« Er legte den Arm um sie und drückte ihr einen innigen Kuß auf die Wange. »Verpaß jetzt aber deinen Termin zur Anprobe nicht. Das Kleid muß fertig werden. Wenn Dotty kommt, werde ich väterlich mit ihr reden, mein Schatz.«

      Lore verließ das Haus mit gemischten Gefühlen. Weit hatte sie es nicht bis zu Melanie, doch diese strahlte auch nicht die Ruhe und Heiterkeit aus wie sonst.

      Melanie mußte sich entschuldigen, daß die Anprobe nicht fertig geworden sei. »Ich hatte gestern den ganzen Tag mit Familienangelegenheiten zu tun, und wenn ich nicht da bin, läuft es hier einfach nicht so. Aber das Kleid wird bestimmt fertig.«

      »Augenblicklich liegt mir daran nicht soviel«, sagte Lore. »Wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben, hätte ich gern mal mit Ihnen über Dotty gesprochen, Melanie. Sie war früher doch viel mit Susanne beisammen.«

      »Ja, wenn dann die Männer in Erscheinung treten, lockert sich das immer ein bißchen«, meinte Melanie arglos. »Aber ab und zu sehen sie sich doch.« Sie sah Lore forschend an. »Haben Sie etwas dagegen, daß Dottys Freund sich sein Studium als Taxifahrer verdient, Lore?« fragte sie zögernd. »Wollten Sie meine Meinung darüber hören?«

      Ein heißer Schrecken durchfuhr Lore, aber niemals hätte sie zugegeben, daß sie von einem Taxifahrer nichts wußte.

      »Ja, ich würde gern Ihre Meinung hören, Melanie«, sagte sie stockend.

      »Ich finde es gut, wenn junge Leute nicht davor zurückschrecken, sich ihr Studium zu erarbeiten. Viele, die alles von zu Hause bekommen, faulenzen doch die meiste Zeit herum. Und dann kommen sie bloß auf dumme Gedanken. Dieser Jürgen ist doch anscheinend ein sehr netter Mensch.«

      Lore entschloß sich, die Wahrheit zu sagen. »Leider haben wir ihn noch nicht kennengelernt. Vielleicht geht Dotty von der Voraussetzung aus, daß wir ihn nicht akzeptieren würden«, sagte sie leise.

      »Ja, sie hat wohl mal solche Andeutung


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