Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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Nicki überhaupt nichts mehr.

      »Aber du bist doch gerade erst eingezogen, hast aufwändig alles umgebaut. Ich hätte nicht gedacht, dass du so wankelmütig bist und Immobilien kaufst wie andere Leute Briefmarken.«

      Er ging darauf nicht ein.

      »Mein Bruder ist krank, ich werde an seiner Stelle Schloss Hilgenberg, den gesamten Besitz übernehmen und alles für die nächste Generation bewahren. Für mich erfüllt sich ein Traum, wenngleich es mich schmerzt, dass der sich auf Kosten meines Bruders erfüllt. Die Hausgesetze wurden geändert. Das, was seit vielen Generationen den Hilgenbergs gehört, muss weiterhin in der Familie bleiben. Ein Hilgenberg zu sein, ist eine Verpflichtung.«

      Er tickte anders, Nicki hatte das sofort erkannt, und insgeheim dankte sie Gott, dass er sie vor einer großen Enttäuschung bewahrt hatte.

      Er erwartete eine Antwort, deswegen sagte sie brav: »Mathias, ich freue mich für dich. Es ist immer schön, wenn sich Träume erfüllen.«

      Er warf ihr einen skeptischen Blick zu.

      »Ich freue mich wirklich für dich«, bestätigte sie noch einmal, und sie wunderte sich, dass es ihr überhaupt nichts ausmachte. Dabei war sie doch besessen von ihm gewesen. Stopp! Von Mathias, den sie zufällig kennengelernt und in den sie etwas hineininterpretiert hatte. Es war vorbei gewesen, als sich herausgestellt hatte, wer er wirklich war. Welch ein Glück, dass sie sich nicht auf eine vorsichtige Annäherung eingelassen hatte, dann würde sie jetzt vermutlich dasitzen und weinen.

      Graf Hilgenberg von Schloss Hilgenberg, das war eine andere Welt, in die sie nicht hineinpasste.

      »Nicki, ich bin gekommen, weil es mir wirklich wichtig ist, mich von dir zu verabschieden. Die Begegnung mit dir, das war etwas Besonderes, das war ein ›Magic Moment‹, den ich niemals vergessen werde. Für einen Moment vergaß ich, wer ich wirklich bin, mit dir war alles so leicht, so unkompliziert.«

      »Deswegen hat es dir auch nichts ausgemacht, mich glauben zu lassen, dass du nicht einmal das Geld für eine Currywurst hast.«

      Die Currywurst, die würde sie immer erwähnen!

      »Darüber haben wir mehr als nur einmal gesprochen, du wolltest es so sehen, hast meine Bemerkung, dass ich schon lange keine Currywurst mehr gegessen hatte, falsch interpretiert. Nicki, das muss jetzt wirklich nicht wieder aufgewärmt werden. Ich möchte mich bei dir bedanken, für unvergleichliche Stunden, die ich so noch nie zuvor erlebt habe, vermutlich auch nicht mehr erleben werde.«

      »Jetzt musst du dein Schloss verwalten, dir eine Frau suchen, natürlich aus den richtigen Kreisen, dann musst du unbedingt Kinder haben, damit der Fortbestand der Hilgenbergs gesichert ist.«

      Warum hatte sie das jetzt gesagt?

      Das war so unnötig gewesen wie ein Kropf.

      »Bitte entschuldige, Mathias, das war jetzt dumm von mir.« Er blickte sie ernst an.

      »Nicki, das meiste stimmt von dem, das du da gerade gesagt hast. Aber ich muss keine Frau aus den richtigen Kreisen heiraten, sondern eine, für die ich etwas empfinde, die ich liebe. In den regierenden Königshäusern wird bürgerlich geheiratet, warum sollte das nicht für die Hilgenbergs gelten?«

      Nicki antwortete nicht.

      Für eine Weile war es still zwischen ihnen. Sie hingen ­ihren Gedanken nach, doch es war kein unangenehmes Schweigen.

      Mathias von Hilgenberg war es, der als Erster anfing zu sprechen: »Nicki, es ist schade, dass du uns keine Chance gegeben hast, uns kennenzulernen. Ich denke, es hätte etwas mit uns werden können.«

      Nein!

      Er sollte nicht so reden, das war wie süßes Gift. Er hätte nicht kommen dürfen. Es war beinahe so, wie bei ihrer ersten zufälligen Begegnung, wo sie zwei Fremde gewesen waren, die nichts voneinander wussten und sich doch so angezogen fühlten. Nicki verspürte eine leichte Aufgeregtheit, eine Stimme in ihr sagte, dass sie jetzt nichts tun durfte, was sie hinterher bereuen würde.

      Mathias Graf von Hilgenberg und Nikola Beck, die selbst kaum noch wusste, dass sie so hieß, weil jeder sie nur Nicki nannte. Nein, nochmals nein!

      Es ging nicht, es wäre nicht gegangen …

      »Mathias, das glaube ich nicht«, sagte sie rasch. »Ich habe es einfach nicht mit dem Adel. Ich wäre nicht die richtige Frau für dich. Glaub mir das bitte. Du hast jemanden verdient, dem es Spaß macht, sich an deiner Seite zu präsentieren, zu repräsentieren.«

      Mathias lachte.

      »Nicki, woher hast du diese Weisheiten? Aus Glanzzeitschriften? Nein, das glaube ich nicht, dass du so etwas liest, wo den Lesern eine Welt vorgegaukelt wird, die fernab ist jeglicher Realität. Die Wirklichkeit sieht so ganz anders aus. Um alles erhalten zu können, müssen wir hart arbeiten, das Geld zusammenhalten. Wir leben wie Hinz und Kunz, nur in größeren Häusern. Und das tun noch nicht einmal alle Adeligen, nicht jeder hat ein Schloss oder ein repräsentatives Anwesen, sondern lebt auf einer Etage, manchmal sogar nur zur Miete. Aber darüber will ich jetzt auch nicht länger reden, und ich will dich nicht aufhalten. Nicki, ich kenne deine Einstellung, und ich respektiere sie. Es war mir einfach wichtig, dir zu sagen, dass die Begegnung mit dir mir unvergesslich bleiben wird. Du bist ein besonderer Mensch, und der Mann, der dich gewinnen kann, ist zu beneiden.«

      Jetzt war der Moment, etwas zu sagen, sie holte tief Luft, doch er ließ es nicht dazu kommen.

      »Nicki, sag jetzt nichts. Darf ich dich zum Abschied in meine Arme nehmen?«

      Sie nickte.

      Abschied …

      Seine Arme umschlossen sie sanft, und sie kam sich vor wie auf einem sicheren Floß, das er unbeschadet durch gefährliche Gewässer führte.

      Das alles hätte sie haben können …

      Sie gab sich dem Gefühl hin, genoss seine Nähe, und dann war es vorbei. Er ließ sie los, lächelte, strich ihr sanft über die Wange, etwas, was sich anfühlte wie ein Flügelschlag, dann sagte er: »Lebwohl, und pass auf dich auf.«

      Nach einem letzten Blick wandte er sich ab, verließ sehr rasch ihre Wohnung. Sie zuckte zusammen, als die Tür zuschlug.

      Sie war allein.

      Allein mit einem wunderschönen Blumenstrauß und einem Duft nach Sandelholz und Citrusfrüchten, der noch im Raum ging, sich aber allmählich verflüchtigte.

      Gäbe es die Blumen nicht, würde sie jetzt glauben, geträumt zu haben.

      Es war kein Traum, Mathias war hier gewesen, und er hatte wunderbare Worte gebraucht, die in ihr nachklangen, »Magic Moment«, magischer Moment. Er hatte es ebenfalls so empfunden. Sie hätten an ihrer ersten wunderbaren Begegnung anknüpfen können, sie hatte sich gewehrt, weil sie mit einem Grafen nichts zu tun haben wollte. Dabei waren Grafen auch nur Menschen, und sie hätte sich auf eine vorsichtige Annäherung einlassen sollen.

      Hätte … hätte …

      Sie hatte nicht, und sie wusste noch, wie aufgebracht sie deswegen gewesen war und ihm vorgeworfen hatte, er erwarte von ihr wie in der Schule gute Noten. Was für ein Unsinn! Mathias war ein ernsthafter Mensch, der sich nicht auf eine unverbindliche Liebelei einließ. Und sie war eine dumme Gans, anders konnte sie sich nicht bezeichnen, die immer wieder ihr Glück mit Füßen trat.

      Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen.

      Was wollte sie eigentlich vom Leben?

      Der Prinz auf dem weißen Pferd würde nicht kommen, so etwas gab es nicht im wahren Leben.

      Und wenn da mal ein wirklich guter Mensch da war, dann vermasselte


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