Der Virus-Code. J. Zgb.

Der Virus-Code - J. Zgb.


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kann er ihre Freude erschnaufeln. Er isst kein Fleisch, weil er es sich überhaupt nicht vorstellen kann, in eines dieser Geschöpfe hineinzubeißen. Seine Schwester lacht ihn dann immer aus und nennt ihn manchmal einen Kaninchenfutterdieb, weil er am liebsten Salat mag.

      Er spürt es nicht, dass Tränen an seinen Wangen hinunterfließen. Erst als die kleine Blumenelfe mit ihren zarten Fingern eine Träne von seiner Wange pflückt, wird ihm bewusst, dass er weint. Etwas verlegen wischt er sich mit dem Jackenärmel über sein Gesicht und senkt den Kopf. Mo legt seine lange schlanke Pfote auf seinen Schuh und schaut zu ihm hinauf.

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      „Ich weiß“, murmelt Benni nach unten, an Mo gerichtet, „ich soll keine Heulsuse sein!“

      „Das sind Perlen deiner reinen Kinderseele“, spricht ihn eine schimmernde Lichtalbe an, „die sind sehr kostbar und sie heilen schon eine unserer Wunden, denn du weinst sie wegen der Bosheit der Menschenmenschen.“

      Eine Gestalt kommt auf ihn zu, die von so einem hellen Licht umgeben ist, dass Benni die Augen schließen muss. Dann spürt er, wie ihm etwas in die Hände gelegt wird, das sich wie Blätter anfühlt.

      „Leg die Blütenblätter auf deine Augen“, spricht ihn eine sanfte, klare Stimme an, „dann kannst du mich anschauen, ohne dass du geblendet wirst.“

      Benni blinzelt nach unten in seine Hand und sieht, dass zwei zartgelbe Rosenblätter darin liegen. Vorsichtig nimmt er sie zwischen Daumen und Zeigefinger und legt sie sich auf die Augen. Jetzt kann er tatsächlich die Augen öffnen und die Gestalt anschauen. Sie sieht ein bisschen aus, wie er sich immer einen Engel vorgestellt hat, und noch bevor er fragen kann, sagt das Lichtwesen: „Ich bin ein Deva, ein überirdisches Wesen, und ich bin es, der dich hierhergeführt hat. Du sollst erfahren, wie es um eure Erde steht und dass wir keine andere Möglichkeit sehen, als einzugreifen. Die Wesenheiten von Terra, der Muttererde, sind krank, und alle ihre Kinder, Geschwister und Freunde leiden darunter!“

      Benni schüttelt traurig den Kopf und sagt: „Aber wie soll ich euch denn helfen? Auf mich hört doch gar keiner! Die Menschenmenschen verstehen mich doch überhaupt nicht!“

      „Lass das unsere Sorge sein“, antwortet der Deva, „du verstehst uns und kannst mit uns in Kontakt treten, und das allein ist entscheidend.“

      Die Undergrounder werden unruhig und auch die Natminders fangen an zu rebellieren.

      „Lasst uns jetzt endlich unsere Besprechung eröffnen“, ergreift da die Natminder-Prinzessin das Wort, „denn wir wissen ja nun, dass dieser Junge zu uns gehört!“

      Der Globant tritt vor, hebt seinen Eisenstab und will gerade damit auf die Erde klopfen, da sausen oben vom Abendhimmel unzählige Sterne und Sternschnuppen herunter. Es quietscht leicht in der Luft, als würde jemand mit dem Auto eine Vollbremsung hinlegen.

      „Puh, das war knapp!“, keucht eines der Sternenwesen, und die Zacken rotieren immer noch um seinen Kopf. „Fast wären wir vorbeigesaust. Diese dämlichen Satelliten und Raumstationen der Menschenmenschen versauen einem doch schier die ganze Flugbahn“, motzt der Sternentyp und rückt sich die Zacken seiner Sternenkrone wieder gerade. Seine Sternengesellschaft verneigt sich kurz vor Muttererde Terra, dann stellen sich alle oben – mit etwas Abstand zu den anderen – an den Rand der Wiese.

      „Dann lasst uns jetzt beginnen“, gibt Muttererde Terra das Zeichen zum Start für die Besprechung.

      Die Versammlung hat sich in einem großen Halbkreis um den Thron von Muttererde Terra aufgestellt, und Benni sitzt in seinem Korbsessel dicht neben ihr. Mo liegt mit der typischen Gelassenheit eines Deerhounds quer vor seinen Füßen. Hinter dem Thron von Muttererde Terra stehen zwölf Devas. Jeder von ihnen hält ein Buch in den Händen.

      Der Globant tritt in die Mitte, stellt sich, den Rücken Muttererde Terra zugewandt, breitbeinig auf und schlägt seinen Eisenstab dreimal auf einen Stein, sodass es scheppert, als würde jemand einen verstimmten Gong ertönen lassen. „Der erste Ankläger erscheine!“, ruft er.

      Ein Upgrounder tritt aus seiner Gruppe hervor, aber im selben Augenblick stellt sich ein Undergrounder neben ihn und schubst ihn zur Seite. „Mir gehört das Erstanhörungsrecht!“, knurrt er den Upgrounder an. „Schließlich haben wir veranlasst, dass diese Versammlung überhaupt zustandekommt!“ Er will gerade seine Anklagerolle ausrollen, da schreit ihn der Upgrounder an, es ginge doch wirklich nicht, dass die Unterweltler das Sprachrecht vor den Oberweltlern erhielten!

      Benni dreht sich um und schaut auf die Reihe der Devas, die hinter Muttererde Terra stehen. Der größte der Devas lächelt etwas verlegen, dann ermahnt er jedoch den Undergrounder, sich wieder in seine Gruppe zurückzubegeben, denn die Reihenfolge sei von ihnen, den Devas, bestimmt worden und er solle einfach warten, bis er dran sei. Der Undergrounder brummt etwas vor sich hin und tritt schmollend zurück in seine Gruppe.

      Der Ankläger

      Der große Deva winkt dem Globanten zu und dieser verkündet: „Es treten der Reihe nach folgende Parteien auf und schicken ihren jeweiligen Abgesandten zur Verlesung der Anklageschrift:

      Erstens: die Upgrounder, vertreten durch die hier anwesenden Natminders, Feen und Kobolde,

      zweitens: die Globanten, vertreten durch die hier anwesenden Undergrounder, Undinen und Oilanten, und

      drittens: die Universianer, vertreten durch die hier anwesenden Gasanos, Sylphen und Lichtalben.“

      Nun endlich rollt der Upgrounder seine Papierrolle auseinander und eröffnet die Klagerede.

      „Also, … äh, hm, hochverehrte Muttererde Terra, ihr heiligen Devas“, fängt er etwas holprig zu sprechen an, „wir sind nun heute hier zu dieser Besprechung zusammengekommen, um den Allgemeinzustand unseres geliebten Planeten Erde zu besprechen und die tragische Entwicklung aufzuzeigen, die die Menschenmenschen vorgenommen haben, bei der sie das blaue Juwel des Weltalls zu zerstören drohen.“ Er macht eine Pause und schaut etwas unsicher zu Muttererde Terra, diese nickt ihm aufmunternd zu und so fährt er fort: „Aus allen Ebenen des Seins sind wir erschienen, um unsere Klagen vorzutragen und um eine Lösung zu erbitten. Ich …“ Er rollt das ellenlange Papier ein bisschen umständlich weiter auf, und fast wäre es ihm runtergefallen, hätte der Globant nicht geistesgegenwärtig und schnell seinen Eisenstab unter die Papierrolle geschoben. „Ich als Vertreter der Upgrounder“, fährt er fort, „habe die Natminders, Feen und Kobolde mitgebracht. Wir werden die sehr besorgniserregenden Zustände auf der Erdoberfläche schildern.“ Er verneigt sich leicht, legt das entrollte Papier auf die Wiese und stellt sich daneben. Dann winkt er in die Richtung seiner Gruppe und alsbald treten zwei Natminders, zwei Feen und zwei Kobolde an seine Seite.

      Nun ist der Undergrounder endlich dran und mit einem gewaltigen Schwung entrollt er sein Papier, wirft es auf die Erde und beginnt mit lauter Stimme vorzulesen: „Wir, die Globanten“, er nickt kurz dem protokollführenden Globanten zu, „die Undergrounder, Oilanten und Singsang säuselnden Undinen“, er schaut von seiner Schrift auf und wirft einen etwas missbilligenden Blick auf die Runde der zarten, blauschimmernden Meerjungfrauen, spricht jedoch gleich weiter, „wir sind ebenfalls hier, um den Missbrauch der Menschen an unseren Reichen anzuzeigen!“ Er macht einen ehrerbietigen Diener vor Muttererde Terra, positioniert sich hinter seine Anklageschrift und fordert je zwei seiner Mitkläger auf, sich zu ihm zu gesellen.

      Als Letztes bewegt sich ein Universianer auf seinen sechs Zackenbeinen in die Mitte, indem er von einer Spitze auf die andere rollt, was Benni lustig findet und ihm einen Juhu-Ruf entlockt. Der Universianer dreht Benni sein Sternengesicht zu und strahlt ihn an, doch sogleich wendet er sich wieder an Muttererde Terra und wirft eine Handvoll Sternenstaub auf das Gras. Das Sternengeflimmer verbindet sich zu einem leuchtenden Teppich, auf dem ein längerer Schriftzug erscheint. Der Universianer beugt sich etwas nach vorn und spricht mit heller, klarer Stimme: „Ich bin hier, mit den Gasanos, Sylphen und Lichtalben, auch wir haben einiges zu beklagen und sehen uns ebenfalls veranlasst, eine Änderung zu bewirken!“ Genau wie die anderen


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