Lieblingsplätze Lahntal. Andrea Reidt

Lieblingsplätze Lahntal - Andrea Reidt


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Oberhessen den Vogelsberg bezeichnete. Das Hinterland gehörte weder zu dem einen noch zu dem anderen Oberhessen.

      Eder und Lahn, Perf und Salzböde durchfließen das Hinterland. Im idyllisch gelegenen Perfstausee zwischen Breidenstein und Breidenbach ist das Baden leider dauerhaft wegen Keimverunreinigung verboten. Die Talsperre reguliert den Zufluss der Perf in die Lahn und schützt die Umgebung seit 1993 vor einst verheerenden Hochwasserschäden. Der nur zwei bis vier Meter tiefe 18-Hektar-See fasst im Normalfall 600.000 Kubikmeter, kann aber bis zu 2,15 Millionen Kubikmeter aufnehmen. Das Naturschutzgebiet am hinteren Seeteil ist ein ungestörter Lebensraum für Wasservögel; ein Spazierweg führt rundherum.

      Am Perfstausee sind wir mitten im nordöstlichen Teil des Naturparks Lahn-Dill-Bergland, einer wundervollen Mittelgebirgslandschaft mit ausgedehnten Tälern, Hügelkuppen und Senken. Dass dem Hinterland keine große Durchgangsstraße von Nord nach Süd zugedacht wurde, erweist sich als Segen für Bewohner und Besucher dieses heimeligen Fleckchens Erde.

      Das denkmalgeschützte Rittergut Elmshausen (1586) im gleichnamigen Ortsteil von Dautphetal ist ein artgerechter Pferdebetrieb mit 16 Schulpferden und Pensionsstall für 35 Pferde und Ponys

      (www.rittergut-elmshausen.de).

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      Perfstausee

      Gaststätte Seeblick

      Am Perfstausee

      35216 Biedenkopf

      Region Lahn-Dill-Bergland e.V. (Tourismusbüro)

      Herborner Straße 1

      35080 Bad Endbach

      02776 80115

       www.lahn-dill-bergland.de

      Biedenkopf: Stadt im Hinterland

      Sind die Hinterländer, deren Identität sich in Eigennamen wie der Tageszeitung Hinterländer Anzeiger ausdrückt, nicht eigentlich Hinterwäldler? Tatsächlich überziehen Laub- und Nadelwälder die Hälfte des Altkreises Biedenkopf. Die Liebe zum heimatlichen Wald bestimmt allerhand Bräuche und Rituale, etwa das alle sieben Jahre gefeierte Kultfest Grenzgang, zu dem Biedenkopfer aus aller Welt in die Fachwerkstadt am Schlossberg strömen. Auf den Brott, das Kartoffelbraten im Wald zwischen kokelndem Buchenholz, müssen Freunde und Vereine nicht sieben Jahre warten, das feuchtfröhliche Ereignis findet jedes Jahr im Frühherbst statt.

      Biedenkopfs Schriftstellersohn Stephan Thome setzte dem Grenzgang in seinem gleichnamigen Roman ein literarisches Denkmal, seinen Heimatort taufte er darin in »Bergenstadt« um. An­dreas Steinhöfel lässt seinen Kinderbuchbestseller Paul Vier und die Schröders in »Bergwald« spielen, einer Kleinstadt, die auch Biedenkopf nachempfunden ist. Mittlerweile ist Steinhöfel nach Jahren in Metropolen ins Hinterland zurückgekehrt; er hatte Heimweh. Ubbo Enninga, auch ein Künstlersohn Biedenkopfs, blieb weg, schuf aber Skulpturen für den Stadtpark und die Lahn.

      Woher stammt nun der Name »Hinterland«? Nachdem der Marburger Landgraf Ludwig IV. 1604 kinderlos gestorben war, fiel die Region an Hessen-Darmstadt. Von Gießen zog sich ein schmaler, teils nur 500 Meter breiter, Korridor die alte Handelsstraße Westfalenweg entlang nach Norden in dieses »hintere Land«, eingeklemmt zwischen Preußen, Nassau und Kurhessen. Dorthin wurde man strafversetzt. 1866 wurde das Hinterland »musspreußisch«, doch trotz großspuriger Ankündigungen nicht zum »Vorderland«. Nach 1945 integrierte das Hinterland 15.000 Heimatvertriebene und Evakuierte, ein Fünftel der eigenen Bevölkerung, viele arbeiteten in der Textilindustrie.

      Das Hinterlandmuseum im Landgrafenschloss hat eine bedeutende Sammlung zu Textilhandwerk und Tracht. Weitere Themen: Post, Feuerwehr, Eisenindustrie, Grenzgang.

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      Biedenkopf im Hinterland

      Plastik El Niño von Ubbo Enninga in der Lahn

      Bleiche

      35216 Biedenkopf

      Touristeninformation

      Biedenkopf

      Rathaus

      Hainstraße 63

      35216 Biedenkopf

      06461 95010

       www.biedenkopf-tourismus.de

      Biedenkopf: Schartenhof Eckelshausen

      Die Seele des Schartenhofs in Eckelshausen blickt mit großen Kulleraugen in die Welt; längst hat sie 95 Lebensjahre überschritten. »Was will die ale Frau nur mit dem ale Haus!?« So sprach man 1970 im Dorf, als die damals 46-jährige Annemarie Gottfried den verfallenen Hof mitten im Ort, umgeben von alten Bäumen und großem Garten, kaufte. »Ich brauchte Freiraum für meine künstlerische Arbeit«, erzählt sie mir. Drei kaputte Dächer, keine Kanalisation, kein Strom, keine Dusche – eine Ruine. Die Hausbesitzerin erlernte mit der Hilfe des Nachbarn das Maurerhandwerk und restaurierte die von 1875 stammende hohe Kratzputz-Fachwerkwand des 1690 erbauten Wohnhauses selbst, wobei sie die ursprünglichen Ornamente erhielt. Später gab es Preise für diese Leistung – und Aufträge für die Sanierung weiterer Fachwerkfassaden.

      Ihre erste Puppe bastelte Annemarie Gottfried aus Stoffresten, Sägemehl und Hanf, nach 1945 betrieb sie in Biedenkopf eine Puppenwerkstatt und setzte dies während ihrer Ausbildung an der Kunstakademie Düsseldorf fort. Mit Heimarbeiterinnen fertigte sie Hunderttausende Maskottchen für die Industrie. Ihre eigentliche Berufung galt jedoch der Gestaltung künstlerischer Figurinen, Papierskulpturen und Bronzeplastiken. Alle ausdrucksstarken Figuren für das Marionettentheater Schartenhof stammen aus ihrer Hand. Die Profibühne dieses kleinen Musiktheaters mit Kulissen und Lichttechnik baute Heinz Zürcher nach Modellen großer Opernbühnen.

      Seit mehr als drei Jahrzehnten haben sich die Eckelshausener Musiktage als beliebtes Kammermusikfestival profiliert. In Kirchen, Schlössern, Industriebauten, Rathäusern, Scheunen und Gärten zwischen Bad Laasphe und Marburg gastieren Musiker von Weltrang. Frau Gottfried nimmt noch selbst Kartenbestellungen entgegen – wenn sie nicht gerade an einer filigranen Papierskulptur arbeitet.

      Das Kulturzentrum Schartenhof ist ein Familienbetrieb – ein Juwel im Hinterland.

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      Schartenhof –

      Konzerte, Ausstellungen, Marionettentheater

      Obere Bergstraße 12

      35216 Biedenkopf-

      Eckelshausen

      06461 2710

       www.schartenhof.de

       www.eckelshausener-musiktage.de

       www.annemarie-gottfried.de


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