Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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und war sehr glücklich gewesen, ihn endlich gefunden zu haben.

      Wie lautete noch mal der Spruch, der so simpel und doch so zutreffend war?

      »Du machst deine Pläne, und der liebe Gott lacht sich kaputt.«

      Das Schicksal mischte immer wieder die Karten neu, und dann wurden auch jahrhundertalte Hausgesetze außer Kraft gesetzt.

      Mathias von Hilgenberg hatte sehr darunter gelitten, der Zweitgeborene zu sein, und sein älterer Bruder wäre unter der Last beinahe zusammengebrochen, plötzlich der Chef der Hilgenbergs zu sein und die Verantwortung dafür zu haben, den Besitz, einschließlich des Schlosses, für die nächste Generation zu bewahren. Er war krank geworden, und das hatte alles verändert. Mathias war an seine Stelle getreten, und für ihn erfüllte sich ein Traum. Er hatte leichten Herzens alles hier aufgeben können.

      Und es ging die Bewohner des Sonnenwinkels zwar nichts an, wie es weitergehen würde mit dem Besitz und dem Wahrzeichen, der Felsenburg. Aber es interessierte alle schon, was sich da oben tun würde. Da schloss Inge sich nicht aus.

      Sie war noch in ihre Gedanken versunken, als neben ihr mit quietschenden Bremsen ein teurer roter Sportwagen hielt. Er war tiefergelegt, und Inge fragte sich unwillkürlich, ob er es bis oben schaffen würde. Autos dieser Art waren entweder für Rennen geschaffen oder für ›Gesehenwerdenfahrten‹ auf exklusiven ebenen Straßen.

      Sie blickte zur Seite. Es wurde eine Fensterscheibe heruntergekurbelt, und eine arrogant klingende Frauenstimme erkundigte sich: »Sind Sie die Maklerin?«

      Oh Gott, das war eine Interessentin für den Besitz.

      »Tut mir leid.«

      »Und warum stehen Sie dann hier herum?«

      Das war unglaublich.

      »Das ist ein öffentlicher Weg, und da kann ich herumstehen, solange ich will.«

      Nach diesen Worten wollte sie weitergehen, zumal Luna da wieder etwas erschnüffelt hatte und an der Leine zerrte.

      Die Frauenstimme hielt sie zurück, die Frau stieg sogar aus ihrem Auto aus.

      »Warten Sie«, rief sie, und am liebsten hätte Inge jetzt laut ein ›bitte‹ hinzugefügt. Sie verkniff es sich. Wenn diese Frau, was Gott verhüten möge, die neue Besitzerin des herrschaftlichen Anwesens werden sollte, dann war es besser, eine Konfrontation zu vermeiden. Geld schien diese Frau ja zu haben, sie hatte also gute Karten. Die Ruine der Felsenburg war noch immer ein sehr großer Anziehungspunkt. Nicht nur für die Bewohner des Sonnenwinkels, sondern auch für Fremde, die kamen, um um den See zu laufen, dort ihre Freizeit zu verbringen oder hinauf zur Felsenburg zu laufen und sich dort von den Spuren einer großen Vergangenheit gefangen nehmen zu lassen. Beim Grafen Hilgenberg war es, im Gegensatz zu früher, sehr eingeschränkt gewesen. Doch immerhin hatte er einen Zugang zur Felsenburg erlaubt, wenn auch von einer ganz anderen Stelle aus.

      Die Frau war sehr teuer gekleidet, das erkannte Inge auf den ersten Blick, auch wenn sie selbst sich aus Mode nicht viel machte und beim Kauf ihrer Kleidung niemals auf das eingenähte Label achtete. Für sie musste alles von guter Qualität sein, es musste ihr vor allem gefallen, und das Preis-Leistungsverhältnis musste stimmen. Darum machte sich diese Fremde gewiss keine Gedanken, wenn man sich allein den Sportwagen anschaute, für das Geld, das der gekostet haben mochte, bekam man gewiss eine kleine Eigentumswohnung.

      Inge blickte die Frau an, sie war nicht mehr ganz jung, und ihrem Gesicht war anzusehen, dass daran ordentlich gearbeitet worden war.

      »Was kann ich für Sie tun?«

      Die Frau antwortete mit einer Gegenfrage.

      »Wohnen Sie hier?«

      Das konnte Inge bestätigen, und darauf war sie auch sehr stolz.

      »Es wohnt sich hier sehr gut, und die Siedlung wurde von einem sehr bekannten Architekten erbaut und wurde auch mehrfach ausgezeichnet. Bedingt durch die Lage, den See hat man hier eine sehr hohe Lebensqualität. Doch Sie sind doch gewiss nicht an einem Haus in der Siedlung interessiert, sondern Ihr Interesse gilt dem Herrenhaus, dem gesamten Anwesen dort oben.«

      Die Frau wollte ihr eine Antwort geben, doch da kam ein weiteres Auto angefahren, hielt neben ihnen. Es war ein dunkelgrauer Geländewagen, wie man sie immer häufiger auf den Straßen sah.

      Ein junger Mann in feinstem grauen Zwirn sprang elastisch aus dem Wagen, kam auf sie zu und rief entschuldigend: »Es tut mir unendlich leid. Kurz vor Hohenborn gab es einen nicht vorhersehbaren Stau.«

      Er gab zuerst Inge die Hand, dann der aufgetakelten Frau.

      »Gernot Beckmann, ich bin von dem mit dem Verkauf des Anwesens beauftragten Maklerbüro.«

      Dann begann er schon jetzt alles anzupreisen, Inge kannte das Anwesen sehr gut, doch all diese hochtrabenden Worte wären ihr niemals eingefallen. Es war höchste Zeit, dass sie ging, zumal Luna immer unruhiger wurde.

      »Ich gehöre nicht dazu«, sagte sie rasch, dann nickte sie der Frau und dem Makler zu und ging. Er sah ihr ein wenig konsterniert nach, denn hätte er das gewusst, dann hätte er die Frau nicht begrüßt, schon gar nicht zuerst.

      Auf jeden Fall schien dieser junge Mann schon mal hier gewesen zu sein, denn nach kurzem Reden mit der Frau stieg die zu ihm in den Geländewagen, nachdem er die Absperrung beseitigt hatte.

      Zumindest war das eine vernünftige Entscheidung gewesen, denn die Frau wäre mit dem Sportwagen unweigerlich stecken geblieben. Und sollte sie das Anwesen tatsächlich erwerben, dann musste sie sich ein anderes Auto zulegen.

      Inge war nicht neugierig, doch es interessierte sie schon, was diese Frau wohl mit dem Besitz vorhaben mochte. Sie passte so überhaupt nicht hierher.

      Luna zerrte an der Leine, sie hatte wieder einmal etwas entdeckt, und das begann Inge zu nerven, so gern sie den Hund auch hatte.

      »Luna, jetzt ist es genug, jetzt bleibst du gefälligst an meiner Seite. Wenn wir in das Wäldchen kommen, dann lasse ich dich meinetwegen von der Leine, aber bis dahin benimm dich gefälligst.«

      Luna blieb stehen, blickte Inge an, bellte kurz.

      Konnte man diesen wunderschönen braunen Augen widerstehen?

      Inge auf jeden Fall konnte es nicht. Sie griff in ihre Jackentasche und holte daraus ein paar Leckerli hervor.

      Luna winselte vor Freude, und Inge stellte wieder einmal fest, wie klug die Hündin doch war. Sie wusste, wie sie alle herumkriegen konnte, und nicht nur sie fiel immer wieder darauf herein.

      Nachdem Luna ihr Leckerli gefressen hatte, blieb sie ganz brav an Inges Seite, und die hatte endlich Zeit, nachzudenken, nicht über diese Frau. So interessant war die nun auch nicht, und niemand von den Anwohnern hier hatte einen Einfluss darauf, wer den Zuschlag bekommen würde. Das war bei Marianne von Rieding und deren Familie schon anders gewesen. Sie hätten nicht an jedermann verkauft, obwohl sie keine enge Bindung an das Anwesen hatten. Marianne und ihre Tochter Sandra hatten es geerbt und es vorher niemals betreten, weil ein störrischer alter Mann nicht verkraften konnte, dass sein Sohn aus Liebe eine Bürgerliche geheiratet hatte, nämlich Marianne. Und nachdem der, verfeindet mit seinem Vater, früh verstorben war, hatte der alte Herr sich vor seinem Tod besonnen und seine Schwiegertochter und seine Enkelin als Erbinnen eingesetzt.

      Wenn man so wollte, ruhte auf dem Anwesen kein Segen. Marianne, ihr Carlo, der berühmte Architekt Heimberg, der den Sonnenwinkel gebaut und dafür die Preise eingeheimst hatte, Sandra und ihre Familie lebten auf jeden Fall auf der riesigen geerbten Farm in Amerika freier und unbeschwerter. Inge gönnte ihnen auf jeden Fall ihr neues Glück, obwohl es schön gewesen war, als diese Bewohner noch da oben gelebt hatten. Man war sich nahe gewesen, und vor allem für Pamela gehörte das zu ihrer Kindheit.

      Und


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