Pandemie. Группа авторов

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fragte Thomas. »Hast du … hast du einen Antikörper-Ausweis?«

      »Ich hatte es vor zwei Monaten. Ohne Symptome. Aber ich habe jetzt genügend Antikörper.«

      »Gut, gut. Du bist nur noch ein Jahr Youngster! Dann hast du es geschafft!«

      »Was geschafft?«

      »Du musst nicht mehr die gefährlichen Arbeiten machen, die Youngster eben machen müssen! Was machst du eigentlich gerade? Job-technisch, meine ich.«

      »Immer noch Pfleger im Krankenhaus. Ich weiß noch nicht, ob sie mich in einem Jahr gehen lassen.«

      »Was? Das müssen sie aber!«

      »Es kann sein, dass sie das Gesetz ändern. Sie haben zu wenig Personal. Und du hast sicherlich auch dort auf der anderen Seite mitbekommen, dass die Zahl der Infizierten wieder steigt.«

      Thomas nickte. Er räusperte sich. »Ich würde dich gerne umarmen!«

      »Es tut mir leid, Papa!«

      »Komm, wir machen es wie im Film!« Thomas presste die Handfläche seiner rechten Hand mit gespreizten Fingern an die Scheibe.

      Kim grinste und legte seine linke von der anderen Seite dagegen.

      »Warum können sie dich nicht rüberlassen, wenn du einen aktuellen Ausweis hast?«, sagte Thomas.

      »Du kennst die Regeln. Das Risiko ist zu groß. Erinner dich daran, was letzten Herbst in Köln passiert ist!«

      »Der Corona-Rentner, den sie ohne Quarantäne rübergelassen haben, weil er einen Ausweis hatte?«

      »Und der trotzdem Überträger war. Sie haben ein paar Hundert Leute verloren, bis sie es eingedämmt hatten!«

      »Wie geht es Lana und den Kindern?«

      »Alle gesund!«

      »Und die Kinder? Wie geht es mit der Schule?«

      »Weiterhin Split-Modus! Ich habe zuletzt einen Artikel gelesen. Da wurden die Kinder, die jetzt zur Schule gehen, ›Die verlorene Generation‹ genannt. Ich fürchte, sie bekommen einfach nicht die Bildung, die sie später brauchen.«

      »Eine Woche zu Hause, eine in der Schule!«, sagte Thomas.

      »Ja, und sie sind natürlich nie in der gleichen Woche in der Schule. Lana muss jeden Tag fahren! Den Bus haben sie bei uns eingestellt. Zu wenig Passagiere – zu teuer. Wir werden Max wahrscheinlich für eine der neuen zertifizierten Online-Schulen anmelden. Für Luna ist es noch zu früh.«

      »Sie haben noch drei Minuten! Bitte verabschieden Sie sich jetzt!«, tönte es deutlich zu laut aus den Deckenlautsprechern. Thomas verzog das Gesicht.

      »Sie haben zu wenig Plätze an der Scheibe«, sagte er. »Das liegt wohl an den geburtenstarken Jahrgängen. Bis du hier bist, wird mehr Platz sein. Mehr Zeit.«

      Kim lachte. »Papa, bis dahin haben wir das Virus besiegt!«

      Thomas nickte. »Grüß Mama von mir! Ich wünsche ihr gute Besserung! Ich warte hier auf sie – wehe sie enttäuscht mich!«

      Kim schluckte. »Mach ich!«

       11.05.2024

      »Thomas?« Martinas Stimme klang wie aus weiter Ferne, wacklig und schwach.

      »Ich bin auf FaceTime«, sagte Thomas. »Schaltest du die Kamera ein?«

      »Nein. Ich möchte jetzt nicht.«

      »Okay. Wie geht es dir?«

      »Wird schon. Ich hab Fieber. Ich fühl mich nicht so gut. Wird schon.«

      »Kümmert sich Kimmie gut um dich?«

      »Ja. Er ist ja ein Profi. Du hattest recht!«

      »Recht? Womit?«

      »Wenn du bei mir geblieben wärest, hätte es dich jetzt auch erwischt!«

      »Vielleicht – Du hättest mit mir kommen sollen!«

      »Wie geht es dir?«

      »Ich bin gesund.«

      »Das meinte ich nicht.«

      »Ich mache mir Sorgen!«

      »Ich muss jetzt schlafen.«

      »Ich liebe dich!«

      »Ich dich auch.«

       12.05.2024

      »Papa … hallo!«

      »Hallo, Kim!«, sagte Thomas und winkte in die Kamera. »Gibst du mir Mama?«

      Kim schüttelte den Kopf. »Sie haben sie heute Morgen mitgenommen.«

      »Was? Wohin?«

      »In die Uniklinik, Papa. Es ist über Nacht schlechter geworden.«

      »Was soll das heißen?«

      »Sie hat schon zu lange hohes Fieber. Das Atmen fällt ihr schwer.«

      »Wie schlimm ist es?«

      »Ich weiß nicht. Du weißt, dass man das nie sagen kann! Noch ist sie nicht an der Maschine.«

      »Kümmerst du dich um sie?«

      »Das geht nicht! Ich arbeite da nicht. Sie lassen mich nicht rein!«

      »Scheiße!«

      »Ohne mich hätte sie vielleicht gar keinen Platz bekommen. Die Zahlen steigen gerade wieder!«

      Thomas sagte nichts.

      »Ich … ich kann nicht länger bleiben. Sie verlangen, dass ich nach München zurückkomme. Jetzt, wo die Zahlen wieder steigen, brauchen sie jeden Einzelnen! Es wird zwei oder drei Wochen dauern, bis der neue Lock-down Wirkung zeigt.«

      »Scheiße!«

      »Ich kann ihr hier doch nicht helfen!«

       26.05.2024

      »Kim … hallo?«

      »Ich bin gerade nicht erreichbar. Bitte hinterlassen Sie nach dem Signalton eine Nachricht! Piep!«

      »Kim … ich … hier ist Papa … ruf mich bitte zurück!«

       27.05.2024

      »Papa? Was ist?«

      »Kim … jetzt rufst du zurück? Warum erst heute?«

      »Papa, ich hatte eine Doppelschicht. Ich bin müde. Was ist los? Wie geht es Mama?«

      »Sie hat es nicht geschafft. Sie ist gestern gestorben.«

      »Oh Gott …«

      »Ja.«

      »Hat sie gelitten?«

      »Das sagen sie nicht.«

      »Was war es?«

      »Woher soll ich das wissen? Wahrscheinlich einfach Sauerstoffmangel. Spielt jetzt keine Rolle mehr …«

      »Wird es eine Beerdigung geben?«

      »Nein. Sie sagen, wegen der steigenden Zahlen sind die wieder ausgesetzt.«

      »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

      »Ich hätte eh nicht hingehen können. Sie schicken die Urne zu mir rüber.«

      »Eine Urne? Wollte sie denn eingeäschert werden?«

      Thomas schniefte. »Ist das Einzige, was jetzt hier noch gemacht wird.«

      »Es fällt alles auseinander«, sagte Kim.

      »Was meinst du damit?«

      »Du bist auf der anderen Seite, Mama … ist tot … und die Zahlen steigen immer weiter an. Wir haben jetzt wieder mehr als zehntausend Neuinfizierte jeden Tag. Das hatten wir das letzte


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