Spreewaldkohle. Franziska Steinhauer

Spreewaldkohle - Franziska Steinhauer


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das Thema.

      »Ja. Drohmails und so ein krudes Zeug. Er hat mir davon erzählt.«

      »Diese Drohungen – ob nun per Mail oder Post – haben ihn doch sicher verunsichert.« Nachtigall warf Maja einen warnenden Blick zu, der immerhin bewirkte, dass sie die Antwort des Bruders abwartete.

      »Nun, wen würde so etwas nicht beschäftigen? Aber wirklich besorgt war Patrick nicht deswegen. Er meinte, er sei schließlich kein Einzelfall. Viele Politiker bekämen solche Mails. Er wollte sich nicht einmal an die Polizei wenden! Das verschaffe dem Absender nur eine Bühne, die er nicht verdiene.« Man konnte deutlich sehen, dass Eric diese Auffassung nicht teilte. Eine ungesunde Röte breitete sich über Hals und Wangen aus.

      »Hat er Ihnen gegenüber mal geäußert, wen er als Absender vermutet?« Nachtigall zögerte einen Moment und schob schließlich eine »Kurzfassung« seiner Frage nach. »Hat der ›Feind‹ einen Namen?«

      »Direkt nicht. Sie wissen ja, die Absender sind lauter Fakenames. Heute schreibt keiner mehr Heinz Schulz, Hopfenweg unter solch einen Text.«

      »Ja, das ist sicher wahr. Aber er wird doch eine Vermutung gehabt haben.« Nachtigall zeigte sich hartleibig.

      »Aktivisten einer selbst ernannten Umweltschutzorganisation, denen die Sache mit dem Kohleausstieg zu lange dauert, Autofahrer, die seiner Partei die CO2-Bepreisung übel nehmen, Menschen, die ohne Scham in Urlaub fliegen wollen, eine Kreuzfahrt genießen möchten – ohne ständig mit der Nase in den eigenen CO2-Abdruck gestoßen zu werden. Es gibt Menschen, die ihr Auto nicht gegen ein Fahrrad tauschen wollen. Einige können es auch gar nicht. Wir leben in einer politisch gewollten Mobilitätsgesellschaft. Daran haben wir uns gewöhnt. Nun soll sich an der Art der Mobilität vieles ändern. Das wird nicht von jetzt auf gleich gelingen, manche möchten ihren alten Trott gern beibehalten, andere freuen sich über invasive Maßnahmen zum Klimaschutz.« Eric räusperte sich, zuckte mit den Schultern. »Und wir haben noch immer keine Klarheit über die Maßnahmen, die im Rahmen des Ausstiegs getroffen werden sollen. Wer bekommt wie viel Geld und wofür? Das verunsichert die Menschen. Viele befürchten, die finanzielle Förderung des Ausstiegs würde nur in den Kassen der großen Konzerne verschwinden, die sich damit gesundstoßen. Die Angst grassiert, der kleine Mann sei am Ende mal wieder der Dumme. Unzufriedene gibt es auf allen Seiten.« Eric musterte den Cottbuser Hauptkommissar nachdenklich. »Mein Bruder wurde entführt?«

      »Nein.« Der Cottbuser Hauptkommissar atmete tief durch. »Es tut uns sehr leid, aber wir haben vor wenigen Stunden seine Leiche aus dem Tagebau geborgen.« Nachtigall wartete still, bis diese Nachricht das Denken des jungen Mannes erreicht hatte. Setzte dann nach. »Wir müssen von einem Tötungsdelikt ausgehen.«

      »Tot?« Eric schüttelte den Kopf. »Doch nicht Patrick. Sterben gehörte sicher nicht zu seiner aktuellen Planung der Woche!«

      10

      »Fahren wir zum Büro der Partei. Vielleicht kann uns dort jemand mehr über das Opfer erzählen als nur: Er war ordentlich, gewissenhaft und bestens organisiert.« Nachtigall konnte man den Ärger deutlich anhören. »Ist doch ziemlich traurig, wenn nach dem Tod eines Menschen nur solche Aussagen getroffen werden können. Unpersönlich, seltsam losgelöst von Persönlichkeit und gelebtem Alltag. Wenn ich sterbe, würde ich mir jedenfalls wünschen, dass man mehr über mich zu sagen weiß als: Er war ein guter Ermittler.«

      Maja nickte. »Ich verstehe, was du meinst. Patrick Stein wird reduziert auf sein politisches Engagement und seine beruflichen Angelegenheiten. Vom privaten Patrick haben weder seine Frau noch sein Bruder ein Wort erwähnt. Bisher ist er ziemlich konturlos.«

      »Nun, das werden wir jetzt ändern!«

      »Ach, Mist!« Maja zuckte erschrocken zusammen, hieb sich mit der Faust auf den Oberschenkel. »Beinahe hätte ich den Termin bei den Kollegen versäumt. Wenn du mich bitte am Büro absetzen würdest … Mit ein bisschen Glück ist die Sache nach diesem Gespräch endlich vom Tisch.«

      »Deine Zeugenaussage in dem Doppelmord am Gräbendorfer See? Gut. Dann setze ich dich ab und fahre zum Parteibüro.«

      Maja rutschte auf dem Besucherstuhl hin und her.

      Wenn du nicht die Kontrolle verlieren möchtest, wirst du dich am Riemen reißen müssen, meldete sich ihre innere Stimme mahnend. Dennoch wurden ihre Hände feucht.

      Sie wischte die Innenflächen an ihrer Jeans ab.

      Sinnlos.

      Energische Schritte näherten sich über den Gang.

      Majas Puls beschleunigte sich, ihre Atemfrequenz stieg.

      Das ist lächerlich, wusste ihr Denken.

      Abschalten ließ sich das Reaktionsmuster dennoch nicht.

      Sie saß schlicht auf der falschen Seite des Tisches!

      Ein hartes Klopfen an der Tür, die unmittelbar danach aufgerissen wurde.

      »Hallo, Maja. Schön, dass du es geschafft hast zu kommen. Immerhin steckt ihr ja auch gerade in einer brenzligen Mordermittlung.«

      Der junge Kollege nickte ihr zu.

      Einen Handschlag wollte er nicht, würde also auch ihre schweißigen Hände nicht bemerken. Offensichtlich war der Kollege ihr gegenüber nicht misstrauisch oder verzichtete generell auf wichtige Informationen über seine geladenen Gesprächspartner. Feuchte Hände und schneller Puls … sollten einen Ermittler interessieren.

      »Ich will dir nicht sinnlos deine Zeit rauben. Es geht um ein paar Fragen am Rande der Ermittlung, die wir als beantwortet abhaken möchten.«

      Maja nickte zurückhaltend. »Mich beschäftigt die Sache auch«, räumte sie ein.

      »Kann ich mir vorstellen. Passiert nicht alle Tage, dass man als Ermittler so unmittelbar in einen Fall verwickelt wird.«

      Mitgefühl schwang unter den Worten Jannik Peters hörbar mit.

      »Nun, wir wissen, dass der Täter die beiden Opfer als Paar auf dem Dach dieses schwimmenden Hauses arrangiert hatte. Floating House, heißen diese Hausboote korrekt. Die beiden Getöteten kannten sich nicht. Wir haben intensiv nach zufälligen oder anderen Verbindungen gesucht, aber keine gefunden. Beide waren alleinstehend, ohne jeden familiären Anhang mit überschaubarem Freundeskreis. Beider Aktionsradius war beschränkt. Er wohnte in Berlin, trieb Sport in einem Studio. Sie lebte in Senftenberg und besuchte gern die Bühne dort und häufig auch das Staatstheater in Cottbus. Die Tatsache, dass ein Foto von Blumen in einer Vase am Tatort gefunden wurde, verbindet allerdings den Täter mit dir! Denn die Vase war leer, die Blumen hatte jemand auf deinen Fußabtreter gelegt.«

      »Ja. Mit einem Zettel dran, auf dem Maja stand. Das wissen wir doch alles schon! Ganz besondere Blumen, sehr spezielle Züchtungen, nehme ich an. Konntet ihr nicht herausfinden, wo er die gekauft hat? Solch besondere Blüten bekommt man sicher nicht in jedem Blumenladen.«

      »Leider konnten wir das Geschäft bisher nicht ermitteln. Tatsache ist, dass der Täter sie ja gar nicht in Cottbus gekauft haben muss. Vielleicht in Berlin? Wir sind dran. Interessanter ist die Frage, woher der Täter deinen Vornamen kannte. Auf dem Klingelschild steht er nicht.«

      »Tja, ich weiß es nicht! Im Haus habe ich bisher nur Kontakt zu meinem Bruder. Die unregelmäßigen Arbeitszeiten fördern nicht gerade Beziehungen zur Nachbarschaft.« Maja merkte ein Auflodern der Aggressivität, die sie eigentlich unterdrücken wollte, atmete tief durch. Unauffällig. Schließlich ging ihre tatsächliche emotionale Beteiligung an diesem Fall den Kollegen nichts an. »Der Täter hat mich durch das Ablegen der Blumen in seinen Doppelmord involviert. Das war absichtsvolles Handeln. Entweder kennt er mich tatsächlich oder hat zufällig meinen Namen gehört, weil er Zeuge eines Gesprächs zwischen mir und Fabian war. Darüber haben wir ebenfalls schon gesprochen.«

      »Ja, das haben wir geklärt. Es gibt allerdings eine weitere interessante Möglichkeit: Es könnte sich um jemanden aus deiner Kölner Zeit handeln.«

      Maja seufzte tief. Das war ja zu erwarten, dachte


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