Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


Скачать книгу
hast du nicht für Hannes getan, sondern weil du durch ihn deinen alten Traum leben wolltest. Er sollte die Weltreise machen, die du nicht machen konntest, nicht machen durftest.«

      Er wurde ein wenig verlegen, weil das tatsächlich stimmte.

      »Hätte ich geahnt, was sich daraus entwickelt, hätte ich niemals zugestimmt und Hannes auch nicht unterstützt.«

      »Werner, du hast es getan, es­ ist vorbei, wir müssen darüber nicht mehr reden. Wenn sonst nichts ist, dann lass mich bitte an dem Kleid für Pamela weiternähen, damit es fertig ist, wenn sie nach Hause kommt.«

      »Es ist ja schön, dass du für sie nähst, aber sag mal, Inge, muss es ausgerechnet ein rotes Kleid sein?«

      Werner mischte sich wirklich in alles ein, sie hielt es jedoch für besser, ihm das nicht vorzuwerfen.

      »Es muss ein rotes Kleid sein, Werner, weil sich unsere Tochter ein rotes Kleid wünscht.«

      Sie wollte sich wieder ihrer Arbeit zuwenden, als er sagte: »Wir sollten vielleicht auch mal etwas Verrücktes tun wie Rosmarie und Heinz, das würde unsere Ehe ganz bestimmt ein wenig beleben.«

      Was hatte er da gesagt?

      Rosmarie und Heinz?

      Inge begann prustend zu lachen.

      »Werner, sollte das jetzt ein Witz sein? Die beiden ersticken doch in Langeweile. Nein, danke, mit Rosmarie und Heinz möchte ich nicht tauschen, und ich möchte auch nichts davon erleben, was deren Leben prägt. Heinz verbringt sein Leben in seinem Notariat, und Rosmarie kann ihrem Mann nicht nahebringen, dass sie sich verändert hat und ihr altes Leben nicht mehr führen möchte.«

      Werner setzte sich wieder.

      Inge wollte sich endgültig ihrer Näharbeit zuwenden. Sie hatte unnötige Zeit verloren.

      »Inge, warte. Ricky hat vorhin angerufen, sie konnte dich nicht erreichen, ich habe das Telefon zufällig gehört und abgenommen …«, er machte eine kurze, bedeutsame Pause, »gut, dass du sitzt. Ricky hat mir nämlich erzählt, dass ihre Schwiegereltern mit einem Jeep und Wohnwagen zu einer Reise ins Unbekannte aufgebrochen sind.«

      Werner musste sich verhört haben.

      »Werner, ich habe vorgestern mit Rosmarie telefoniert, sie hat sich darüber beklagt, dass sich bei Heinz nichts ändert, dass sie zu Cecile fahren will, um Klarheit über ihr Leben zu bekommen. Und so, wie sie es gesagt hat, hörte es sich überhaupt nicht gut an, für Heinz, meine ich.«

      »Es hat sich alles geändert, das Gewitter hat wohl dazu beigetragen, hat sie aufgerüttelt. Auf jeden Fall haben sie gemeinsam beschlossen zu verreisen, und Heinz hat eines draufgesetzt und den Jeep und den Wohnwagen gemietet. Sie sind weg. Und niemand weiß, wohin sie gefahren sind und wie lange sie bleiben werden.«

      Inge schob ihre Näharbeit beiseite, jetzt hatte sie nicht die Nerven, sich darauf zu konzentrieren, sie würde ja keine gerade Naht zustande bringen.

      Rosmarie und Heinz waren mit einem Jeep und einem Wohnwagen unterwegs!

      Es war für Inge einfach unvorstellbar. Gut. Rosmarie war nicht mehr das Luxusweibchen, das sie mal gewesen war. Aber Inge konnte sich die Gute in einem Wohnwagen einfach nicht vorstellen, und Heinz in einem Jeep mit einem Wohnwagen im Schlepp, diese Vorstellung überstieg ihre Fantasie.

      »Sie sind wirklich unterwegs«, beteuerte Werner.

      Inge wandte sich ihrem Mann zu.

      »Würdest du mit mir ebenfalls zu einer solchen Reise aufbrechen, Werner?«

      Er zögerte.

      »Na ja, Jeep und Wohnwagen, ich glaube, das wäre nicht unbedingt mein Ding, aber zu einem Segeltörn würde ich mit dir aufbrechen.«

      Das würde Werner niemals tun, deswegen versuchte Inge, es ein wenig ins Lächerliche zu ziehen. »Natürlich rund um die Welt.«

      Er ging auf ihren Ton nicht ein, sondern blieb ernst.

      »Nö, das nicht, aber rund um Mallorca würde ich mit dir segeln. Weißt du noch, wir waren gerade erst kurz verheiratet, da haben wir das gemacht. Und es war wunderschön.«

      Inge nickte.

      »Ja, Werner, das war es in der Tat, doch ich muss dich korrigieren, wir waren noch nicht verheiratet. Im Yachthafen von Portals Nous, zwischen all den beeindruckenden Yachten hast du mir nämlich einen Heiratsantrag gemacht.«

      Er sagte nichts, versank in Erinnerungen.

      »Weißt du es wieder, Werner?«

      Beinahe empört blickte der Professor seine Frau an.

      »Ich bitte dich, Inge, wie könnte ich das jemals in meinem Leben vergessen.«

      Ihr Werner vergaß schnell, denn sonst könnte er sich vermutlich daran erinnern, dass er gerade erst vor ein paar Minuten steif und fest behauptet hatte, sie seien damals miteinander schon verheiratet gewesen.

      Ach, was sollte es. Darauf kam es wirklich nicht an.

      Mit dem Segelboot um Mallorca …

      Das war so unbeschreiblich schön gewesen. Mit dieser Reise waren die herrlichsten Erinnerungen verbunden. Nicht nur wegen des Heiratsantrages, den er ihr gemacht und den sie natürlich freudigen Herzens angenommen hatte. Sie waren jung, unbeschwert und so unglaublich verliebt gewesen. Sie hatten sich sorglos treiben und die Seele baumeln lassen, sie waren hart am Wind gesegelt. Sie hatten Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge genossen, sie hatten sich, von Wind und Sonne umspielt, geliebt, hatten die Welt vergessen. Es gab nur noch sie, liebkost von den Elementen, begleitet vom Gekreische der Möwen. Die Zeit hatte still gestanden …

      Inge wollte jetzt nicht sentimental werden.

      »Ich brauche jetzt unbedingt einen Kaffee«, sagte sie, und den brauchte sie wirklich. »Trinkst du einen mit?«

      »Ja, natürlich, sehr gern sogar. Aber sag mal, Inge, hast du vielleicht noch etwas von diesem köstlichen Käsekuchen? Davon würde ich jetzt sehr gern ein Stückchen essen.«

      »Den kannst du haben«, versprach Inge.

      Während sie hinunter in die große, gemütliche Wohnküche gingen, den Raum, der der ­Lebensmittelpunkt der Auerbachs war, blieb Inge still, während Werner unaufhörlich redete.

      Inge hörte ihrem Mann kaum zu. Sie musste sich erst einmal sortieren, das mit den Rückerts verdauen. Es war unglaublich, was Werner ihr da erzählt hatte. Doch viel mehr noch tauchte sie in die Vergangenheit ein. Es waren so unglaubliche Erinnerungen voller Liebe und Zärtlichkeit, voller Unbeschwertheit und Lebensfreude.

      Wie schön es gewesen war …

      So etwas sollte man sich immer wieder mal aus der Kiste der Erinnerungen holen.

      Werner war die Liebe ihres Lebens. Sie waren trotz aller Unterschiedlichkeit seelenverwandt. Ohne ihren Werner war Inge nicht vollständig.

      Dieses Déjà vù beflügelte ihre Fantasie.

      Inge hakte sich bei ihm ein, blickte ihn an. Überwältigt von ihren Gefühlen sagte sie: »Werner, ich liebe dich.«

      Er blieb stehen.

      Was war denn mit seiner Inge los?

      Das hatte sie ihm ja schon seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr gesagt. Doch es war schön.

      Er umarmte sie, dann sagte er ganz gerührt: »Und dafür bin ich dir unendlich dankbar, mein Herz. Du weißt schon, dass ich dich ebenfalls über alles liebe, oder? Du bist das Beste, was mir in meinem Leben passieren


Скачать книгу