Eine echte königliche Affäre. Helen Juliet
dass du nach etwas anderem suchst. Etwas Neuem.« Ohne den Blickkontakt mit James zu unterbrechen, schnappte sie Blenheim wieder vom selben Stuhl, warf ihn wieder auf den Teppich und nahm Beanies Tennisball, um ihn für sie durch den Raum zu werfen. Mehrere krabbelnde Pfoten ließen verlauten, dass die Meute wahrscheinlich zumindest einige Minuten lang abgelenkt sein würde.
James lächelte vor sich hin. Er vermutete, dass sie eines Tages eine furchterregende Mutter sein würde. »Ja«, sagte er. »Kurz und knapp. Ich bin es leid, nutzlos zu sein.«
»Du musst dich verloben«, meinte sie augenzwinkernd. »Das wird dich beschäftigen.«
Olivia hatte einen schnittigen Marine-Lieutenant-Kommandanten geheiratet. Es war etwas umstritten, weil der Bursche, ein Kerl namens Briggs, den James sehr mochte, schwarz war. Es galt als äußerst gewagt und modern, dass die Königsfamilie so etwas in Erwägung gezogen hatte. Iggy war völlig entsetzt gewesen. Livy hatte jedem, der ein Problem damit hatte, unmissverständlich gesagt, er sollte sich verpissen.
»Das würde ich gern«, sagte James wehmütig. Er tunkte ein Brötchen in den Rest roter Suppe. »Aber Livy … was ist, wenn …? Was ist, wenn die Person, die ich heiraten möchte, nicht die richtige ist?«
»Tu, was ich getan habe«, erwiderte sie mit einem verschmitzten Grinsen und warf den Tennisball erneut.
James schenkte ihr ein schwaches Lächeln, aber sein Herz war nicht wirklich dabei. »Findest du es schrecklich, dass ich, ehrlich gesagt, das Gefühl habe, mein Leben hätte einen größeren Wert, wenn ich mit jemandem glücklich wäre?«, fragte er und umging das Thema.
Da wurde Livy ernst. Sie hielt wieder seine Hand und läutete mit der Glocke, damit sie mit dem Hauptgericht begannen, bevor sie weiterreden konnten. James nahm schließlich einen Schluck von seinem Wein, und der erste Schluck des Alkohols beruhigte ihn ein wenig.
»Ich denke«, begann sie, sobald sie ihr Steak-Tatar hatten, »es ist ganz natürlich, dass man sich einen Gefährten suchen will. Nicht viele Menschen wissen, wie einsam dieses Leben sein kann.« Sie seufzte. »Aber das sollte dich nicht vervollständigen, Jimmy. Du solltest dich vervollständigen. Bei der Suche nach einem Ehepartner sollte es um eine Person gehen, die dich erhebt und dir hilft, die beste Version dessen zu sein, was du sein kannst.«
»Oh, du klingst so verdammt verliebt«, neckte James. Aber ihr Lachen brach die rührselige Stimmung.
»Du solltest auf mich hören«, meinte Livy und wedelte mit der Gabel. Dann schaute sie auf die ihr servierte Portion herab. »Ganz ehrlich, haben sie wieder Befehle von Mutter? Nennen sie das genug Kartoffeln?« Sie läutete noch einmal und bat sehr süß, aber bestimmt um eine weitere Portion mit Komplimenten an den Küchenchef.
James schaffte es, Bertie, den Fluchtkünstler, zu fangen, bevor er sich mit dem Personal aus dem Staub machen konnte. Als Bertie sich wieder beruhigt hatte, fühlte sich James mutig genug, die Frage zu stellen, die ihm wirklich im Hals brannte. »Was wäre, wenn …?«, fing er langsam an. Er hielt noch ein paar Sekunden inne, nahm einen Schluck Wein, aber Livy hatte ihre Augen auf ihn gerichtet. Sie waren allein. Er musste tapfer sein. »Was, wenn ich keine … Frau finde?«, fragte er. Er schwitzte verdammt noch mal. Er wusste, dass Livy mehr als jeder andere über seine sexuelle Orientierung Bescheid wusste. Aber es war eine ganz andere Sache, es laut auszusprechen. James war es allerdings leid, sich zu verstecken. Wenn er nicht mit Livy reden konnte, konnte er mit wirklich niemandem reden. »Was wäre, wenn ich einen Ehemann finden würde?«, fragte er ganz schnell.
Livy leckte sich über die Lippen und schwenkte ihren Wein mit einem Funkeln in ihren Augen. »Hast du?«, wollte sie wissen und nahm dann einen Schluck.
James schnaufte. »Nein«, gab er zu. »Aber das wird eher der Fall sein. So funktioniert meine Anziehung nun mal.«
»Also«, sagte Livy pragmatisch, offenbar nicht im Geringsten schockiert, »entweder du bemühst dich, eine wirklich außergewöhnliche junge Frau zu finden, oder du bleibst so, wie du bist; und wenn die Zeit gekommen ist, stellst du den glücklichen Herrn der Welt vor und sagst ihr, sie kann es hinnehmen oder es lassen.«
»So einfach ist das nicht«, protestierte James.
»Ach wirklich?« Ein Hauch von Farbe stieg ihr in die Wangen, aber wieder einmal waren sie gezwungen, nicht mehr zu reden, als man ihr ihre gebratenen Extrakartoffeln auftischte.
Das war das Problem mit den größeren Residenzen. So nett und professionell das Personal auch war, James hatte immer das Gefühl, beobachtet zu werden. Zumindest in den kleineren Schlössern hatte er den Eindruck, dass er die Menschen tatsächlich kannte. Er würde jedoch nie riskieren, dass diese Art von Gespräch belauscht wurde. James hatte Mitleid mit dem Personal, das immer auf Zehenspitzen um die lächerlichen Dramen seiner Familie herumschleichen musste. Normale Menschen mussten das nicht. Er und Livy mussten sich nur auf die Zunge beißen, bis sich die Türen wieder schlossen. Das bedeutete, dass sie beide mehr Wein getrunken hatten, als sie es normalerweise getan hätten.
»Glaubst du, es war einfach für Briggsy und mich?«, fragte Livy, sobald sie wieder allein waren.
»Nein«, sagte James geduldig und mit Wohlwollen. »Natürlich nicht. Aber du musst zugeben, dass es nicht ganz dasselbe ist.«
Livy öffnete ihren Mund, schloss ihn dann aber wieder, als sie darüber nachzudenken schien, was sie sagen sollte. »In Ordnung«, räumte sie ein. »Mit einem Schwarzen zusammen zu sein, ist nicht ganz dasselbe wie ein Mann, der mit einem Mann zusammen ist in der heutigen Zeit. Aber es war kein Spaziergang im Park«, fügte sie ernst hinzu und spießte eine Kartoffel auf. »Das wird es wahrscheinlich nie sein. Du weißt, was Iggy zu diesem Thema gesagt hat.«
Leider wusste James es. Iggy hatte ihrer Mutter einige ekelhafte Dinge über die Optik brauner Babys im Buckingham Palace ins Ohr geflüstert. Ausnahmsweise hatte ihre Mutter ihm nicht zugestimmt. Gott sei Dank. Weder James noch Livy hätten es ihr wohl jemals verziehen, wenn sie es getan hätte.
»Da ist auch noch die Frage der Thronfolge«, sagte James leise.
Livy hob die Augenbrauen und neigte den Kopf. »Ja«, sagte sie unverblümt. »Das hat geholfen. Ich werde nicht lügen.«
Ihre Großmutter saß derzeit als Queen auf dem Thron. Der Thronfolger war ihr Vater, der ein weiterer in der langen Reihe von Georges sein würde, der zum König gekrönt werden sollte. Alexander, der ältere Bruder von James und Livy, war der Zweite in der Thronfolge. Von den dreien hätte kein besserer ausgewählt werden können. Alexander war wirklich seiner Berufung entsprechend geboren und hatte nie mit den Erwartungen, mit denen sie lebten, so zu kämpfen wie seine jüngeren Geschwister. Alexander und seine Frau Laura hatten drei reizende Söhne, die James den sechsten Platz in der Thronfolge des Vereinigten Königreichs bescherten. Der Sechste benötigte die Erlaubnis der Krone, um zu heiraten. Obwohl sie wussten, dass Oma persönlich keine Einwände gegen Briggs gehabt hatte, hatte Livy die Entscheidung komplett aufgehoben, indem sie nach der Geburt von Alex’ Jüngstem auf den siebten Platz gerutscht war. Die Queen hatte die Entscheidung nicht öffentlich befürworten oder ablehnen müssen, sodass eine enorme Menge an Ärger vermieden worden war, die unweigerlich jede Art von Veränderung verursachte. Unter vier Augen hatte sie sich für Livy gefreut.
James war an der Reihe, Beanies Tennisball für sie und Bonney zu werfen. Blenheim kreiste immer noch um die Reste, aber zumindest versuchte Bertie nicht, durch die Tür hinauszurennen. Bouncer war mit den Beinen in der Luft eingeschlafen. James fühlte einen Ansturm der Zuneigung für sie alle. Hunde zu haben, hatte sich immer als ein so beruhigend normaler Teil ihres Lebens angefühlt.
»Jedenfalls«, sagte er und schüttelte sich sowohl physisch als auch psychisch, »ist das im Moment alles hypothetisch. Es gibt niemanden, auf den ich ein Auge geworfen habe.« Er lehnte es strikt ab, an den umwerfenden Blonden zu denken, der ihn so durcheinandergebracht hatte. »Vielleicht wird sich alles zum Besten wenden. In der Zwischenzeit hatte ich gehofft, mir ein Hobby suchen zu können. Etwas, das mich aus Schwierigkeiten raushält.«
»Um nicht mehr in Brunnen zu fallen«, sagte Livy frech.
»Das war ein einziges