Spurlos im Internet. Andreas Erle
schließen, dass wir nicht zu Hause sind. Optimale Voraussetzungen für einen Einbruch!
Oder die Sprachassistenten: Nicht erst seit Amazons Alexa sind Sprachassistenten in Mode. Von den ersten Diktierprogrammen bis zu Siri, Bixby und Cortana nutzen wir die Freiheit und den Komfort der Sprachbedienung, auch in dem Bewusstsein, dass diese Daten ja an irgendeiner Stelle verarbeitet und in ausführbare Befehle umgesetzt werden müssen. Eine Wanze im Smartphone ist hingegen eine Horrorvision aus einem Agententhriller, die keiner von uns möchte.
Vielleicht noch deutlicher macht es die – durchaus angemessene – Skepsis gegenüber den großen Konzernen. Google, Microsoft, Apple, Amazon und viele mehr sind so in unser Leben integriert, dass sie unvermeidbar Daten sammeln. Allein mag man das noch akzeptieren. Als Facebook 2014 aber den Messenger WhatsApp übernahm, war das Geschrei groß: Facebook noch mehr Daten in den virtuellen Hals werfen? Für viele Anwender keine Option. Auch für die nicht, die vorher schon WhatsApp und Facebook eifrig genutzt haben.
Hier wurden viele Anwender wach und einfallsreich: Weniger datenhungrige Alternativen sollten her. Für WhatsApp gab es mit Threema eine Alternative, die eine wirklich vertrauliche Kommunikation ermöglichen sollte. Erst wenn zwei Geräte sich tatsächlich einmal „gesehen hatten“, galten sie als vertrauenswürdig. Das Verfahren war einfach: Das eine Gerät zeigte auf seinem Bildschirm einen QR-Code an, das andere musste ihn scannen. Damit war klar, dass die beiden Geräte (und damit auch deren Besitzer) sich gegenseitig begegnet sind und ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Klingt gut, meinen Sie? Prinzipiell schon. Wenn da nicht der ein oder andere Schlaukopf auf die Idee gekommen wäre, seinen geheimen Threema-QR-Code auf Facebook zu posten, damit all seine Freunde ihn scannen konnten. Vertraulichkeit geht anders!
Anonymität als Schutz
Ein immer wieder genannter Begriff in diesem Zusammenhang ist Anonymität. Wikipedia definiert diesen Begriff so:
Anonymität (von altgriechisch anónymos „ohne Namen“) bezeichnet das Fehlen der Zuordnung einer Person zu einer von ihr ausgeübten Handlung bis hin zur absichtlichen Geheimhaltung. Sie kann zum Schutz der Freiheit des Einzelnen dienen. Der Gesetzgeber hat sie deswegen in verschiedenen Bereichen vorgesehen. So werden beispielsweise das Wahlgeheimnis verpflichtend, die anonyme Information, Meinungsäußerung und Versammlung als Rechte verfassungsrechtlich garantiert.
Im Internet bedeutet Anonymität, dass das, was Sie online tun, und die Daten, die Sie dabei hinterlassen, nicht auf Sie als Person zurückgeführt werden können. Je anonymer Sie im Internet sind, desto weniger kann Ihnen passieren. Wer Sie nicht kennt, kann Ihnen nichts Böses. Damit ist es eines der wichtigsten Ziele bei der Nutzung des Internets und seiner Dienste, die Anonymität zu wahren.
Private Daten: Währung und Risiko
Wenn die vorangegangenen Ausführungen den Eindruck erweckt haben, dass die Preisgabe Ihrer Daten immer ein Risiko und das Internet deshalb „böse“ ist, dann ist das nur ein Teil der Wahrheit. Das Internet funktioniert nun mal nur mit Daten und mit dem Bezug zu Personen. Wenn Sie in Ihrem Browser eine Internetseite aufrufen, indem Sie deren Adresse eingeben, dann muss ja in irgendeiner Form hinterlegt sein, wohin die aufgerufene Webseite „geliefert“ werden soll. Das funktioniert über die IP-Adresse, die von Ihrem Internetanbieter automatisch vergeben wird, wenn Ihr Router eine Verbindung zum Internet aufbaut.
Diese IP-Adresse ist über eine gewisse Zeit gültig und über den Anbieter Ihrem Anschluss – und damit Ihnen – zuordenbar. Die seit Jahren schwelende Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung dreht sich genau um diesen Punkt: Wie lange muss der Bezug zwischen IP-Adresse und Anschlussinhaber gespeichert bleiben und wer hat unter welchen Bedingungen Zugriff darauf?
Onlineshopping leicht gemacht
Wenn Sie im Internet einkaufen, dann ist es viel bequemer, einmal ein Benutzerkonto beim Händler anzulegen, statt immer wieder Ihre Adresse und die Bankverbindung manuell einzugeben. Damit hinterlassen Sie natürlich schon vor dem ersten Einkauf Daten. Bei jedem Einkauf werden es mehr: Die gekauften Artikel kommen hinzu, Dinge, die Sie sich angesehen haben, und vieles mehr.
Auch das Thema Werbung ist in diesem Zusammenhang zu sehen: Haben Sie sich schon einmal darüber gewundert, dass Ihr bevorzugter Internethändler immer die richtigen Sachen im virtuellen Schaufenster hat, die fast hundertprozentig Ihren Vorlieben entsprechen? Das liegt einfach daran, dass der Händler Ihr Einkaufsverhalten kennt. Wenn Sie sich mit Ihrem Kundenkonto anmelden, dann wird eine kleine Datei, ein sogenannter Cookie, gespeichert. Damit werden Sie identifiziert, wann immer Sie die Internetseite des Shops aufrufen. Die Identifikation über den Cookie und das von Ihnen gespeicherte Einkaufsverhalten ermöglichen dann zielgerichtete Werbung.
Wenn Sie als Thriller-Fan plötzlich Kinderbücher angeboten bekommen, dann müssen Sie sich normalerweise keine Sorgen machen. Fragen Sie doch einfach in der Familie herum, wer gerade mit Ihrem PC gesurft hat. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass ein Familienmitglied hier der „Schuldige“ ist und nicht etwa ein Sicherheitsvorfall wie ein gehacktes Konto!
Ohne Ihre Daten geht es nicht
Nun haben Sie vielleicht gar kein Interesse an personalisierter Werbung und daher den Anspruch, im Internet möglichst wenige Daten zu hinterlassen. Das ist sicher kein schlechter Ansatz, doch es kann nicht bedeuten, dass Sie als Internetnutzer gar keine Daten von sich preisgeben.
Das würde schlicht nicht funktionieren, da Sie dann bestimmte Programme und Dienste nicht mehr nutzen könnten. Was bringt Ihnen ein Navigationsprogramm ohne Ihre aktuelle Position? Und wie wollen Sie etwas in einem Onlineshop bestellen, ohne ihm die Lieferadresse mitzuteilen?
Auch die viel gescholtenen sozialen Netzwerke leben ja davon, dass Sie aktuelle Lebensereignisse mit anderen Anwendern – Ihren (virtuellen) Freunden – teilen. Ohne Daten keine Freundschaften, ohne Freundschaften keine Beiträge, der Sinn eines sozialen Netzwerkes wäre dahin.
Ihre Spuren im Netz
Der Datenschatten, den Sie unweigerlich im Internet hinterlassen, hat also zwei Seiten: Auf der einen Seite ist er nahezu unvermeidbar, damit das Internet funktioniert und für Sie halbwegs komfortabel ist. Auf der anderen Seite birgt er das Risiko, dass Ihre Daten in falsche Hände gelangen und missbraucht werden.
Der Begriff des Datenschattens hat sich in den letzten Monaten immer mehr verselbstständigt. Darunter versteht man die Wolke an Daten, die jeder Anwender unweigerlich hinter sich herzieht, und das vollkommen ungewollt.
Der Prozess beginnt, wenn Sie irgendwelche Daten bei einer Webseite hinterlassen – oder auch bei einem Händler in der realen Welt. Denn Letzterer macht am Ende auch nichts anderes, als diese Daten in seinen PC einzugeben. Die Daten dienen einem bestimmten Zweck und müssen verarbeitet werden, damit die gewünschte Dienstleistung erbracht werden kann. So gelangen Ihre Daten vollkommen rechtmäßig an weitere Parteien, die dann wieder etwas damit machen.
Eigentlich – das ist eine rechtliche Anforderung des Datenschutzes – müssen Ihre Daten nach einer gewissen Zeit gelöscht werden. In vielen Fällen geschieht das aber nicht: Daten bleiben schier endlos gespeichert und sind damit dauerhaft verfügbar.
Über die Zeit kommen dann weitere Daten hinzu. Verschiedene Datenquellen werden miteinander verknüpft und durch intelligente Algorithmen verarbeitet, die Daten aus anderen Quellen anreichern und auswerten.