Der Virus-Code. J. Zgb.

Der Virus-Code - J. Zgb.


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ist es unser Reich und nur wir haben das Recht, Licht und Strahlen weiterzuleiten!“

      Er sieht trotzig in die Runde und putzt sich ausgiebig seine Zackenhände, als wolle er sich die Fingernägel lackieren. Dann sieht er die Gasanos an und fährt etwas langsamer fort: „Folgendes ist aus dem Reich der Gasanos zu beklagen: Die Luftschichten der Erde verändern sich zunehmend und dramatisch, weil die Gasanos die Orientierung durch den ganzen Schmutz, den die Menschenmenschen in die Luftschichten schicken, verlieren. Die Sylphen bemühen sich zwar, mit Stürmen und Orkanen die Atmung der Erde zu reinigen, aber sie schaffen es bald nicht mehr. Wenn nun also die Sylphen die Atmung der Erde nicht heilen können, wird sie immer mehr verschmutzen. Dadurch können die Lichtalben ihre Lichtteilchen nicht mehr durch den Äther tragen, die Erde wird zunehmend finster und dunkel – und alles wird absterben, denn Licht bedeutet Leben! Soweit nun mein Bericht.“

      Stellarus putzt wieder über seine Zacken, dann meint er lakonisch: „Es müsste mich ja nicht wirklich interessieren, denn meine Heimat ist die Weite des Universums, aber wer weiß“, und nun ist er mit einem Mal sehr ernst, „wenn die Erde so schwer erkrankt, ob das dann nicht auch Folgen für uns alle hat, weil einfach alles aus dem Gleichgewicht geraten ist – und die Schöpfung ist doch der vollkommene Gleichklang aller Dinge!“

      Die Gasanos summen: „Verschmutzen die Schichten, verkehren die Kräfte – verkehren die Kräfte, verlieren die Bahnen!“

      Die Sylphen wehen hin und her und singen heulend: „Verstummen die Winde, ersticken die Wasser – ersticken die Wasser, verderben die Wesen!“

      Die Lichtalben schmiegen sich aneinander und schluchzen: „Verlieren wir Licht, verdunkelt die Erde – verdunkelt die Erde, erlischt alles Leuchten – ohne Leuchten keine Hoffnung, ohne Hoffnung kein Leben!“

      Nach diesen Worten erfasst Muttererde Terra ein heftiger Hustenanfall, sie beugt sich weit vor, ringt um Luft und die Devas streichen ihr beruhigend über den Rücken. Sie röchelt immer noch, ringt nach Atem, windet sich, hustet wieder, und erst die kleine Elfe kann sie mit einem Strauß frischer Eukalyptusblätter beruhigen. Es dauert eine ganze Weile, bis Muttererde Terra wieder einigermaßen bei Kräften ist und sprechen kann. Ihre ganze Gestalt sieht jetzt wirklich krank und geschwächt aus, ihre Gesichtsfarbe ist blass und ihre Augen sind glasig und fahl, Schweißperlen rinnen in Bächen von ihrer Stirn und ihre Arme liegen schwach und leblos auf ihrem Schoß.

      Die Besprechung

      „Was also schlagt ihr vor?“, fragt sie, nachdem sie sich wieder gefasst und etwas erholt hat.

      Da bricht ein Stimmengewirr los, der Upgrounder ruft: „Lasst uns Orkane, Tornados und Sturmfluten schicken, damit können wir alles reinigen, und die Menschenmenschen müssen sich verkriechen!“

      Der Undergrounder brüllt, und seine Schreie erzeugen sonderbare Echos: „Wir lassen die Erde beben, Erde beben, die Vulkane, Vulkane rauchen, und glühende Lava, Lava ausspucken. Das Meer, Meer soll sich zu meterhohen Riesenwellen auftürmen, das Land, Land überfluten und alles mitreißen, mitreißen, was sich ihm in den Weg stellt, Weg stellt! Wir wollen die Menschenmenschen das Fürchten lehren, so wie es früher einmal war, und sie sollen uns wieder Respekt, Respekt entgegenbringen!“

      Muttererde Terra schaut von einem zum anderen, nickt ab und zu, dann schüttelt sie wieder den Kopf. Das alles scheint ihr nicht wirklich zu gefallen.

      Stellarus, der Sprecher der Universianer, hat als Einziger bisher nichts gesagt. Er lehnt, die beiden unteren Zacken überkreuzt, an dem Baum, der am Hang auf der Wiese steht, hört sich das ganze Gezeter an und poliert seine mittleren Zacken. „Das habt ihr doch alles schon gemacht!“, säuselt er, und Benni kann ganz deutlich erschnaufeln, dass der Typ etwas Ungeheueres im Schilde führt.

      Stellarus schubst sich vom Baumstamm ab und kommt ganz langsam, Zacke für Zacke, wieder nach vorn.

      „Also, wenn ich mir das alles so anhöre“, spricht er weiter, „dann sollten wir Universianer da wieder einmal einschreiten. Wir werden ganz einfach einen Megameteoriten herunterschicken, ihn auf den richtigen Punkt schießen und dann fliegt alles so richtig schön in die Luft! Die Gasanos können nach Herzenslust Schwefelsäurewolken schieben, die Sylphen haben einmal Urlaub, denn Luft gibt es erstmal keine mehr, und die Lichtalben dürfen auf Blitzen Feuerfunken durch die Gegend schleudern!“ Stellarus lacht und seine Lache ist grell und hässlich.

      Muttererde Terra legt ihre sechs Hände auf den Bauch und windet sich. „Nein, Nein“, ihr Gesicht ist schmerzverzerrt, „nein, das werde ich nicht zulassen!“, stöhnt sie und wendet sich hilfesuchend an die hinter ihr stehenden Devas. Der größte der Devas lässt seinen Blick über die Runde der anwesenden Kläger gleiten und jeder, den er anschaut, tritt ein paar Schritte zurück und schüttelt den Kopf. Die meisten halten sich die Hände vor den Mund und schauen ihn mit weit aufgerissenen Augen an. „Solch eine Zerstörung, solch eine Zerstörung“, murmeln sie und Benni erschnaufelt ihre große Angst. Er richtet sich von seinem Sessel auf, macht einen Schritt auf Muttererde Terra zu, umgreift ihr Knie. „Nicht alles totmachen“, schluchzt er, „nicht all die unschuldigen Tiere, all die prächtigen Bäume, all die wunderschönen Blumen kaputtmachen, bitte, bitte nicht!“

      Er weint und drückt sein Gesicht in den Schoß von Muttererde Terra, seine Tränen durchnässen ihr buntes Blumengewand und durch seine Tränen erstrahlt Muttererde Terra zu neuer, großer Schönheit. Sie umfasst den Jungen, hebt ihn hoch und stellt ihn auf ihre gewaltigen Oberschenkel. Nun schauen sie sich direkt in die Augen und Benni kann sich im Spiegel ihrer Pupillen sehen. Er spürt eine tiefe Freude, Wärme und Geborgenheit und gibt ihr einen Kuss auf die Wange. Erschrocken beugt er sich zurück, denn so etwas hat er noch nie in seinem ganzen Leben getan!

      „Du bist unsere Rettung!“, sagt Muttererde Terra und stellt ihn behutsam auf den Erdboden zurück. „Du bist ein Menschenkind, und es sind die Menschenkinder, die uns retten können … und werden!“

      Benni wiegt seinen Kopf hin und her. Menschenkinder, Menschenkinder, Menschenkinder, hallt es in seinem Kopf, und er weiß nicht so richtig, wer oder was damit gemeint ist. Er kennt nur die Menschenmenschen, also all diejenigen, die sich in der Welt viel besser zurechtfinden als er, und ausgerechnet er sollte da helfen können?

      Die Beobachterin

      Bennis Augen wandern über die Gruppen der Upgrounder, Natminders, Feen und Kobolde, er sieht hinüber zu den urigen Globanten, Undergroundern, Undinen und Oilanten und alle nicken sie ihm zu.

      Auch die Sylphen, Gasanos und Lichtalben lächeln ihn freundlich an, nur die Universianer, ganz besonders jedoch ihr Anführer, wenden sich ab und alle schauen den Abhang hinauf. Benni folgt ihrem Blick.

Image

      Oben, am Rand der Wiese, steht eine leuchtende Gestalt und sie ist so strahlend und schön, dass sich Benni über die Augen streichen muss, erst dann kann er sie genau erkennen. Es ist eine junge Frau, ganz in funkelndem Silber gekleidet, ihre Arme und Beine leuchten schneeweiß, wie frisch gefallener Schnee in der Mittagssonne, und ihre Haare fallen in silber- und goldstrahlenden ellenlangen Locken über ihre Schultern.

      Sie zieht ihn magisch an, er steht auf, und als er auf sie zugeht, hat er das Gefühl, als würde er schweben.

      „Komm“, flüstert sie, „komm, Menschenkind!“

      „Theia, liebste Schwester“, dringt da die Stimme von Muttererde Terra zu Benni vor, und als würde er aus einem Traum erwachen, dreht er sich um.

      Schwester? Die sehen sich aber überhaupt nicht ähnlich, denkt Benni und wendet seinen Kopf hin und her, von Muttererde Terra zu Theia und wieder zurück. Da fasst Theia Benni an der Hand und schreitet mit ihm zusammen den Abhang hinunter. Sie stellt sich in einigem Abstand zu Muttererde Terra hin und lässt schließlich Bennis Hand los.

      Benni hebt die Nase und schnaufelt. Das ist ein sonderbares Gefühl, was er so noch


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