Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Es war schon bitter, dass Manuel sich nicht mehr meldete und alles, was gewesen war, vergessen zu haben schien.

      So war das Leben. Nichts war für die Ewigkeit bestimmt.

      Bei den Gedanken an früher wurde Inge ein wenig wehmütig.

      Sie besaßen diese wunderschöne Villa, die schon vor dem Bau der Siedlung im Sonnenwinkel gestanden hatte. Was würde aus der werden, wenn sie und Werner mal nicht mehr waren?

      Ricky, als Erstgeborene, hatte mit ihrem Fabian ihr eigenes Leben außerhalb des Sonnenwinkels, und es war nicht anzunehmen, dass die noch einmal zurückkehren würden. Außerdem hatten sie ja noch ihr Haus hier, das sie nach ihrer Heirat bezogen hatten.

      Jörg hatte seinen neuen Lebensmittelpunkt in Stockholm, er hatte mehr als nur einmal zum Ausdruck gebracht, dass das Elternhaus für ihn niemals eine Option sein würde. Hannes? Nein, es war kaum denkbar. Nach dem Abitur hatte er eine Weltreise von fast einem Jahr gemacht, danach in Australien gelebt, wo er immer noch leben würde, hätte es nicht diese Verletzung gegeben, die es ihm unmöglich machte, so zu leben wie bisher, in einer Surf- und Tauchschule, als Werbeträger für ein besonders beliebtes Surfbrett.

      Inge wurde ganz wehmutsvoll zumute, wenn sie daran dachte, dass er jetzt den Jakobsweg entlanglief, um sich zu finden, was die Freundin der Frau Doktor auch gerade machte. Seit es dieses Buch gab, zog es Gott und die Welt auf den Weg, es war eine richtige Modeerscheinung geworden, dann mal loszuziehen.

      Wie auch immer, für sie wäre es nichts. Hier und dann in den Urlaub, das reichte ihr. Sie kam immer wieder sehr gern nach Hause, und hier wollte sie auch bleiben, bis man sie irgendwann einmal hinaustragen würde. Das war ihr Wunsch, doch wie sie aus eigener Erfahrung wusste, gingen Wünsche nicht immer in Erfüllung, das Leben war halt kein Wunschkonzert, man musste nur so richtig krank werden, und schon war alles vorbei.

      Daran wollte sie jetzt nicht denken, das würde sie nur traurig machen.

      Pamela …

      Die liebte den Sonnenwinkel über alles, die wollte für immer dableiben. Doch sie war jung, deren Meinung konnte sich noch mehrmals ändern, und nach dem Abitur würde sie den Sonnenwinkel verlassen, um irgendwo zu studieren. Oder auch nicht, Hannes war ein Beispiel dafür, und auch Ricky hatte sich für eine Großfamilie entschieden statt zu studieren, und als sie es schließlich doch versucht hatte, hatte sie einsehen müssen, dass das mit einer Kinderschar einfach nicht ging, dass sie sich auf Kosten der Familie verwirklicht hätte. Und als ihr das bewusst geworden war, hatte Ricky die Reißleine gezogen und hatte das Studium abgebrochen. Sie hatte es nicht bereut, und jetzt ging es schon überhaupt nicht mehr, seit die kleine Teresa auf der Welt war. Inge wusste selbst nicht, was mit ihr los war, warum sie all die Gedanken hatte. Dabei musste sie sich um ihr Haus überhaupt keine Gedanken machen. Es befand sich nicht schon seit Generationen im Familienbesitz, und demzufolge musste es auch nicht in der Familie bleiben.

      Werner hatte sie mit dem Kauf der Villa überrascht, und das war geschehen, als Ricky und Jörg beinahe schon flügge gewesen waren, und Inge konnte sich sehr gut daran erinnern, dass sie und die Kinder schon überhaupt nicht, glücklich gewesen waren mit Werners einsamer Entscheidung.

      Wie lange lag das nun schon zurück. Entscheidend war, dass sie in der Villa alle glücklich gewesen waren, dass Werner, sie und Pamela sich noch immer wohlfühlten, und auch für Ricky und Jörg war es noch immer ein Ort der Geborgenheit, an den sie gern zurückkehrten, und wenn es nur besuchsweise war. Nichts war für die Ewigkeit bestimmt, und niemand konnte in die Zukunft schauen. Es stimmte so sehr, was ihre Mutter und ihr Vater immer sagten, nämlich, dass man den Augenblick, das Heute, das Hier und Jetzt genießen sollte.

      Es war keine besonders gute Idee gewesen, in den Wald zu gehen. Die Wege waren nass, jedoch nicht glitschig, weil die mächtigen Baumkronen ein schützendes Dach bildeten, durch den nicht viel Regen hindurchkam.

      Immerhin reichte es aus, dass Luna jetzt kaum noch zu erkennen war, sie hatte sich offensichtlich irgendwo im Morast gewälzt und war von oben bis unten verschmutzt, von dem schönen weißen Fell war nicht viel zu erkennen, und als Luna sich jetzt auch noch schüttelte, waren auch ihre Sachen verdreckt, und Inge konnte sie gleich, wenn sie nach Hause kamen, in die Waschmaschine stecken.

      »Wir gehen zurück«, rief sie entschlossen. Ihr reichte es, sie machte kehrt, Luna trollte sich noch ein wenig, doch als sie aus dem Wald herauskamen, blieb sie brav stehen und ließ sich widerstandslos anleinen. Nicht ganz uneigennützig, denn sie wusste, dass es jetzt mindestens ein Leckerli gab.

      Und so geschah es auch.

      Inge ging schneller, Luna trottete brav neben ihr her, sie hatte genug erschnuppert.

      Und Inge wusste eines, wenn sie nach Hause kamen, würde sie, ehe sie Luna säuberte, erst einmal ihre Kaffeemaschine anstellen.

      Kaffee war das Zauberwort, auf den hatte sie jetzt so richtig Lust, und den hatte sie auch verdient. Sie hatte sich überwunden, war länger unterwegs gewesen als ursprünglich geplant. Und so etwas musste auf jeden Fall belohnt werden.

      Als sie an der Auffahrt zum Anwesen vorbeikam, stand der Sportwagen noch immer da. Diese Frau schien ein ernsthaftes Interesse zu haben, denn sonst wäre sie längst wieder weg.

      Jetzt war Inge doch neugierig, und sie bedauerte sehr, dass der Makler gekommen war, ehe sie etwas herausfinden konnte.

      Würde sie kaufen?

      Würde sie dort einziehen?

      Würde sie den Zugang zur Felsenburg sperren?

      Es waren viele Fragen, die sich ihr stellten, und sie hatte keine einzige Antwort darauf.

      Ehe sie in die Straße einbog, in der sie wohnte, begegnete ihr Grete Bondorf, die Klatschtante des Sonnenwinkels, ehemalige Klatschtante, musste man sagen. Denn nachdem sie ihrer Fantasie hatte Flügel wachsen lassen und aus einer seriösen wissenschaftlichen Arbeitsstätte ein Freudenhaus gemacht hatte und damit aufgeflogen war, war es still um die Grete geworden. Sie hielt sich zurück, und auch jetzt lief sie nicht auf Inge zu, um sie in ein Gespräch zu verwickeln, sondern sie grüßte nur freundlich und lief weiter.

      Einesteils war Inge froh deswegen, andererseits … Grete Bondorf, die Grete von früher, die hätte bestimmt etwas gewusst.

      Jetzt war es aber mit ihr weit gekommen, früher hatte sie einen großen Bogen um Grete gemacht, hatte es schrecklich gefunden, wie die überall herumgetratscht hatte, und jetzt bedauerte sie das insgeheim, und das nur, weil sie gern erfahren hätte, wer diese Frau war und was sie mit den Anwesen machen wollte.

      Schluss damit!

      Inge war daheim angekommen, und ihr Herz ging immer wieder auf, wenn sie die wunderschöne Villa sah, in der sie leben durfte.

      Das war ein ­Privileg und durchaus nicht selbstverständlich.

      Ein Gefühl großer Dankbarkeit stieg in ihr auf, und dann machte sie Luna doch erst sauber, ehe sie in ihre Küche stürmte und die Kaffeemaschine anstellte.

      Sie atmete den köstlichen Duft des frisch gemahlenen Kaffees ein, der ein so schönes Gefühl vermittelte. Und dann holte sie rasch ihren Lieblingsbecher aus dem Schrank, er war aus Keramik, und Ricky hatte ihn einmal für sie getöpfert, als sie noch klein gewesen war, und sie hatte ihn wunderschön bemalt.

      Inge hütete diesen Becher wie ihren Augapfel, und sie wäre gewiss sehr traurig, wenn er einmal kaputtginge.

      Was von großem Wert für einen war, das musste nicht teuer sein. Für sie war dieser Kaffeebecher unbezahlbar, Erinnerungen kosteten auch nichts, und sie konnten viel, viel schöner sein als das kostbarste Schmuckstück.

      Sie musste dankbar sein, und das war sie auch. Sie hatte einen Mann, den sie liebte, wundervolle Kinder und Enkel, und sie hatte ihre Eltern direkt nebenan.

      Wenn


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