Eine echte königliche Affäre. Helen Juliet
weiter im Haus herumwuseln, jetzt wo du nicht mehr im aktiven Dienst bist.«
Das konnte er nicht leugnen. »Danke, Liebes«, sagte er.
Er konnte sie am anderen Ende der Leitung förmlich lächeln hören. »Wir sprechen uns später. Kopf hoch!«
In Wahrheit war er ziemlich erfreut darüber, dass er gebeten wurde, die Ehrungen zum Geburtstag der Queen zu überreichen. Die Menschen, die er, wenn auch nur kurz, treffen würde, machten einen unglaublichen Unterschied für die Welt. James bewunderte sie so sehr, wie er sie beneidete. Er wusste, dass das dumm war. Er hatte ein verhätscheltes Leben im Luxus gelebt und hatte alle möglichen Chancen bekommen. Es war nicht richtig, dass er sich so leer fühlte, als ob ihm etwas Entscheidendes fehlte. Aber ein Leben ohne Zweck war manchmal verdammt hart.
Nachdem ihr Gespräch beendet war, trommelte James mit seinen Fingern auf seinem Knie herum und schaute aus dem getönten Fenster auf die vorbeigehenden Menschen, die im Hyde Park die Sommersonne genossen. Er hatte sein ganzes Leben lang versucht, sich einzufügen und einfach normal zu sein; in der Schule und dann während seiner militärischen Ausbildung in Sandhurst. Aber er war immer Prinz James. Seine Großmutter war immer die Queen des Vereinigten Königreichs. Anders sein lag in seiner Natur. Er konnte keine drei Kilometer fahren, ohne eine Autokolonne zu benötigen. Geschweige denn zu Fuß irgendwo hingehen oder die Tube nehmen. Sein älterer Bruder und seine jüngere Schwester schienen es nie so schwer in dieser lächerlichen Blase zu haben, in der sie lebten. Wahrscheinlich, weil sie bereits verheiratet waren und drei Kinder hatten oder weil sie mitten in der Planung ihrer großen Hochzeit steckten. Was James brauchte, war, sich ein nettes Mädchen zu suchen und so besessen von ihr zu werden, dass er von all seinen dummen Problemen abgelenkt war. Wenn es nur so einfach wäre, ein nettes Mädchen zu finden wie einen netten Jungen.
James trommelte noch einmal mit den Fingern, bevor er merkte, was er tat, und setzte sich dann auf seine Hand. Seine Mutter fand diese Gewohnheit äußerst irritierend, sodass es den nervösen Tick am besten abstellte, bevor er sie sah. Das richtige Mädchen war zweifelsohne irgendwo da draußen. Wenn nur James’ soziale Kreise nicht so eingeschränkt wären. Er konnte nicht einfach in einen Pub gehen und sich auf einen Pint treffen. Er war sowieso frustrierend wählerisch, was Mädchen anging, die ihn anzogen. Aber dann mussten sie auch noch aus „guten“ Familien kommen und das richtige Image haben. Wenn er sich an Jungs halten könnte, hätte er mehr Chancen, das wusste er, aber … Nun, er lebte in einem Traum, wenn er glaubte, dass das jemals passieren könnte. Weiter entfernte königliche Verwandte konnten mit gleichgeschlechtlichen Beziehungen davonkommen. Tatsächlich waren es bereits einige. James freute sich für sie. Es war heutzutage verdammt noch mal an der Zeit. Aber er selbst würde den Segen der Queen brauchen, um heiraten zu dürfen, und die Kontroverse, die losbräche, wenn sie James bei seinem Coming-out unterstützte und er einen Freund hätte, wäre einfach zu viel. Das war mehrmals spürbar angedeutet worden. Offiziell wusste niemand etwas über James’ Sexualleben.
Der Verkehr bewegte sich endlich und James blinzelte sich aus seiner Melancholie heraus. Gott, er musste sich aufraffen. Es schien endlich die Sonne und für die Menschen, die er später träfe, war dies ein bedeutsamer Tag. Er war stolz darauf, ein Teil davon zu sein. Wenn er mit seinem Schicksal unzufrieden war, musste er etwas tun, um es zu ändern. Schließlich hatte er sich in der Armee hervorgetan. Körperliche Fitness war schon immer etwas, in das er sich stürzen konnte und in der er gut war. Nur weil sein Status es unmöglich machte, ohne Gefahr für seine eigene Sicherheit und die der anderen in einen Einsatz geschickt zu werden, bedeutete das nicht, dass er keine andere Berufung finden konnte. Der heutige Tag war ein gutes Beispiel. Er war ein Mäzen vieler Wohltätigkeitsorganisationen, aber vielleicht gab es einen Weg, wie er in Zukunft noch aktiver sein könnte. Wer wusste das schon? Vielleicht würde er sich eine nette Frau suchen, wenn er sich in solchen Kreisen bewegte.
Manjeets Zauber wirkte und er zwängte sich durch den restlichen Verkehr, um schließlich im Hof des St. James-Palastes anzuhalten. »Sie haben noch Zeit, Boss«, beruhigte er James mit einem Daumen nach oben von der anderen Seite der Trennwand aus. »Viel Glück! Ich werde hier sein, wenn Sie fertig sind.«
»Was würde ich ohne dich tun?«, fragte James aufrichtig.
Er sprang aus dem Auto und strich seinen Anzug glatt in der Hoffnung, dass er sich dadurch weniger nervös fühlte. Wieder bezweifelte er, dass jemand mit so wenigen Auszeichnungen derjenige sein sollte, der so erfolgreiche Menschen eine solche verlieh. Aber er konnte keinen Rückzieher machen, also musste er sich einfach einschleimen.
Nun, da er mehr Zeit zur Verfügung hatte, sollte er sein Leben aktiver gestalten. Er wäre ein Narr, die Vorteile seiner privilegierten Erziehung zu ignorieren. Von goldenen Treppen, Marmorböden, Kristalllüstern und Gemälden, die höher waren als er, umgeben zu sein, war eine gute Erinnerung. Ja, er war mit Einschränkungen konfrontiert, aber er hatte auch noch so viel anderes zu seinen Gunsten. Er konnte sein Schicksal schmieden.
Das verkniffene Gesicht und das Schnalzen der Zunge seiner Mutter brachten ihn schnell wieder in die Realität zurück, als er in einem der Nebenräume neben dem großen Zeremoniensaal ankam. Es war ein unscheinbarer Raum mit dunklen, holzvertäfelten Wänden und einigen unscheinbaren Schilden und Schwertern, die aufgehängt waren.
»Du bist spät dran«, sagte seine Mutter genervt. Ihre Arme waren vor ihrem schlanken Körper verschränkt, der in einem ihrer üblichen Bleistiftkleider steckte.
Sie tippte mit ihrem 10 cm hohen Absatz auf den roten Teppich, als James sich vorbeugte und sie auf die Wange küsste. »Ich bitte um Entschuldigung. Der Verkehr war echt scheiße«, sagte er.
»Ausdrucksweise, James«, ermahnte sie ihn automatisch und schloss die Tür hinter ihnen.
James tat sein Bestes, um die Augen nicht zu verdrehen. Sie waren allein. Oder so gut wie.
»Eure Königliche Hoheit«, sagte Ignatius Bellamy-Walters mit einer leichten Verbeugung, als sich James näherte.
James hätte nicht überrascht sein sollen, den Privatsekretär der Queen zu sehen. Aber er war trotzdem verärgert. »Bellamy«, antwortete er steif.
Offiziell war Iggy die Verbindungsperson zwischen dem Monarchen und den Regierungen des gesamten Commonwealth, nicht nur des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland. Inoffiziell bedeutete das, dass er einen verdammt großen Einfluss auf die Königsfamilie hatte und das letzte Wort darüber zu haben schien, was in einem bestimmten Bereich akzeptabel war. Er und James waren selten einer Meinung darüber, was akzeptabel war, da es das verdammte 21. Jahrhundert war. Er sah aus wie immer. Graue Haare, grauer Nadelstreifenanzug und ein Schnurrbart, der so dünn war wie er. Er und James’ Mutter waren ein recht ungleiches Paar. James musste jedoch nicht lange Augenkontakt mit ihm halten, denn schon wurde er von einem wilden Rudel tollwütiger Bestien angegriffen.
»Meine Lieblinge!«, rief er.
Er ging in die Hocke, als die fünf Yorkshire-Terrier durch die Tür am anderen Ende des Raumes herangestürmt kamen und über den roten Teppich huschten, um sich auf ihn zu stürzen, als wäre er von den Toten zurückgekehrt. Wahrscheinlich hatte er sie erst vor ein oder zwei Wochen gesehen, aber für sie war es wie ein Wunder.
»Oh, hallo, ja, hallo«, gurrte er.
Jeder von ihnen trug ein Halsband in einer eigenen Farbe, sodass er, wenn er auch ihre Gesichter nicht erkannte, sie leicht identifizieren konnte. Bertie, Bonney, Bouncer, Blenheim und Beanie. Jeder von ihnen machte auf seine eigene Weise Ärger. Bonney mit dem gelben Halsband begrüßte ihn mit ihrem üblichen Johlen.
»Oh, sei doch ruhig, Bonney«, seufzten James und seine Mutter unisono. Nur so konnte man sie zum Schweigen bringen.
Tatsächlich hörte sie auf zu jaulen und schloss sich dem Rest des Rudels an.
Er merkte, dass jemand seiner Größe und seines rauen Verhaltens wahrscheinlich lächerlich aussah, als er auf den Knien eine Gruppe Hunde begrüßte. Aber einer der Vorteile, sich innerhalb der Palastmauern aufzuhalten, war, dass er sich keine Gedanken darüber machen musste, wer ihn sah, vor allem in einem Privatraum.
Seine Mutter