Pandemie. Группа авторов

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»Ja«, sagte sie dann. »Ihre Herzinsuffizienz ist ebenfalls wieder aufgetreten, wie uns die Telemetrie Ihrer Med-Bots verrät.«

      Die Umstellung der Sozialversicherungssysteme war in den ersten Berufsjahren Bauzas vorgenommen worden, wie er sich erinnerte. Für alle Bürgerinnen und Bürger der Vereinigten Staaten von Europa – damals noch Europäische Union – war das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt worden, was klassische Alterssicherungssysteme obsolet gemacht hatte. Zum Ausgleich war die Gesundheitsfürsorge für Ruheständler den bisherigen Rentenversicherungen übertragen worden – aber nicht grenzenlos, sondern bis zu bestimmten Altersgrenzen.

      »Wenn Sie wissen, wie es mir geht, werden Sie mir sicherlich sagen können, was mit den MedBots nicht funktioniert!«, fuhr Anton Bauza die Frau an. Ihm war klar, dass er es nicht mit einer menschlichen Frau, sondern mit dem Avatar einer KI zu tun hatte, sodass sein Gefühlsausbruch sinnlos war, aber zu den Methoden gehörte, mit denen er seinerzeit die ihm unterstellten Mitarbeiter angetrieben hatte.

      »Wenn Sie die Nachrichten-Feeds der letzten Tagen verfolgt hätten, Herr Bauza, würden Sie wissen, dass sich auch die Vereinigten Staaten von Europa einem Angriff des hochentwickelten polymorphen Romenna-Virus – eines Computervirus, damit wir uns nicht falsch verstehen – ausgesetzt sehen«, erklärte Emma geduldig. »Nicht nur die USA, die Russische Föderation, die Zentralafrikanischen Republiken, die Südamerikanische Union, die Australische und Neuseeländische Republik, sondern auch wir. Die Regierungen vermuten das Vereinigte Groß-China als Entwickler und Verbreiter des …«

      »Aber China ist auch betroffen«, wandte Bauza ein.

      Die Frau lächelte. »Bedauerlicherweise sind inzwischen auch die Server der Deutschen Health Division infiziert, die die medizinischen Nanoroboter in den Körpern unserer Klienten steuern. Wir arbeiten an der Bekämpfung der Pandemie, können Ihnen aber zurzeit nicht helfen.«

      Anton Bauza wurde blass und schwindelig. »Diese verdammten MedBots…«, flüsterte er. Seine Eltern hatten noch Implantate erhalten, wenn das Herz schwächelte, die Knochen spröde wurden oder die Sehkraft nachließ. Aber kontinuierlich war die Versorgung auf die MedBots umgestellt worden – es war billiger, einem Menschen mehrere Tausend NanoBots zu injizieren als einen Chirurgen an ihm herumschneiden zu lassen.

      »Herr Bauza, hören Sie mich noch?«, fragte Emma besorgt.

      Er atmete tief durch. »Es geht schon wieder«, antwortete er.

      Emma nickte. »Gut«, sagte sie. »Ich muss Sie davon in Kenntnis setzen, dass Sie wegen der Fehlfunktion Ihrer MedBots für unbestimmte Zeit unter Quarantäne stehen. Sie dürfen Ihr Appartement nicht verlassen. Ihre Versorgung mit Nahrungsmitteln wird sichergestellt, diesbezügliche Wünsche dürfen Sie gerne äußern. Wir werden Sie informieren, wenn die Pandemie eingedämmt ist. Haben Sie das verstanden?«

      Anton Bauza nickte. »Ja«, presste er heraus.

      Die Frau strahlte ihn an. »Sehr schön! Abschließend darf ich Sie noch darauf aufmerksam machen, dass wir auf weitere Kommunikationsanfragen in dieser Angelegenheit nicht eingehen werden. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag!«

      Die Holografie erlosch. Anton Bauza saß konsterniert in dem Wellness-Sessel. Früher, auch das wusste er, hatte man Schmerzmittel einnehmen können, heute aber …

      Er schrak zusammen, als sich der holografische Monitor erneut aufbaute und mit einem hohen, aufdringlichen Summen auf einen Kommunikationsversuch hinwies. Sprachanruf, erschien auf dem Monitor. Und weiter: Quelle unbekannt.

      Anton Bauza runzelte die Stirn. Ein anonymer Kontaktversuch? In der Datensphäre, die vielleicht in Teilen Afrikas noch Lücken und unidentifizierbare Teilnehmer aufwies, aber doch nicht in Europa …!

      »Annehmen!«, befahl er mit rauer Stimme der Halb-KI.

      Ein junger Mann erschien auf dem Bildschirm, mit glatt rasiertem Gesicht, gekräuselten schwarzen Haaren, der hinter einem leeren Schreibtisch saß, von der Holografie rechterhand abgesehen, deren Rückseite durch ein Schachbrettmuster für den Gesprächspartner unkenntlich gemacht worden war. Im Hintergrund erkannte Bauza einen mitteleuropäischen Wald; die sonnenbeschienenen Äste und Zweige der Bäume wiegten sich sanft im Wind. Eine Holografie, natürlich.

      »Hallo!«, begann der junge Mann das Gespräch. Bauza schätzte ihn auf Ende zwanzig. »Ich bin Randy. Und ich bin kein Avatar, sondern ein echter Mensch! Bitte sehen Sie es mir nach, dass ich Ihr Gespräch mit der Deutschen Health Division belauscht habe. Aber ich glaube, dass ich Ihnen helfen kann.«

      Randy lächelte erwartungsvoll.

      Anton Bauza lachte spöttisch. »Sie wollen das Gespräch verfolgt haben …? Wie denn, ohne dass es der Gesundheitsdienst bemerkt hat?«, fragte er.

      Randy winkte ab. »Wissen Sie, Herr Bauza, die Kommunikationskanäle der Deutschen Health Division sind in der derzeitigen Situation sehr, sehr offen. Auf jeden Fall für diejenigen, die das erforderliche Know-how besitzen, um sie anzapfen zu können. Und weil wir uns dabei passiv verhalten, nicht in die Server der Deutschen Health Division einzudringen versuchen, ist es fast nicht möglich, auf uns aufmerksam zu werden.«

      Bauza zuckte mit den Schultern. Die Unterhaltung amüsierte ihn. Welcher Spinner sich hier wohl in die Datensphäre eingeklinkt hatte? »Schön, schön«, antwortete er. »Und welches Angebot können Sie mir machen?«

      »Wir können Ihre MedBots wieder in Betrieb nehmen, Herr Bauza!«, sagte Randy.

      Bauza spürte, wie ihn die Wut zu übermannen drohte. »Treiben Sie keine Scherze mit mir«, rief er aus.

      »Nichts liegt uns ferner«, antwortete Randy und schüttelte den Kopf. »Gerne will ich Ihnen demonstrieren, dass wir über die Möglichkeiten verfügen, um unser Versprechen zu halten.« Randy berührte ein paar Punkte auf der Schreibtischoberfläche vor ihm. »Wie finden Sie das, Herr Bauza?«

      Anton Bauza spürte, wie der dumpfe Schmerz in seiner rechten Hüfte nachließ. Der Grauschleier vor seinen Augen verschwand.

      »Und Ihr Pankreas-Karzinom können wir auch in Schach halten«, fügte Randy hinzu,

      »Einen Moment«, sagte Bauza. Nach ein paar Sekunden fuhr er fort: »Dem Gesundheitsdienst muss doch auffallen, dass meine MedBots wieder funktionieren. Immerhin ist die Datenübermittlung noch intakt und …«

      »Vergessen Sie das«, unterbrach ihn Randy. »Die Deutsche Health Division fährt sämtliche Server herunter, um die weitere Ausbreitung des Romenna-Virus zu verhindern. Es besteht also keine Gefahr, dass …«

      »Sind Sie dafür verantwortlich?«, fragte Bauza mit schneidender Stimme. »Für das Virus, meine ich.«

      »Nein, und nochmals: nein«, antwortete Randy. »Wir wissen auch nicht, aus welchem Software-Labor das Virus freigesetzt wurde. Oder ob es sich um die mutierte, gefährlichere Version eines früheren Virus handelt. Wir wollen nur helfen.«

      »Nicht ohne Gegenleistung, nehme ich an«, sagte Bauza.

      Randy breitete die Hände aus. »So ist das nun einmal im Geschäftsleben … Ich glaube, wir sind fair. Wir wünschen, dass Sie zwei Monate Ihrer zusätzlichen medizinischen Versorgung auf eine unserer Angestellten übertragen, die den Anspruch ihrerseits weiterverkaufen wird, versteht sich.«

      Anton Bauza war überrascht. Nicht darüber, dass eine Forderung nach Verrechnungseinheiten ausgeblieben war – seit dem Beginn seines Ruhestandes verfügte er über keine nennenswerten finanziellen Reserven mehr –, sondern, weil nur zwei Monate seines Zusatzanspruchs verlangt wurden.

      »Ich bin einverstanden«, beeilte er sich zu sagen. »Ihr Angebot ist sehr kulant.«

      Randy zuckte mit den Schultern. »Wissen Sie, wir machen solche Angebote in dieser dramatischen Zeit sehr vielen Menschen, die in einer ähnlichen Lage sind wie Sie«, erklärte er. »Glauben Sie mir, da kommt einiges zusammen … Wir müssen noch die Formalitäten erledigen. Bitten signieren Sie die Übertragungserklärung mit Ihrem Identifikationscode und setzen Sie Ihren Daumenabdruck darauf.«

      Die


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