Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman - Michaela Dornberg


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wohin wir wollen, können anhalten, wo wir möchten.« Er lachte sie an. »Was ist, bist du dabei?«

      Rosmarie schluckte.

      Dieser Mann war ihr Heinz, der dröge Notar?

      »Welche Frage, natürlich bin ich dabei. Mein Gott, Heinz, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

      »Du musst nichts sagen, wie wäre es denn mit einer Umarmung?«

      In welchem Film spielte sie jetzt eigentlich mit?

      Solche Worte aus dem Mund ihres Mannes?

      Rosmarie war nicht nur sprachlos, sie stand wie angewurzelt da, weil sie das erst einmal verarbeiten musste.

      Heinz machte ein paar Schritte auf sie zu, umfasste sie und sagte: »Wir müssen los, ehe Meta mit den Hunden zurück ist. Sie zurückzulassen, das ist ein wenig bitter. Aber mit ihnen dabei hätten wir nicht alle Möglichkeiten, etwas auszuprobieren. Ich bin aufgewacht, danke, dass du mir die Augen geöffnet hast.« Sie bedauerte, dass er sie jetzt nicht küsste, sondern nach zwei Gepäckstücken griff.

      Sie hatten Zeit, hoffentlich viel Zeit.

      Sie schnappte sich eine Reisetasche, und als sie Heinz folgte, war sie überwältigt. Vor der Villa stand er Jeep in einem satten Grün, und dahinter war der Wohnwagen zu sehen, der erstaunlich groß war.

      Heinz verstaute die ersten Gepäckstücke im Kofferraum, dann wandte er sich, stolz wie ein kleiner Junge, an Rosmarie: »Und, was sagst du?«

      Sie sagte nicht, dass sie jetzt doch ein paar Bedenken hatte. Konnte Heinz mit einem solchen Gefährt umgehen? Würde sie in einem Wohnwagen schlafen können? Wäre ein Aufenthalt in einem Hotel nicht komfortabler?

      »Ich freue mich.«

      Er lachte.

      »Dann lass uns das letzte Gepäck holen, und dann geht es los. Ich freue mich ebenfalls, weißt du, ich fühle mich auf einmal jung und unternehmungslustig. So, wie ganz früher, ehe meine Leichtigkeit verloren ging.«

      Er lief zurück ins Haus, sie folgte ihm. Sie hatte Herzklopfen, und in ihr war ein Gefühl, das sie nicht kannte.

      Sie sah die beeindruckende Villa, viel zu groß, viel zu bombastisch, aber sehr komfortabel. Das würde sie eintauschen gegen die Enge eines Wohnwagens. Konnte man sich darauf wirklich freuen?

      Ja, das konnte man.

      Heinz und sie fuhren nicht nur ins Unbekannte, nein, es war auch eine Reise zu sich selbst.

      Das war nicht ganz ungefährlich. Mit Nähe konnten sie beide nicht umgehen. Aber lernen konnte man in jedem Alter, das hatte sie gerade erst unter Beweis gestellt, sie war eine andere geworden, und sie wollte niemals mehr zurück in ihr altes Leben.

      Sie blickte Heinz an, der sie anstrahlte.

      »Steig ein, mein Herz, unsere Reise beginnt.«

      Er half ihr galant in den Jeep, der längst nicht so bequem und komfortabel war wie sein Auto, aber er war zuverlässiger und er konnte das ziehen, was für hoffentlich eine lange Zeit ihr Zuhause sein würde.

      Es war verrückt!

      Die Rückerts waren mit Jeep und Wohnwagen unterwegs!

      Darauf hätte sie selbst niemals gewettet. Daran konnte man sehen, wie schnell sich etwas ändern konnte. Manchmal reichten ein heftiges Gewitter und ein Sturm, der alles durcheinanderbrachte.

      Sie verließen die stille Villenstraße, Rosmarie warf keinen Blick zurück.

      Es konnte nur besser werden, und ihr Heinz, wie er strahlte, und wie geschickt er den Jeep mit dem Wohnwagen lenkte.

      Sie sah ihn plötzlich mit ganz anderen Augen, und das war gut so.

      Ihre Hände ruhten auf ihrem Schoß. Rosmarie wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Heinz sie plötzlich mit seiner Rechten berührte.

      »Wahrscheinlich habe ich es dir noch nie zuvor gesagt, dann tue ich es jetzt: Rosmarie, ich möchte mit dir alt werden.«

      Solche Worte aus seinem Mund waren mehr als eine Liebeserklärung, mehr als die Worte – ich liebe dich.

      Sie hatte Tränen in den Augen, als sie leise erwiderte: »Das möchte ich doch auch.«

      Dann musste er seine Hand wegnehmen, denn er musste die Fahrbahn wechseln, und das erforderte seine volle ­Konzentration.

      *

      Pamela befand sich mit ihrer Klasse für ein paar Tage im Schullandheim, und Inge beschloss, ihrer Tochter eine Freude zu machen. Pamela wünschte sich unbedingt ein rotes Kleid, und leider hatten sie bislang nirgendwo eines gefunden, das ihren Wünschen entsprach. Aber es gab ein Foto, und deswegen war es für Inge einfach, roten Stoff zu kaufen, und Pamela das Kleid ihrer Träume zu nähen.

      Inge war nicht nur eine sehr gute Hausfrau, eine ebenso gute Bäckerin, nein, sie konnte ganz hervorragend nähen und hatte schon manches wunderschöne Kleidungsstück gezaubert.

      Sie war sich sicher, dass Pamela sich freuen würde, und das motivierte sie noch mehr.

      Sie saß an ihrer Nähmaschine, als Werner ins Zimmer kam.

      Sie hielt inne, blickte erstaunt auf.

      »Ich nähe gerade«, sagte sie, »doch wenn du einen Kaffee haben möchtest, dann unterbreche ich meine Arbeit.«

      Werner winkte ab.

      »Einen Kaffee möchte ich nicht, aber ich will mit dir reden, Inge.«

      Oje!

      Werner hatte offensichtlich noch immer nicht verwunden, dass Hannes ihn nicht in seine Pläne eingeweiht hatte, das nagte an seinem Ego. Der bewunderte Professor Auerbach wurde von seinem jüngsten Sohn ignoriert. Sie hatten mehr als nur einmal darüber diskutiert. Konnte Werner nicht aufhören damit? Deswegen störte er sie bei ihrer Arbeit? Das Kleid musste fertig sein, wenn Pamela wieder nach Hause kam, das war viel wichtiger als Werners Befindlichkeiten.

      »Werner, wenn du jetzt wieder von Hannes anfangen willst, dann lass es bleiben.«

      »Wollte ich eigentlich nicht«, sagte Werner ganz irritiert, »doch wenn du es schon mal in den Raum wirfst, dann kann ich nur sagen: Ich finde es unmöglich, dass Hannes mich übergangen hat, ja, ich gebe zu, dass es mich noch immer kränkt.«

      »Werner, du hast Probleme damit, wenn du nicht im Mittelpunkt stehst. Hannes ist nicht einer deiner Studenten, die du früher, als du noch an der Uni lehrtest, durchs Examen peitschen musstest, wolltest, was auch immer. Hannes ist dein Sohn, ein selbstbewusster, aber auch ein sensibler junger Mann, dem gerade sein Leben um die Ohren fliegt. Da braucht er Zuwendung, keine Ratschläge.«

      »Willst du damit sagen, dass ich meine Kinder nicht liebe?«, begehrte der Professor auf.

      Inge verdrehte die Augen.

      »Nein, Werner, will ich nicht. Aber du weißt so gut wie ich, dass du dich gern in deren Leben einmischst, dass du gern Vorgaben machst und dass du enttäuscht bist, wenn diese nicht befolgt werden. Das war bei Ricky so, bei Jörg, Pamela ist noch zu jung. Aber mit Hannes hast du es besonders, weil er sich dem, was du für ihn geplant hast, am liebsten sofort wieder planen würdest, widersetzt.«

      »Ich kam doch überhaupt nicht dazu, hätte er mir bloß etwas gesagt, dann hätte ich ihm diese Flausen mit dem Jakobsweg ausgetrieben.«

      »Wie du versucht hast, ihm Australien zu vermiesen, das mit Sundance I und II.«

      »Aber zu der Weltreise nach dem Abitur habe ich Hannes ermuntert«, rief Werner.


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