Stille Wasser sind auch nass. Mila Roth

Stille Wasser sind auch nass - Mila Roth


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Neugierig hob Janna den Kopf. Der Aufzug erreichte gerade das zweite oberirdische Geschoss, in dem sich ihr neues Büro befand. Hintereinander traten sie auf den Gang hinaus. »Etwa die Celine, die dir damals wegen ihres Skilehrers den Laufpass gegeben hat?«

      Etwas an ihrem Tonfall gab ihm das Gefühl, sich albern zu benehmen. Es wäre besser gewesen, nicht davon anzufangen. »War wohl nur ein Strohfeuer.«

      »Und jetzt ist sie wieder zu dir zurückgekehrt.«

      »Wir sind nicht fest zusammen oder so was.« Verärgert schob er seine Hände in die Taschen seiner grauen Anzughose. »Wir gehen nur hin und wieder mal aus ... und so.«

      »Und so.« Jannas Miene war zu entnehmen, dass sie genau wusste, was er meinte. »Du musst sie ja sehr gern haben, wenn du ihr den Skilehrer verziehen hast.«

      Innerlich wand Markus sich, doch er ließ sich nichts anmerken. »Sie ist ja nicht fremdgegangen oder so, sondern hat Schluss gemacht, bevor sie ...« Er runzelte die Stirn. »Warum reden wir über mein Privatleben?«

      »Entschuldige.« Janna lächelte ihm zu. »Ich wollte dir nicht zu nahetreten. Kino könnt ihr ja zum Glück leicht verschieben, oder?«

      »Vermutlich.« Er hob die Schultern, weil er nicht sicher war, ob er überhaupt noch Lust hatte, sich mit Celine zu treffen. Diese Unentschlossenheit, was Dates mit Frauen anging, nervte ihn jetzt schon seit Wochen, wenn nicht Monaten. Vielleicht lag es daran, dass Alexa ihm immer noch zusetzte. Zwar hatte er ihr schon mehrfach klipp und klar gesagt, dass er kein Interesse daran hatte, die Affäre von vor drei Jahren zu wiederholen, doch leider war Alexa in dieser Hinsicht überaus hartnäckig und ließ sich so leicht nicht abwimmeln. Da war es wohl nur natürlich, dass er anderen Frauen gegenüber derzeit zurückhaltend blieb. Er hatte einfach keine Lust auf solche Komplikationen.

      Inzwischen hatten sie das Büro erreicht. Markus warf den Schnellhefter auf seinen Schreibtisch, der dem von Janna direkt gegenüberstand, und ließ sich auf seinen Bürostuhl fallen. Während er seinen Computer einschaltete und seine E-Mails abrief, sah er Janna dabei zu, wie sie die silberne Gießkanne vom Regal neben der Tür nahm und hinaus ins Bad eilte. Nur wenig später kam sie wieder herein und begann, die Grünpflanzen auf der Fensterbank und auf den Ecken der Regale zu gießen. Sie hatte nichts mehr weiter gesagt, sodass er sich allmählich wieder entspannte. »Die Zwillinge sind also im Pfadfinder-Camp?«

      »Ja, seit gestern. Hatte ich dir das nicht erzählt? Sonst bin ich ja immer als Betreuerin mitgefahren, aber mit der neuen Stelle hier geht das ja leider jetzt nicht mehr so einfach. Da muss ich bei privaten Aktivitäten halt mal zurückstecken.« Sie stellte die Gießkanne an ihren Platz zurück und setzte sich ebenfalls an ihren Schreibtisch.

      »Also bereust du es schon, dass du den Job hier angenommen hast?« Er meinte es scherzhaft, doch Janna hob sichtlich irritiert den Kopf.

      »Nein, überhaupt nicht. Ich meine, klar, jetzt habe ich weniger Zeit für die Kinder, aber sie kommen ja auch schon in die vierte Klasse. Da ist es wohl okay, wenn ich wieder ein bisschen mehr an mich denke und einen neuen Job annehme. Ab und zu kann ich bestimmt trotzdem noch Ausflüge betreuen oder ein Schulprojekt oder so. Und meine Eltern sind ja auch noch da. Ich will sie zwar nicht allzu sehr mit den Kindern belasten, aber sie wollen halt auch nicht, dass ich wegen der Kinder alles aufgebe, was ich mir früher mal für meine Zukunft vorgenommen hatte. Versteh mich nicht falsch, die Kinder habe ich nach dem Tod meiner Cousine gerne in Pflege genommen. Etwas anderes wäre gar nicht infrage gekommen. Wenn mein Vater bei dem Unfall damals nicht so schwer verletzt worden wäre, hätten meine Eltern sich um die Kinder gekümmert, aber so ... Ich nehme an, es sollte einfach so sein. Und inzwischen kann ich mir ein Leben ohne die beiden Rabauken gar nicht mehr vorstellen. Na ja, und jetzt habe ich ja auch den Job hier ... Damit hätte ich ja auch niemals gerechnet, aber so spielt das Schicksal nun mal und ich ...« Sie seufzte. »Mist, ich tue es schon wieder. Entschuldige.«

      »Kein Problem.« Er scrollte durch seine neuesten E-Mails, beschloss, dass keine davon so wichtig war, dass er sie heute noch beantworten musste, und schaltete den Computer wieder aus. »Ich mache mich jetzt vom Acker. Hab noch was vor.«

      »Abendessen mit Celine?« Janna hob grinsend den Kopf.

      »Nein, Skat mit Michael und Brian im HellHole.« Schon beim Gedanken an den urigen Irish Pub in der Bonner Altstadt begann sein Magen zu knurren. »Außerdem muss ich meinen neuen Dienstwagen noch Probe fahren.«

      Janna lächelte erfreut. »Du hast endlich ein neues Auto?«

      »Mhm.« Er war bereits an der Tür. »Irgendwie.«

      »Was denn für eins?« Janna erhob sich rasch und griff nach der dünnen cremeweißen Sommerjacke, die über der Rückenlehne ihres Bürostuhls hing. »Weißt du was, ich bin hier sowieso fertig. Dann kannst du mir das Auto auch gleich mal zeigen.«

      »Mhm«, wiederholte er und verzog unwillkürlich die Lippen. »Wenn es sein muss.«

      »Klar muss das sein.« Fragend sah sie ihn von der Seite an, während sie die Stufen ins Erdgeschoss hinabgingen. »Nun sag schon, was für ein Auto ist es? Wieder ein Sportwagen?«

      »Nein.«

      »Okay. Dann ein schicker Stadtflitzer? – Auch nicht?« Etwas atemlos hastete sie hinter ihm her und prallte beinahe gegen ihn, als er im Foyer an dem großen ovalen Tresen stehen blieb, an dem heute Sylvia Birkner, eine blonde Mittvierzigerin mit schicker Brille, ihren Dienst tat. »Huch!« Janna wich ihm ein wenig aus und nahm gleichzeitig den mit einem Clip an ihrer Bluse befestigten Dienstausweis ab. »Nun sag schon! Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen! So schlimm kann das Auto ja wohl nicht sein.«

      »Von schlimm war nicht die Rede.« Auch er nahm sein Namensschild ab und reichte es der Empfangsdame.

      »Sondern?« Janna lächelte Sylvia Birkner freundlich zu. »Auf Wiedersehen, Frau Birkner. Bis morgen.«

      »Auf Wiedersehen, Frau Berg. Und einen schönen Feierabend!«, antwortete sie ebenso freundlich.

      Markus grinste nur schief und ging zum Aufzug, der sich rechts vom Empfangstresen in einer Nische unter dem Treppenaufgang befand. »Sagen wir mal so, der Wagen ist nicht ganz mein Stil. Aber einem geschenkten Gaul ...« Er hob die Schultern.

      »Jetzt bin ich wirklich neugierig.« Amüsiert lächelnd betrat Janna vor ihm den Aufzug und drückte den Knopf für die Tiefgarage. »Du siehst aus wie ein kleiner Junge, dem man den Lutscher weggenommen hat.«

      »Was?« Empört starrte er sie an. »Ich bin kein kleiner Junge.«

      Ihr Grinsen verbreiterte sich. »Zweifellos.«

      »Und ich benehme mich auch nicht kindisch.«

      »Das habe ich ja auch nicht behauptet.« Als der Aufzug anhielt und die Türen sich öffneten, trat sie rasch nach draußen und sah sich suchend in der Tiefgarage um. Als ihr Blick auf den Parkplatz fiel, auf dem Markus immer seinen Z3 abgestellt hatte, stieß sie einen Pfiff aus. »Wow. Das ist jetzt deiner?« Ohne auf seine Antwort zu warten, steuerte sie auf den dunkelsilbernen BMW X3 zu. »Cool.«

      »Cool?« Er folgte ihr und blieb neben ihr stehen.

      »Entschuldige.« Sie sah ihn neugierig von der Seite an. »Nicht cool? Das ist ein X3, mit ...« Sie blickte durch die Seitenscheibe ins Innere des Wagens. »Mit fast Vollausstattung. Nur keine Vollledersitze, aber das ist eh viel besser. Leder ist im Winter eklig kalt und im Sommer klebt man dauernd daran fest. Teilleder sieht edel aus und ist zehnmal praktischer.«

      »Wenn du es sagst.« Seufzend zog er die beiden aneinandergeklippten Wagenschlüssel aus der Hosentasche und betätigte an einem davon die Fernbedienung zum Öffnen der Türen.

      Janna umrundete den Wagen und setzte sich, ohne auf eine Aufforderung zu warten, auf den Beifahrersitz. Aufmerksam betrachtete sie das Armaturenbrett und fuhr mit der Spitze ihres Zeigefingers sachte am Rand des Bildschirms in der Mittelkonsole entlang. »Alles auf dem neuesten technischen Stand.« Als er sich hinters Steuer klemmte, sah sie ihn an. »Warum bist du so verschnupft? Das ist doch ein tolles Auto.« Sie zögerte. »Ein bisschen


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