Eine echte königliche Affäre. Helen Juliet
und die schwarz gestrichenen Türen, die alle von einem Meer aus Beton umgeben waren, wirkten, gelinde gesagt, ein wenig einschüchternd. Aber innen war alles von bunter Opulenz und Theo war völlig verzaubert. Normalerweise würde es ihn ärgern, so viel Reichtum auf einem Fleck zu sehen, wo er doch wusste, wie manche Menschen sich die Finger wund arbeiteten und trotzdem Probleme hatten. Aber er hatte seine zynische Seite vorerst abgestellt, sodass er sich an den unglaublich hohen, bemalten Decken erfreuen konnte. Jede Säule, jede Treppe, jeder Balkon war mit glänzendem Gold und poliertem Mahagoni verziert. Die Eingangshalle war in satten Lavendel-, hellen Rosa- und kräftigen Gelbtönen gehalten, aber alles im Zeremonienraum war rot, golden und cremefarben. Theo genoss es, seinen Blick schweifen zu lassen, bis sich die Zeremonie dem Ende neigte und er alle Kunstwerke der ehemaligen Monarchen und die Beefeaters betrachtet hatte, die seit anderthalb Stunden in ihren schicken Uniformen stillstanden, ohne auch nur einen Muskel zu rühren.
Er bemühte sich nach Kräften, nicht auch Prinz James zu bewundern. Theo fand, dass James in den Zeitungen ein bisschen wie ein Idiot rüberkam. Er schien seinen Job in der Armee nicht halten zu können und konnte nicht aufhören, sich fotografieren zu lassen, wenn er betrunken war und in Springbrunnen hüpfte. Eine Ausbildung in Eton, der besten Jungenschule des Landes, und er hatte trotzdem nicht viel aus seinem Leben gemacht, oder? Aber als Theo ihm leibhaftig gegenübersaß, nur sechs Meter entfernt, musste er zugeben, dass der Adelige etwas absolut Faszinierendes an sich hatte. Er strahlte Charme aus und behandelte jede einzelne Person, der er eine Auszeichnung überreichte, mit Sorgfalt und Augenmerk. Es schadete auch nicht, dass er über 1,80 m groß war, einen straffen, breiten Körper hatte, der unter seinem maßgeschneiderten Anzug deutlich sichtbar war, dunkles Haar und Stoppeln sowie ein Lächeln hatte, das Theo den Atem raubte. Theo achtete jedoch darauf, nicht zu offenkundig zu gaffen. Er wäre gedemütigt, wenn ein echter Prinz ihn dabei erwischen würde, wie er schmachtete. Der Kerl sah auch nicht so aus, als ob er es gut verkraften würde, von einem anderen Kerl angemacht zu werden. Mit diesem markanten Kiefer und den stählernen Augen schrie er förmlich nach heterosexuell. Dennoch war er eine Verbesserung gegenüber den üblichen Jungs, die Theo an seinen Wochenenden in Dagenham bei Fix aufriss. Nicht, dass mit den Jungs aus Essex etwas nicht in Ordnung wäre. Theo war stolz darauf, selbst einer von ihnen zu sein. Aber selten konnte er ein so schickes männliches Exemplar bewundern.
Als James hinüberblickte, konzentrierte sich Theo sofort auf die Frau, die von dem leicht erhöhten Sockel hinunterstieg. Er hoffte, dass sein Starren nicht aufgefallen war, und ermahnte sich streng, sich für den Rest der Veranstaltung zusammenzureißen. Ein Typ wie Prinz James brauchte es nicht, dass sein Ego von einem Bürgerlichen geschmeichelt wurde. Und wenn er sich nicht geschmeichelt fühlte, brauchte Theo keinen Ärger mit den verschiedenen Militärangehörigen und dem Sicherheitspersonal, die überall herumstanden.
Schließlich neigte sich die Veranstaltung dem Ende zu. Es kam zu einem langsamen Aufbruch, als alle in einen anderen Raum gingen, um dort dem Getränkeempfang beizuwohnen. Sehr zu Theos Enttäuschung, gab es nur Wasser oder Apfelsaft im Angebot. Aber er vermutete, dass sie nicht wollten, dass die Leute randalierten und den Ort verwüsteten.
Er wusste, dass er sich unter die Leute mischen sollte, aber seine Oma hielt im Moment mit mehreren Personen Hof. Zweifellos verwöhnte sie sie mit einer ihrer vielen Geschichten und bat das Personal wahrscheinlich um eine Tasse Tee. Theo würde das nachher mit ihr beim Mittagessen besprechen. Nach einer schnellen Onlinesuche hatte er eine gute Lokalität gefunden. Die Art mit großen, fettigen, salzigen Pommes und richtigem Kuchen.
Da er einen Moment für sich hatte, beschloss er, sich in den Korridor hinauszuschleichen. Niemand hielt ihn auf, obwohl er sich nicht ganz sicher war, ob er allein draußen sein durfte. Aber er wollte nicht, dass jemand sah, was er tat. Man sollte sein Handy an der Tür bei dem sehr netten, aber strengen Einsatzteam abgeben. Theo hatte ihnen auch sein Handy gegeben, es war allerdings nur sein altes gewesen. Er hatte wirklich nicht vor, etwas Verbotenes zu tun. Er war erstaunt über seine Selbstbeherrschung, weil er nicht sofort mehrere Selfies machte. Die Wahrheit war, dass er alle Arten von E-Mails hatte, die er nicht stundenlang unbeantwortet lassen konnte, während er höflich mit Leuten plauderte, die er nie wieder in seinem Leben sehen würde. Seine Oma mochte das Herzstück aller Projekte sein, aber Theo hatte vor einigen Jahren erkannt, dass sie auch jemanden mit Geschäftssinn brauchte, der alles am Laufen hielt. Als er die Schule mit achtzehn Jahren verlassen hatte, war er erstaunt gewesen, dass sie noch nicht bankrottgegangen waren, nachdem er sich die Bücher angesehen hatte. Das wenige Geld, das Oma mit ihrer Rente erhielt, gab sie normalerweise für die Versorgung der Resozialisierungszentren aus, und ohne Theos Veranstaltungskalender für die Spendensammlungen wären sie in echte Schwierigkeiten geraten. Aber er hatte nichts, mit dem er arbeiten konnte. Nur Facebook-Seiten und andere Verbindungen, die er im Internet herstellen konnte. Es gab kein Budget, um richtige Wohltätigkeitsabende zu veranstalten, also musste sie mit dem vorliebnehmen, was die Öffentlichkeit hier und da geben konnte. Im vergangenen Jahr hatte er es geschafft, Leute dazu zu bringen, Marathonläufe für sie zu veranstalten; und sein größter Erfolg war eine Auktion gewesen, für die er sich allerlei brillante Preise hatte erschnorren können. Aber die alltägliche Realität war weniger glamourös. Er hatte Vereinbarungen mit örtlichen Bäckereien, um deren alte Ware zu übernehmen, und mit Bekleidungsgeschäften, um ihnen das, was sie am Ende der Saison nicht hatten verkaufen können, mit einem großzügigen Rabatt zu bekommen. Aber es gab immer wieder kleine Probleme mit den Resozialisierungszentren, wie ein kaputter Boiler oder undichte Wasserhähne. Als alleiniger Verwalter der Wohltätigkeitsorganisation hatte Theo das Gefühl, dass er an den meisten Tagen nie aufhörte.
Ein Geräusch hinter ihm ließ ihn zusammenzucken und er drückte sofort die Taste, um sein Handy zu sperren, und ließ es in seine Brusttasche gleiten. Aber als er sich umdrehte, sah er keinen gereizten Wächter vor sich. Stattdessen blinzelte er, als ein kleiner, flauschiger Yorkshire-Terrier mit rotem Halsband zu ihm aufblickte und mit dem Schwanz wedelte. Theos Magen zog sich zusammen. Das musste einer der königlichen Hunde sein. Jeder wusste, dass die Queen immer ein Rudel Yorkies hatte. Der Hund wackelte mit dem Hintern, lief im Kreis und huschte dann den Korridor entlang, weg vom Zeremoniensaal.
»Nein, warte«, flüsterte Theo instinktiv und schnipste mit den Fingern. »Hierher, Hündchen. Nein, lauf nicht weg!«
Aber der kleine Schlingel hatte seinen Spaß. Er trabte los, mit dem Schwanz in der Luft, auf der Suche nach einem Abenteuer. Mit einem Blick über die Schulter, mit dem er Theo absichtlich zu ärgern schien, verschwand er um die Ecke.
»Scheiße«, zischte Theo.
Er stellte sein leeres Glas auf einen Tisch und eilte dem Kleinen hinterher. Er würde wahrscheinlich Ärger bekommen, weil er einen ringförmigen Abdruck hinterließ. Alle Möbel hier waren bestimmt Hunderte Jahre alt. Aber er machte sich mehr Sorgen darüber, dass der Yorkie irgendwo stecken bleiben oder sich aus einem Fenster winden könnte. Es war so heiß, dass sicher mehr als ein Fenster offen war. Er machte Kussgeräusche und pfiff leise, als er dem kleinen Teufel nachjagte, aber als er um die Ecke kam, war er nicht zu sehen. Theo kaute auf seiner Lippe herum und ging den Flur hinunter, seine Augen huschten nach links und rechts.
»Hierher, Hündchen«, rief er so laut, wie er sich traute. Er wollte wirklich nicht herumschnüffeln. Aber er wäre glücklicher, wenn er wüsste, wo der Kleine hingegangen war. Glücklicherweise waren die meisten Türen entlang des Korridors geschlossen.
Als Theo die nächste Kurve nahm, hatte er sein Ziel gefunden. Seine Erleichterung war jedoch nur von kurzer Dauer. Der Yorkie hatte sich in einer Tischdecke verbissen und machte kleine Grunzlaute, als er daran zupfte und versuchte, das verdammte Ding runterzuziehen. Die blau-weiße Porzellanvase, die in der Mitte des kleinen, aber hohen Tisches stand, wackelte gefährlich.
»Nein!«, rief Theo und stürzte nach vorn, als die Vase über den Rand kippte. Er schnappte sie aus der Luft und drückte sie an sich, während sein Herz aus seiner Brust zu springen drohte. »Scheiße«, flüsterte er schockiert, schaute auf die noch intakte Vase und fragte sich, wie viel sie wert war. Die Antwort war vermutlich: verdammt viel.
Der flauschige Hund schien keine Ahnung zu haben, wie viel Schaden er beinahe angerichtet hätte. Stattdessen riss er das Tuch vom Tisch und trottete schwanzwedelnd