Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Zweckgemeinschaft, jetzt, wo meine Gefühle erwacht sind, ob für Tiere, für alte, hilflose Menschen, da wird mir erst bewusst, dass ich an deiner Seite beinahe erfroren wäre. Heinz, es geht mir nicht darum, unsere Ehe aufzugeben, doch so, wie sie derzeit läuft, das mache ich nicht länger mit. Ich werde jetzt packen, und sobald das Gewitter vorbei ist, fahre ich los. Ich werde zu Cecile fahren. Ist es nicht verrückt? Sie ist deine Tochter, dennoch hat sie einen viel engeren Kontakt zu mir. An mir kann es also nicht allein liegen.

      Zwischen uns herrscht schon lange diese Gleichgültigkeit, vielleicht schon immer, weil es nicht die große Liebe war, als wir heirateten. Wir haben nicht an einem Strang gezogen, jeder hat seine Interessen verfolgt, die Kinder sind auf der Strecke geblieben. Ich danke Gott, dass ich jetzt zu Fabian einen guten Kontakt habe, Stella haben wir vermutlich für immer verloren. Wie auch immer, nichts lässt sich rückgängig machen. Aber man kann vieles verändern, doch dazu muss man bereit sein. Heinz, ich habe dir viele Brücken gebaut, weil ich wirklich mit dir mein Leben verbringen möchte. Warum bist du nicht darüber gegangen?«

      Das hatte traurig geklungen, und so war ihr auch zumute. Rosmarie konnte kaum ihre Tränen zurückhalten.

      »Hier hast du deine Fernbedienung, guck dir alles an, dann kannst du dich ablenken, musst nicht über dich, über uns, über dein Leben nachdenken.«

      Sie warf ihm die Fernbedienung zu, die landete neben ihm, doch das war ihr egal. Rosmarie stürmte aus dem Zimmer und ließ einen sprachlosen Heinz zurück.

      Gewittern sagte man nach, dass sie eine reinigende Wirkung hatten. Auf sie traf es auf jeden Fall zu. Sie war jetzt bereit zu gehen, und sie hatte keine Ahnung, wann sie zurückkommen würde, nicht einmal, ob überhaupt.

      Je weiter sie sich entwickelte, umso deutlicher wurde ihr bewusst, wie sehr sie und Heinz aneinander vorbeilebten.

      Rosmarie stürmte in ihr Schlafzimmer, riss alle Schränke, alle Schubladen auf, begann, alles wahllos herauszureißen, doch dann besann sie sich.

      Von Inge Auerbach wusste sie, dass man auch mit kleinem Gepäck reisen konnte. Was Inge konnte, das konnte sie auch.

      Rosmarie holte sich einen Koffer und eine Reisetasche, das musste langen, mehr würde sie nicht mitnehmen.

      Ein wenig mulmig war ihr schon zumute. Sie war in all den Jahren ihrer Ehe nie allein verreist, bis auf das eine Mal, wo sie, ohne darüber nachzudenken, kopflos weggefahren war. Da hatte sie noch nicht geahnt, wer Cecile wirklich war, hatte sich die wildesten Gedanken gemacht. Da hatte sie Angst gehabt, Cecile könne die Geliebte ihres Mannes sein, später, als die Wahrheit herausgekommen war, hielt sie Cecile für eine Mitgiftjägerin, die hinter dem Geld der Rückerts her war. Dafür schämte Rosmarie sich jetzt noch. Cecile war liebenswert, außerdem waren die Rückerts gegen das, was deren Familie besaß, arm.

      Es war so vieles falsch gelaufen in ihrem Leben, in ihrer Partnerschaft. Das war bedauerlich, ließ sich nicht rückgängig machen. Auf jeden Fall bereute sie nicht, Heinz geheiratet zu haben. Gut, es war nicht die große Liebe gewesen, aber Heinz hatte ihr Halt gegeben, er war wie ein Fels in der Brandung. Jetzt hatten sie eine so große Strecke nebeneinander, leider nicht miteinander, zurückgelegt. Heinz hatte ihr Sicherheit gegeben.

      Ihr Herz klopfte.

      Vielleicht war es ja auch Liebe, was sie miteinander verband, nur war es keine der romantischen Art. Die gab es ja vermutlich auch nicht in Wahrheit, sie wurde beschrieben, besungen, man erlebte Augenblicke, die waren wie Sternenstaub, der sich aber schnell verflüchtigte.

      So viele Jahre warf man nicht weg …

      Rosmarie begann zu zweifeln. Auch wenn es ihr schwerfiel, sie musste hart bleiben, Heinz glaubte ihr schon lange nicht mehr, weil sie immer nur drohte, nicht handelte.

      Koffer und Reisetasche waren gepackt, alles waren nur praktische Sachen, die man untereinander kombinieren könnte.

      Daran konnte man sehen, wie sehr sie sich verändert hatte. Auch von der Kosmetik und den sonstigen Pflegeartikeln packte sie nur wenig ein, von dem ihr noch verbliebenen Schmuck überhaupt nichts. Da reichte eine Armbanduhr, und ja, ihren Ehering, den würde sie natürlich nicht ablegen.

      Sie wollte nicht fahren, um sich von Heinz zu trennen, sondern, um den Weg für eine Gemeinsamkeit zu finden.

      Das Gewitter war weitergezogen, man hörte nur noch von ferne hier und da ein Gewittergrollen, auch der Regen hatte nachgelassen. Der Sturm hatte sich weitgehend gelegt.

      Rosmarie schleppte ihr Gepäck hinunter, es fiel ihr schwer, und sie musste jetzt da durch, sie durfte nicht umkehren, denn dann würde sich niemals etwas ändern. Sie standen mit ihrer Ehe bereits kurz vor dem Abgrund, noch ein, zwei Schritte, und sie schlitterten hinein.

      Auch wenn sie nur das Notwendigste mitgenommen hatte, waren die Gepäckstücke doch ziemlich schwer, der Koffer glitt ihr aus den Fingern, fiel krachend die Treppe hinunter.

      Das Poltern hörte Heinz, er kam aus dem Fernsehzimmer, erfasste mit einem Blick die Lage. Er wurde blass, wirkte verunsichert, weil er niemals für möglich gehalten hätte, dass seine Frau ernst machte.

      Rosmarie war, jetzt nur noch mit der Reisetasche in der Hand, unten angekommen. Sie standen sich gegenüber.

      Heinz Rückert machte es sich in verschiedener Hinsicht einfach, doch er war nicht dumm, er besaß einen scharfen Verstand. Den brauchte man nicht einmal, um zu erkennen, dass Rosmarie gehen wollte.

      Sie sahen sich an.

      »Rosmarie, bitte geh nicht«, sagte er mit vor Erregung rau klingender Stimme.

      So hatte er noch nie zu ihr gesprochen!

      Schon wollte sie einlenken. Dann besann sie sich, hinter diesem Satz verbarg sich nichts. Er wollte nur seine Gewohnheiten nicht aufgeben, zumal in der nächsten Woche ein großes gesellschaftliches Ereignis stattfand, bei dem sie an seiner Seite sein sollte. Heinz und Rosmarie Rückert gehörten zu der Creme der Gesellschaft, und Rosmarie verstand zu repräsentieren.

      Das machte ihr so schnell niemand nach.

      »Heinz, ich muss gehen, denn sonst bleibt alles, wie es war, und wir fangen an, uns zu zerfleischen. Ich möchte mich wieder versöhnen, doch da musst auch du einen Schritt in meine Richtung machen. Und das muss mehr sein als das Zugeständnis, dass ich mir kaufen kann, was ich will.«

      Heinz antwortete nicht sofort, man merkte, wie es in ihm arbeitete.

      »Ich hätte nach Adrienne suchen müssen, ich hätte diese Liebe nicht aufgeben dürfen. Nachdem ich sie verloren hatte, habe ich alle Gefühle abgeschaltet, mich auf die Arbeit gestürzt. Als du in mein Leben kamst, da sah ich eine Chance für einen neuen Beginn, weil du nichts von mir gefordert hast, du warst mit dem zufrieden, was ich bereit war zu geben. Das war nicht viel, denn mit Adrienne waren auch meine Träume verschwunden. Rosmarie, wir hatten beide unsere Gründe, es miteinander zu ­wagen. Und schlecht war es doch nicht. Hättest du dich nicht so sehr verändert, dann hätte es auch weiter so laufen können. Wir haben funktioniert, und …«

      Sie unterbrach ihn.

      »Du sagst es, wir haben funktioniert, doch Heinz, das kann nicht alles gewesen sein. Das reicht mir nicht mehr. Ich weiß nicht, was ich wirklich will, ich weiß nicht, was kommen wird. Aber ich bin neugierig auf etwas, was neu beginnen kann. Anders. Ich möchte es auf einen Versuch ankommen lassen, und es wäre ganz wundervoll, dich dann an meiner Seite zu haben.«

      Er antwortete noch nicht, man sah ihm allerdings an, wie es in ihm arbeitete.

      »Heinz, wir haben so viele Jahre nebeneinander verbracht, ohne uns zu kennen. Ist es jetzt nicht an der Zeit, dass sich etwas ändert?«

      Sie reichte ihm schon wieder die Hand. Es war an der Zeit, dass er sie endlich ergriff.

      »Wir


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