Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton

Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie - Harvey Patton


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      »Die PROKYON kommt!«, rief er enthusiastisch aus. »Taff, Mitani, und der ganze Haufen – Mädchen, jetzt wird es erst richtig schön für uns!«

      Das Schiff hatte für einige Zeit in der Werft der Basis 104 gelegen, wo die Schäden behoben wurden, die es während des Einsatzes im NGC 188 davongetragen hatte. Nun war es wieder intakt, und Taff Caine hatte es sich nicht nehmen lassen, den Kurs des Probefluges zum Ganymed zu legen.

      Erethreja lächelte erfreut und nahm Luca die Hummerschere aus der Hand, die er wie einen Taktstock schwang.

      »Komm, wir wollen sie persönlich empfangen. Begeben wir uns zur Hauptschleuse, wo sie zweifellos anlegen werden.«

      »Mit Vergnügen; gehen wir«, sagte der Mann.

      Sie benutzten Schnellbänder und Antigravlifte, doch sie hatten fast dreißig Kilometer zurückzulegen. So hatte die PROKYON inzwischen bereits einen der großen Hangars erreicht, in denen sich außerdem mehrere der rugbyballförmigen Raumschiffe der Khartonier befanden. Die Crew war ausgestiegen und kam dem Paar, von einigen Technikern begleitet, durch die Innenschleuse entgegen.

      »Hallo, Freunde!«, schrie Luca begeistert. »Ihr kommt gerade zurecht, um beim Heben der Tassen kräftig mitzuwirken. Ich kann euch sagen, das gibt ein Fest, wie selbst ihr es noch nicht erlebt habt, und das will wohl etwas heißen. Taff, altes Suppenhuhn ... Moment, sehe ich recht? Da ist ja noch jemand außer euch!«

      »Ihre bereits leicht glänzenden Augen trügen Sie nicht«, sagte der Mann ironisch, der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte. »Ich wollte ohnehin nach Kharto und erfuhr, dass sich Taff für den Testflug der PROKYON dasselbe Ziel ausgesucht hatte. Was lag also näher, als gleich mit ihm zu fliegen.«

      Der Ankömmling war etwa dreißig Jahre alt, auffallend gut gebaut, mit einem markanten Gesicht und dunklem, lockigem Haar. Es handelte sich um Alexandros Demosthenes, den Sohn eines terranischen Großreeders. Unter der Herrschaft des Curona war er Costar zur freien Verfügung gewesen. Seit den Wahlen auf Terra bekleidete er das Amt des Ministers für Außenpolitik der Erde, also einen ebenso wichtigen wie schweren Posten in der neuen Regierung.

      »Ich komme, um die Verwirklichung dessen einzuleiten, was Sie den Bewohnern von Kharto versprochen haben«, fuhr er fort. »Exakter definiert: Man hat mich damit beauftragt, Verhandlungen mit den hier Verantwortlichen zu führen, in denen über die Zukunft der Khartonier entschieden wird. Das wird Sie, wie ich hoffe, besonders freuen, Miss Erethreja.«

      »Nicht nur mich, sondern mein ganzes Volk«, lächelte das Mädchen. »Seien Sie uns also doppelt willkommen, bereiten Sie sich aber auch darauf vor, dass vorläufig an Verhandlungen kaum zu denken sein wird. Wie Luca schon sagte, wird augenblicklich bei uns gefeiert, und das voraussichtlich einen ganzen Tag lang.«

      »Ich habe es nicht sonderlich eilig und durchaus nichts gegen Vergnügungen jeder Art«, erklärte Demosthenes schmunzelnd. »Sofern ich darf, feiere ich gern nach Kräften mit, dabei kommt man sich menschlich schnell näher. Nicht wahr, Miss Grenelle?«

      Dorit nickte mit neutralem Gesicht, aber Luca sah doch das verräterische Glänzen, das bei diesen Worten in ihren Augen lag. Für ihn und die übrige Crew war es längst kein Geheimnis mehr, dass die Funkerin eine Schwäche für den gutaussehenden jungen Mann hatte, wie auch Alexandros für sie. Seltsamerweise schien sie auf »Apoll-Typen« eine besonders große Anziehungskraft auszuüben, wie beispielsweise früher auf Michael Braun-Springer, den Adjutanten Marschall Drechslers. Bei diesem war es eine einseitige Zuneigung gewesen, hier aber bahnte sich augenscheinlich wirklich etwas Ernstes an.

      Ladora zuckte leicht mit den Schultern und begrüßte nun seine anderen Gefährten. »Ist die PROKYON wieder vollkommen klar, Lars?«, erkundigte er sich.

      Der Bordingenieur lächelte breit. »Gut für einmal Andromeda und zurück, wenn es sein muss. Es muss aber zumindest vorläufig noch nicht sein, im Moment ist es geradezu verdächtig ruhig in unserer alten Raumkugel.«

      »Beschreie es nicht, Alter!«, warnte Orvid Bashkiri skeptisch. Sie verließen den Raum und machten sich auf den Weg ins Innere der Raumstation.

      »Gibt es etwas Neues in Bezug auf Sheere McLoed und Chra'p Tansyks?«, fragte der Kybernetiker unterwegs.

      Taff Caine schüttelte bedauernd den Kopf. »Nichts«, sagte er ernst. »Das Bermuda-Dreieck wird jetzt natürlich besonders intensiv überwacht, aber seit unserem Abenteuer mit der Zeitkapsel ist es dort vollkommen still geblieben. TAC hat auch dringend davor gewarnt, in dieser Sache irgendwie provozieren zu wollen. Ich bin der gleichen Ansicht, weil wir nie wissen können, was daraus alles entstehen mag. Warten wir also notgedrungen weiterhin ab. Falls die beiden wirklich noch leben, werden sie sich früher oder später schon wieder bemerkbar machen.«

      Eine Viertelstunde später umgab sie alle der Trubel des Festsaales.

      Dort trieb die Stimmung inzwischen ihrem Höhepunkt entgegen. Aus den Lautsprechern kamen abwechselnd heiße und einschmeichelnde Tanzweisen, die Tanzfläche war ständig voll besetzt. Es machte den Khartoniern nicht viel aus, dass sie die betreffenden Tänze nicht kannten. Mit ihrem natürlichen Einfühlungsvermögen bewegten sie sich trotzdem im richtigen Takt dahin.

      Luca benutzte eine Pause dazu, die Ankunft der PROKYON-Crew und des Ministers bekanntzugeben. Ein wahrer Jubelsturm brach los, die Gruppe der Menschen war im Nu von lachenden und tanzenden Khartoniern eingekeilt. Man schlug ihnen auf die Schultern, drückte ihnen gefüllte Gläser in die Hände und stieß mit ihnen an.

      »Da haben wir ja etwas Schönes angerichtet«, sagte Mitani, als der erste Ansturm vorüber war. »Das hier gibt ein allgemeines Besäufnis von wahrhaft kosmischen Ausmaßen – mit unserem Alkohol! Hoffentlich geht das auch gut ab.«

      Taff grinste mit stoischer Gelassenheit.

      »Das Fest läuft, also feiern wir es mit. Im Übrigen glaube ich nicht, dass unsere Spirituosen allein dazu ausreichen, allen dreißigtausend Bewohnern der Station einen Rausch zu bescheren. Man hat hier auch auf eigene Vorräte zurückgegriffen, ich habe eben etwas gekostet, das ich beim besten Willen nicht definieren kann. Lassen wir die kleinen Leute ruhig ihre Unabhängigkeit feiern; sie kommen später von selbst wieder auf den bekanntlich nicht immer weichen Boden der Tatsachen zurück.«

      Natürlich war Alexandros Demosthenes jetzt zur Hauptperson avanciert. Seine Figur schien auch dem Schönheitsideal der Khartonierinnen zu entsprechen, denn er war ständig von hübschen Mädchen umringt. Er unterhielt sich angeregt mit ihnen, lachte und scherzte und war voll in seinem Element.

      Schließlich belegte ihn eine ausnehmend schöne Khartonierin ganz für sich. Vom Alkohol beschwingt, ging er auf ihre Avancen ein.

      »Nimm es nicht schwer, Dorit-Mädchen«, versuchte Lars Gunnarsson die Funkerin zu trösten. »Im Moment hält ihn die allgemeine Ausgelassenheit und der Reiz des Exotischen gefangen. Morgen, wenn dies vorüber ist, renkt sich alles von selbst wieder ein.«

      Dorit hob demonstrativ ihr Glas und leerte es in einem Zug.

      »Wer sagt denn, dass ich es schwer nehme?«, fragte sie mit funkelnden Augen. »Im Gegenteil, ich amüsiere mich doch prächtig. Der nette Khartonier da ist ganz versessen darauf, von mir die irdischen Tänze beigebracht zu bekommen. Ich bin also durchaus nicht auf den einen Apoll angewiesen, wie du siehst.«

      Lars zog sich zurück und verzichtete auf weitere Interventionen. Auch Dorit war nicht mehr ganz nüchtern, ihr Verhalten entsprang einer ausgesprochenen Trotzreaktion. Sie tanzte ebenso ausgelassen wie Demosthenes und trank kaum weniger als er. Irgendwann, einige Stunden später, kam für beide der Blackout.

      »Da haben wir es!«, kommentierte Mitani, die sich neben Taff und Lars noch am besten hielt. »Kommt, wir bringen beide in ihre Quartiere, ehe es noch großes Aufsehen gibt und unser Ansehen als Vertreter Terras ganz dahin ist.«

      Mit Hilfe Erethrejas und einiger anderer Khartonier wurden Dorit und Alexandros unauffällig »aus dem Verkehr gezogen«. Dass ihr Verhältnis nun aber auf lange Zeit getrübt sein würde, stand für die Crew fest.


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