Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Nein, es war das Gefühl der Bitterkeit, sich an jemanden wie ihn sinnlos verschwendet zu haben.

      Würde er wiederkommen?

      Sollte sie vorsorglich wirklich etwas gegen ihn unternehmen? Sie hatte es mehrfach angekündigt, aber unternommen hatte sie nichts. Das machte sie nicht unbedingt glaubwürdig, besonders nicht für einen Mann wie Max, der sein Weltbild ohnehin so schaffte, wie es für ihn passend war. Wer oder was dabei auf der Strecke blieb, das war ihm herzlich gleichgültig.

      Ob er sich wohl schon einmal um das Kind gekümmert hatte, das diese nette junge Frau von ihm erwartete und die sich Hilfe suchend an sie gewandt hatte?

      Sie musste nicht darüber nachdenken, sonst kam sie aus dem Denken überhaupt nicht heraus.

      Max Steinfeld hinterließ überall verbrannte Erde, und er hatte viele Baustellen.

      Sie trank etwas von dem köstlichen Wein, den Lars noch gekauft hatte. Weil er ihnen so gut schmeckte, hatte er gleich eine ganze Lieferung davon bestellt.

      Lars war so ganz anders. Er war großzügig, er schenkte sehr gern. Als sie das dachte, fiel ihr Blick auf den wunderschönen Ring, den er ihr geschenkt hatte und den sie immer trug, immer, seitdem er ihr die herrlichen Rosen und den herzlichen Brief gesandt hatte.

      Wenn man so wollte, da machte auch Lars sein Ding. Er führte das Leben, das ihm gefiel, und wenn er mal eine Pause hatte, da gab es ja noch sie.

      Vielleicht war es gemein, jetzt so zu denken. Doch Roberta war in der Stimmung, das Leben mit ihm einmal kritisch zu sehen, nicht nur durch die rosarote Brille.

      Lars stellte nicht wie ihr Exmann finanzielle Forderungen, Forderungen stellte er eigentlich überhaupt nicht. Und eigentlich konnte sie ihm auch nicht vorwerfen, dass er sein Leben führte, wie es ihm behagte. Er hatte ihr niemals etwas vorgemacht, Lars hatte immer mit offenen Karten gespielt.

      Sie hatte den Traum von dem richtigen Ring am Finger gehabt, von einer Heirat, von gemeinsamen Kindern. Sie hatte ihn schmerzhaft begraben, weil es eine ständige Qual gewesen war, Hoffnungen zu haben, wenn sie sich besonders nahe gewesen waren, und das waren sie oft.

      Nach der ersten richtigen Auseinandersetzung war er gegangen, und sie hatte Höllenqualen gelitten bei dem Gedanken, es könne aus sein mit ihnen.

      Zum Glück war es nicht so gekommen. Dafür, dass jetzt alles wieder in Ordnung war, hatte sie einen sehr hohen Preis gezahlt. Sie hatte ihre Träume begraben.

      Doch welche Wahl hätte sie gehabt?

      Sie liebte ihn, er war ihr Mr Right, sie waren Seelenverwandte, sie konnten sich blendend unterhalten, gemeinsam lachen.

      Wie schön wäre es gewesen, gemeinsame Pläne und Träume zu haben!

      Wäre … hätte …

      Wenn alles so einfach wäre. Ihre Freundin Nicki fiel ihr ein, die immer den Satz parat hatte: »Das Leben ist kein Ponyhof.«

      Wenn sie an Nicki dachte, da wurde ihr ganz anders zumute.

      Nicki fehlte ihr ja so sehr. Und ehrlich gesagt, machte sie sich auch Sorgen um sie. Der Jakobsweg, den sie gerade ging, war zwar kein vermintes Feindesland, aber ungefährlich war es auch nicht, und es war eine ganz schöne Herausforderung, all die Kilometer zu laufen, dabei sein Gepäck mit sich herumzuschleppen. Nicki war nicht unbedingt ein sportlicher Typ, sie war eher eine Couchpotatoe.

      Es gab viele Menschen, die den Jakobsweg gingen, doch das war eher durchdacht, manche Leute gingen jedes Jahr nur eine Etappe, manche fuhren Teilstrecken. Entscheidend war, dass man die letzten hundert Kilometer vor Santiago de Compostela zu Fuß zurückgelegt haben musste, um den begehrten Pilgerpass zu bekommen. Was tat Nicki? Die handelte nach dem Motto, wenn schon, denn schon und wollte schlappe knapp tausend Kilometer laufen.

      Ausgerechnet Nicki!

      Erwartete sie wirklich, dass sie auf dem qualvollen Weg herausfinden würde, was sie wollte, wer sie war?

      Roberta bezweifelte es. Für sie war es eher eine Flucht.

      Peter Bredenbrock hatte sie mit seinem Heiratsantrag überrascht, und sie hatte Angst vor der Verantwortung, so etwas wie eine Ersatzmutter für zwei Pubertierende zu sein, die traumatisiert waren, weil ihre Mutter sie verlassen hatte, um Spaß zu haben.

      Nicki stürzte sich immer wieder unbedacht in Abenteuer hinein, und wenn es dann jemanden gab, mit dem es hätte gut gehen können, ergriff sie ebenfalls die Flucht. Sie hatte es sich mit Roberto Andoni verdorben, der jetzt mit der Frau, die nach Nicki gekommen war und mit der er mittlerweile zwei Kinder hatte, in der wunderschönen Toscana lebte, in einem herrlichen Gutshaus zwischen Weinbergen und alten Olivenbäumen. Das alles hätte Nicki haben können.

      Oder nahm man mal den Grafen von Hilgenberg. Dem war Nicki begegnet, zufällig, sie war von ihm fasziniert gewesen, allerdings hatte sie da noch nicht gewusst, dass der Mathias ein waschechter Graf war. Sie hatte alle Hebel in Bewegung gesetzt, um ihn wiederzusehen, sie hatte Handleser, Kartenleger und wer weiß nicht was noch bemüht. Und dann? Als sie ihn als den Besitzer des Anwesens unterhalb der Felsenburg getroffen hatte, war es für sie aus gewesen. Dabei hätte sie die Chance gehabt, den Grafen näher kennenzulernen. Und was war geschehen? Er hatte den Fehler gemacht, von einer langsamen Annäherung zu sprechen. Prompt hatte Nicki das in den falschen Hals bekommen und alles abgebrochen, weil sie sich nicht wie ein Schulmädchen vorkommen wollte, das sich alles durch gute Schulnoten verdienen sollte. Das war vollkommen aus der Luft gegriffen gewesen, aber Nicki bog sich die Welt so zurecht, wie sie ihr in den Kram passte. Da war sie ähnlich wie Max, ähnlich, wohlgemerkt, denn ansonsten lagen zwischen ihnen Welten.

      Max …

      Roberta war froh, dass die Gedanken an Nicki von diesem Erlebnis der besonderen Art mit ihm abgelenkt worden war. Und jetzt wollte sie ebenfalls nicht mehr an Max denken, auch nicht an Lars, der sich wieder einmal in Schweigen hüllte, weil vermutlich die Eisbären, die Highlandtiger, die Vulkane in Island ihn mehr interessierten als sie. Das war leider so.

      Ihre Krankenakte nahm sie sich nicht vor, dafür griff sie zur Fernbedienung ihres Fernsehers.

      Ihr war jetzt nach einem Herz-Schmerz-Film zumute oder einem spannenden Krimi. Sie wollte sich ablenken. Auch gestandene Ärztinnen konnten sich in etwas verlieren, was ihnen im Fernsehen vorgegaukelt wurde. Klar, mit Nicki wäre das schöner, sie gemeinsam auf dem Sofa, versorgt mit ein bis zwei Tüten Chips, und, je nachdem, welchen Film sie sahen, vorsorglich mit einer Packung Kleenex, um die Tränen zu trocknen.

      Ohne Nicki machte es überhaupt keinen Spaß, also füllte Roberta nur ihr Weinglas, und sie stellte eine Flasche Mineralwasser dazu.

      Nein, sie wollte jetzt nicht an Nicki denken!

      Auch nicht an Lars!

      Und Max? Du liebe Güte, nein, nicht an den Albtraum ihres Lebens.

      Sie knipste von einem Sender zum nächsten. Im Fernsehen lief wieder mal nichts Gescheites, oder es waren Filme, in denen sie schon mitspielen konnte, weil sie so oft gezeigt wurden.

      Sie machte den Fernseher aus, legte die Fernbedienung beiseite.

      Welch ein Glück, dass sie sich in Hohenborn gerade wieder mit neuen Büchern eingedeckt hatte. Sie nahm sich den Stapel vor, und dann entschied sie sich für einen Krimi, der unglaublich spannend sein sollte und der sehr gute Kritiken bekommen hatte.

      Es dauerte nicht lange, da war sie in den Inhalt des Buches vertieft, und es war so spannend, dass sie darüber vergaß, ihren Wein zu trinken.

      *

      Der ›Seeblick‹ war gut besucht, und munteres Stimmengewirr, hier und da Lachen schlugen Teresa von Roth entgegen, als sie das Restaurant betrat.

      Ja,


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