Hilfsmittel, Assistive Technologien und Robotik. Barbara Klein
Fähigkeiten und Erwartungen, die häusliche Situation, das Umfeld sowie die generelle Umsetzbarkeit der Versorgung zu berücksichtigen, um Fehlversorgungen zu vermeiden. Ist die Bereitschaft oder die Fähigkeit, ein bestimmtes Hilfsmittel zu nutzen, nicht vorhanden oder sind die Voraussetzungen in der Umwelt nicht gegeben, erfüllt eine Versorgung nicht ihren Zweck« (REHADAT-Hilfsmittel, Versorgungsablauf 2018).
Verordnet werden Hilfsmittel im Sinne des SGB V, § 33 durch Haus- oder Fachärztinnen und -ärzte. Seit dem 01.10.2017 ist es im Rahmen des Entlassmanagements möglich, dass auch verantwortliche Krankenhausärztinnen und -ärzte oder Ärztinnen und Ärzte in Rehabilitationseinrichtungen Hilfsmittel verordnen können, um eine sachgerechte Anschlussversorgung zu ermöglichen (Rimbach-Schurig 2018, S. 12).
Dabei müssen folgende Fragen bedacht werden: Besteht der Bedarf nach einem Hilfsmittel, um eine Krankenbehandlung zu sichern? Kann einer drohenden Behinderung vorgebeugt oder kann diese ausgeglichen werden? Sind Gesundheit und Wohlbefinden durch Krankheit, Behinderung oder Pflegebedürftigkeit gefährdet? Gibt es Aktivitäten, die schwerfallen, nicht mehr alleine ausgeübt werden können und kann eine Pflegebedürftigkeit vermieden werden (Kamps 2015, S. 13). Hier müssen Ärztinnen und Ärzte die medizinischen Sachverhalte klären und das erforderliche Hilfsmittel verordnen – im Optimalfall in Kooperation mit therapeutischen oder Pflegefachkräften, dem Sanitätsfachhandel oder Hilfsmittelberaterinnen und -berater. Auch bei Pflegebedürftigkeit haben Krankenversicherte also einen Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln gemäß SGB V, § 33.
Die Entscheidung über den Hilfsmittelantrag muss von Seiten der Krankenkasse innerhalb einer Frist von drei Wochen getroffen werden. Muss jedoch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung miteinbezogen werden, beträgt die Frist fünf Wochen (BVMed Juli 2018).
Es ergibt sich jedoch nicht automatisch aus der Verordnung durch eine Ärztin bzw. einen Arzt ein Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel durch die Krankenkasse. Auch bei den Hilfsmitteln gilt der »Grundsatz der Leistungspflicht, dass die Versorgung wirtschaftlich, ausreichend, notwendig und zweckmäßig sein muss, vgl. § 12 SGB V. Außerdem darf es sich nicht um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handeln« (REHADAT-Hilfsmittel, Versorgungsablauf 2018). Bevor man das Hilfsmittel erhält, wird es von der Krankenkasse geprüft und gegebenenfalls genehmigt, wobei sich der Ablauf folgendermaßen gestaltet:
»Nach Auswahl und Verordnung des Hilfsmittels muss vor der Beschaffung ein Antrag mit dem Kostenvoranschlag des Leistungserbringers (z. B. Sanitätshaus) beim Leistungsträger (z. B. Krankenkasse) eingereicht werden. Damit wird das Genehmigungsverfahren eingeleitet. Allein mit einem Rezept kann das verordnete Hilfsmittel im Sanitätshaus (i. d. R.) nicht in Empfang genommen werden. Jede Versorgung mit einem Hilfsmittel ist unter Vorbehalt der Genehmigung durch den Leistungsträger zu sehen. Nach Prüfung von Antrag und Kostenvoranschlag durch den Leistungsträger [,] erhält die versicherte Person im besten Fall eine Leistungszusage.« (REHADAT-Hilfsmittel, Versorgungsablauf 2018)
Leistungserbringung
Wer kann Hilfsmittel im Rahmen der Gesetzlichen Krankenversicherung abgeben und ist damit der Leistungserbringer? Leistungserbringer können der Sanitätsfachhandel, ausgewiesene Orthopädiefachkräfte, Augenoptikerinnen und -optiker oder Hörgeräteakustikerinnen und -akustiker sein, aber auch Apotheken, Ärztinnen und Ärzte bewegen sich auf diesem Gebiet (Hohmann 2005, S. 8).
Der Anspruch auf Hilfsmittel umfasst neben der Bereitstellung des Hilfsmittels auch eine Reihe von Dienstleistungen
»wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen.« (SGB V, § 33)
Das impliziert, dass z. B. die Kosten für den Ladestrom eines Elektrorollstuhls oder die Batterien für ein Hörgerät in der Regel übernommen werden (REHADAT-Hilfsmittel, Versorgungsablauf 2018).
Grundsätzlich müssen Hilfsmittel auf die Fähigkeiten und körperlichen Eigenschaften des betroffenen Menschen eingestellt und die notwendigen Kenntnisse vermittelt werden, damit das Hilfsmittel richtig eingesetzt werden kann. Die individuelle Einstellung z. B. eines Rollators ermöglicht es, Fehlhaltungen vorzubeugen, und eine ausführliche Einweisung – am besten mit dem Üben von Alltagssituationen – vermindert Risiken in der Handhabung wie z. B. Stürze.
Was tun, wenn die Kostenübernahme des Hilfsmittels abgelehnt wird?
Trotz Verordnung kann es vorkommen, dass die Kostenübernahme eines Hilfsmittels abgelehnt wird. Das erfolgt mit einem Ablehnungsbescheid der Krankenkasse, der dazu eine Rechtsmittelbelehrung aufführt. Innerhalb von vier Wochen kann ein schriftlicher Widerspruch eingelegt werden. Für die Einhaltung der Frist reicht ein einfaches Schreiben mit dem Satz »Hiermit lege ich Widerspruch zu Ihrem Bescheid mit Datum vom xx.xx.xxxx ein.« Eine ausführliche Begründung kann später nachgereicht werden. In der Infothek von REHADAT erfährt man, welche Hilfsmittelberatungsstellen fachlichen Rat anbieten (REHADAT-Hilfsmittel, Versorgungsablauf 2018).
In jedem Fall ist es wichtig zu wissen, dass durch den Eintrag eines Hilfsmittels in das GKV-Hilfsmittelverzeichnis nicht automatisch ein Versorgungsanspruch entsteht.
»Das bedeutet für den Versicherten, dass nicht für jedes Hilfsmittel, das im Hilfsmittelverzeichnis eingetragen ist, die Kosten von der Krankenkasse übernommen werden. Umgekehrt kann eine Krankenkasse eine Ablehnung aber auch nicht nur damit begründen, dass das Hilfsmittel nicht im GKV-Hilfsmittelverzeichnis eingetragen ist.« (REHADAT-Hilfsmittel, Versorgungsablauf 2018)
Weitere Informationen zum Widerspruchs- und Klageverfahren im Sozialrecht erhält man auf dem REHADAT-Portal (REHADAT-Hilfsmittel, Widerspruchsverfahren 2018).
1 Menschen, denen von den Versorgungsämtern ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 und mehr zuerkannt wurde, gelten als schwerbehindert (Statistisches Bundesamt 2017, S. 5).
2 Oberstes Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland
3 Innerhalb des Norm-Textes wird darauf verwiesen, dass die WHO-Initiative GATE (Global Cooperation on Assistive Health Technology) darauf hinweist, dass die Definition von Hilfsmittel erweitert werden muss, um sie mehr mit der ICF in Einklang zu bringen, und dass eine positivere Terminologie eingesetzt werden sollte (DIN EN ISO 9999: 2017, S. 99).
4 Dekubitus: Wundliegen als Folge langen Liegens bei bettlägerigen Kranken
5 Tracheostoma: Zugang zur Luftröhre
6 Laryngektomie: Entfernung des Kehlkopfes
7 Stoma: operativ angelegte Körperöffnungen, bei denen die Öffnung von Dünndarm, Dickdarm oder Harnleiter in die vordere Bauchdecke eingenäht wird
8 Epithesen: individuell angefertigte Hilfsmittel zum vor allem ästhetischen Ausgleich von irreversiblen Körperdefekten
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