Lernort Auschwitz. Christian Kuchler
zurück. Beginnend in den 1980er Jahren referierten Pädagoginnen und Pädagogen von ihren in Polen gesammelten Erfahrungen,[131] bei welchen die Besuche im Staatlichen Museum stets eine besonders exponierte Stellung einnahmen. Obwohl sich die Fahrtgestaltung seit den 1980er Jahren durchaus veränderte und zunehmend innovativere Methoden, wie beispielsweise das Konzept Schüler-führen-Schüler,[132] die umfangreiche Einbeziehung von Zeitzeugen in die schulische Exkursion[133] oder die Nutzung des Ortes Auschwitz zur Erarbeitung des Themas Heterogenität,[134] eingesetzt wurden, finden sich weiterhin Schilderungen zu Reisen, die vorrangig auf Führungen durch die Gedenkstätte basieren.[135] Zugleich muss aber festgestellt werden, dass generell über die Intention von Lehrkräften, mit ihren Klassen oder Kursen eine Gedenkstätte zu besuchen, kaum Erkenntnisse vorliegen.[136]
Gleichwohl decken die genannten Texte der Lehrkräfte, ebenso wie der an anderer Stelle exemplarisch dokumentierte Eindruck eines einzelnen Lernenden,[137] nicht den Anspruch ab, empirisch abgesicherte Erhebungsergebnisse beizusteuern. Mit dieser Intention liegt bislang lediglich ein Titel vor, der die Auswertung einer schulischen Fahrt aus Thüringen nach Oświęcim erfasst.[138] Seine Befunde decken sich jedoch nicht mit den eingangs zitierten optimistischen Sichtweisen auf die langfristige Rezeption von Gedenkstättenfahrten, obwohl an der untersuchten Exkursion nur Lernende mit »positivem Sozialverhalten« hatten teilnehmen können.[139] Vielmehr scheinen sie skeptische Stimmen zu bestätigen, die vor einer Überbewertung von Besuchen im Staatlichen Museum warnen. »Auschwitz sperrt sich gegen jede Form der Didaktisierung«[140], formuliert Manfred Wittmeier etwa eindringlich. Die vereinfachte Hoffnung in Politik und Gesellschaft, Fahrten zu NS-Gedenkstätten im Allgemeinen und noch verschärft zum »Lernort« Auschwitz würden generell eine Katharsis bei allen Besuchern nach sich ziehen,[141] sie könnten demgemäß als »antifaschistische Schutzimpfung« dienen, wie dies im Jahr 2001 der damalige österreichischer Innenminister Ernst Strasser mit Blick auf Mauthausen formuliert hatte,[142] erscheint zu naiv-optimistisch.[143] Dennoch scheint in den letzten Jahren unter dem Stichwort der Holocaust Education eine Entkoppelung von den historischen Vorgängen eingesetzt zu haben, die vor allem auf eine Emotionalisierung setzt und weniger eine kritisch-analytische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.[144] Zugleich wird vor einer »Pädagogisierung der Erinnerungskultur«[145] gewarnt. Weiterhin gilt nämlich, dass ein direkter Zusammenhang zwischen einer umfassenden Kenntnis der Fakten über die nationalsozialistische Willkürherrschaft und der Bereitschaft, sich aktiv für den Erhalt einer freiheitlich demokratischen Ordnung einzusetzen, bislang nicht nachgewiesen ist.[146]
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