Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Staffel 9 – Heimatroman - Toni Waidacher


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wäre, würde Nicole dann net genauso denken, wie Sie es jetzt tun? Und wenn sie diesen Mann genauso geliebt hat, wie Sie Marion, dann müssen Sie verstehn, daß das arme Madel jetzt völlig durcheinander sein muß. Wahrscheinlich konnte sie sich gar net gegen den Kuß wehren, der sie letzten Endes veranlaßt hat, Hals über Kopf davonzulaufen.«

      Florian Mooser nickte nachdenklich. Natürlich, wenn er sich in Nicoles Situation versetzte, hatte Pfarrer Trenker sicher recht. Aber gerade weil er vermutete, daß sie über die Liebe zu dem anderen Mann immer noch nicht hinweg war, mußte er, Florian, doch annehmen, daß sie sich diesem Wolfgang wieder zugewandt hatte.

      »Ich glaub’, das sehn S’ falsch«, meinte der Bergpfarrer. »Es ist nur natürlich, daß Nicole jetzt verwirrt ist, aber ich bin überzeugt, daß sie sich innerlich schon von dem Mann getrennt hatte, sonst wär’ sie Ihnen net so nahe gekommen.

      Ich hab’ Sie beide während unsrer Tour beobachtet und natürlich bemerkt, daß Sie Nicole ganz besonders wohlgesonnen waren. Aber das beruhte auf Gegenseitigkeit. Nicole liebt Sie ebenso, wie Sie sie lieben, und darum kann ich Ihnen nur raten, sich net zurückzuziehen. Reden S’ mit ihr, sprechen S’ sich aus und geben S’ net auf um sie zu kämpfen.

      Das heißt natürlich net, daß Sie diesen Wolfgang verprügeln sollen, Gewalt ist immer ein schlechtes Argument. Zeigen S’ der Nicole, daß Sie der bessere Partner sind, daß Ihre Gefühle für sie echt und tief sind. Keine Frau ist dafür taub. Sie wird erkennen, daß Sie es ehrlich mit ihr meinen.«

      Florian holte tief Luft.

      In seinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander. Er fochte einen Kampf mit sich selbst aus.

      Sollte er den Ratschlägen Pfarrer Trenkers folgen? Oder machte er sich am Ende zum Narren?

      »Wie auch immer ich mich entscheiden werde«, sagte er und stand auf, »ich danke Ihnen jedenfalls, daß Sie mir zugehört haben.«

      »Das hab’ ich gern getan«, antwortete Sebastian. »Und wenn S’ weiter Rat oder Hilfe brauchen, dann können S’ jederzeit zu mir kommen.«

      Er begleitete Florian zur Kirchentür.

      »Schlafen S’ erst einmal, bevor Sie sich entscheiden, ob Sie meinen Rat befolgen und für Ihre Liebe kämpfen«, sagte er zum Abschied.

      »Wenn ich’s denn kann«, entgegnete der Student und hob grüßend die Hand.

      Der gute Hirte von St. Johann sah ihm hinterher, wie er den Weg zur Straße hinunterging.

      Sebastian war überzeugt davon, in dieser Angelegenheit noch tätig werden zu müssen…

      Florian Mooser war indes an der Straße angelangt. Gegenüber stand das Hotel. Auf dem Saal herrschte immer noch Betrieb, wie unschwer an der Beleuchtung und der Musik zu erkennen war, die man immer noch hören konnte. Inzwischen war es kurz vor halb eins. Über eine Stunde hatte er also in der Kirche zugebracht und mit dem Geistlichen geredet.

      Während er auf der anderen Straßenseite stand, überlegte der Student, ob er noch einmal in den Saal hineingehen sollte.

      Oder war es besser, aufs Zimmer zu gehen und versuchen zu schlafen?

      Wahrscheinlich würde er überhaupt kein Auge zubekommen, aber die Möglichkeit, auf dem Saal Nicole und dem anderen Mann zu begegnen, schreckte ihn noch mehr ab.

      Florian überquerte die Straße und betrat das Hotel durch die breite Glastür. An der Rezeption lagen die Zimmerschlüssel bereit. Ansonsten war keine Menschenseele zu sehen. Die Türen zum Restaurant und den Clubräumen waren geschlossen, und in der Halle gaben zwei Wandlampen nur noch spärliches Licht. Das Leben spielte sich drüben im Saal ab.

      Er nahm seinen Schlüssel und ging die Treppe hinauf. Als er an Nicoles Zimmer vorbeikam, blieb er einen Moment zögernd stehen.

      Noch vor ein paar Stunden hatte er sie hier abgeholt. Der schönste Abend ihres Lebens sollte es werden, und nun endete er in so einem Desaster.

      Florian widerstand dem Drang anzuklopfen und zu schauen, ob Nicole vielleicht schon auf dem Zimmer war.

      Wahrscheinlicher schien es ihm, daß sie und dieser Wolfgang Arnhäuser sich noch auf dem Saal amüsierten. Außerdem wußte er nicht, was er sagen sollte, falls sie doch öffnete…

      Er ging weiter und schloß seine eigene Tür auf. Drinnen ließ er das Licht ausgeschaltet und setzte sich im Dunkeln auf das Bett. Draußen waren die Wolken dichter geworden. Schon als er das Hotel betrat, nieselte es. Irgendwo über den Bergen grollte Donner.

      Von mir aus, dachte er achselzuckend. Das Wetter paßt ja zu meiner Stimmung.

      Und morgen ging es ohnehin nach Hause zurück. Dann war es sowieso egal, ob die Sonne schien oder es junge Hunde regnete!

      Überhaupt, die Busfahrt!

      Würde Nicole zusammen mit ihm und den anderen zurückfahren? Und wie sollte er sich ihr gegenüber dann verhalten?

      Einfach so tun, als sei nichts geschehen, das konnte er nicht. Aber sie zu ignorieren, würde ihm genauso schwerfallen.

      Das Gespräch mit Pfarrer Trenker ging ihm durch den Kopf. Er soll um seine Liebe kämpfen, hatte der ihm geraten.

      Aber war dieser Kampf nicht von Anfang an zum Scheitern verurteilt?

      Der Geistliche hatte recht. Hätte Marion so plötzlich vor ihm gestanden, Florian wußte nicht zu sagen, was dann in ihm vorgegangen wäre. Genauso mußte Nicole mit ihren Gefühlen durcheinander geraten sein.

      Für einen Moment schloß er die Augen und rief sich den Moment in Erinnerung, in dem sie sich geküßt hatten.

      Sein Herz hatte jubiliert, und kein Glück der Welt konnte in dieser Sekunde größer sein.

      Unruhig stand er auf und lief durch das dunkle Zimmer. Draußen zuckten Blitze vom Himmel, und grollender Donner kam näher.

      Florian stellte sich ans Fenster und öffnete es. Leichter Wind war aufgekommen und wehte herein. Er hielt das Gesicht, nach Abkühlung suchend, hinaus und spürte Regentropfen, die ihn trafen. Am liebsten hätte er seinen Kummer laut herausgeschrien, doch ein dicker Kloß in seinem Hals verhinderte es.

      Hätte er jetzt eine Flasche Schnaps gehabt, würde er sich sinnlos betrunken haben. Vielleicht war es gar keine schlechte Idee, hinunterzugehen und es zu tun.

      Allerdings wußte er auch, daß das keine Lösung war. Im Gegenteil, wahrscheinlich würde es seine Probleme nur noch vergrößern, wenn es sich jetzt aus Liebeskummer dem Alkohol hingab.

      Seufzend schloß er das Fenster wieder und legte sich angezogen auf das Bett. So lag er stundenlang da, grübelte und hatte die seltsamsten Gedanken. Es dauerte wirklich bis zum Morgengrauen, bis er endlich einschlief.

      *

      Nicole schaute sich nicht mehr um, als sie das Hotel betrat. Sie verzichtete darauf, auf den Saal zurückzukehren. Von den anderen Reisegefährten hatte zwar kaum jemand etwas von der Angelegenheit mitbekommen. Trotzdem wollte sie nicht zurück und vielleicht doch noch irgendwelche Erklärungen abgeben müssen. Sie nahm sich ihren Zimmerschlüssel und ging hinauf. Ehe sie aufschloß, klopfte sie noch einmal an Florians Tür, in der Hoffnung, er würde jetzt öffnen. Als dahinter alles still blieb, wandte sie sich enttäuscht ab und ging in ihr Zimmer.

      Das erste auf das ihr Blick fiel, nachdem sie das Licht angemacht hatte, war der kleine Blumenstrauß, auf ihrem Nachtkästchen. Winzig nahm er sich aus, vor allem im Gegensatz zu dem, den Wolfgang ihr in die Hand gedrückt hatte. Doch wieviel mehr hatte sie sich darüber gefreut, als über das pompöse Gebinde. Wußte sie doch, daß dieses Sträußchen von Herzen geschenkt worden war.

      Mit einer müden Bewegung streifte sie die Schuhe ab und hockte sich auf das Bett. Dann nahm sie die Vase in die Hand und roch an dem Strauß. Erst jetzt schien es, als käme sie zur Besinnung. Während sie nachdenklich mit den Fingerspitzen über die Blüten strich, rief sie sich das Geschehen in Erinnerung.

      Sie hatte geglaubt


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