Die Amazonas-Detektive - Verschwörung im Dschungel. Antonia Michaelis

Die Amazonas-Detektive - Verschwörung im Dschungel - Antonia  Michaelis


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aus gutem Haus. Das ist schwieriger.«

      »Ach was. Ich denke nicht, dass eine Gefahr von ihnen ausgeht. Was im Übrigen tun wir mit den Studenten? Wir können sie nicht ewig da unten sitzen lassen.«

      »Nicht?«, fragte der rundere Mann und lachte wieder leise. »Hm. Nein. Wir sollten eine Lösung finden. Unangenehmes Thema. Es sind so viele. Einundzwanzig. Und sie hätten es fast geschafft, uns die Weltpresse auf den Hals zu hetzen. Lauter Zeitungen, die böse Artikel über uns schreiben … ein Glück, dass wir das noch verhindern konnten, nicht wahr? Ich werde jemanden finden, der die Drecksarbeit macht, ich kümmere mich. Gute Leute sind leider meistens sehr beschäftigt.«

      Er stand auf. »Aber zuerst kümmern wir uns jetzt um diesen Straßenjungen und seine kleine Freundin. Wir werden sie ganz höflich in meinen schönen Wagen einladen.

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      Dann fahren wir die Kleine zurück zu ihrem Großvater und den Jungen … nun ja, den nehmen wir noch ein Stückchen weiter mit. Sie wird ihn nie wiedersehen und dann vergessen. Sie hat genug anderes Spielzeug in ihrer silbernen Villa, ganz bestimmt.«

      Pablo spürte, wie ihm eiskalt wurde.

      Ximena zog ihn von der Tür weg, in den Flur, und hinter das einzige Ding, das dort stand: den schwarzen Kasten mit den alten Scheinwerfern. Sie kauerten dort, in einem Gewirr aus uralten Kabeln, das von den Scheinwerfern herunterhing, und Pablos Herz schlug wild in seiner Brust.

      Er sah, dass Ximena die Fäuste geballt hatte.

      Die beiden Männer schlenderten über den roten Teppichboden. Sie hatten es nicht eilig, klopften sich gegenseitig auf die Schulter und Pablo hörte den dünnen Mann sagen: »Und die Indios? Gehen die nicht auf die Barrikaden? Immerhin fluten wir zwei ihrer Dörfer. Das ist ein angeblich unkontaktiertes Volk, eines der letzten …«

      »Eben. Wir haben sie nur aus der Luft gesehen, vom Flugzeug aus. Keiner weiß von ihnen. Also?« Er lachte schon wieder. »Also wird es auch keinem auffallen, wenn sie nicht mehr da sind.«

      »Aber sie werden nicht einfach untergehen! Sie werden umziehen müssen und dann werden sie sich irgendwo beschweren …«

      »Das wird man sehen«, sagte der rundliche Mann. »Moment. Was ist das?« Er drehte sich nach den Scheinwerfern um und sein Gesicht sah auf einmal sehr gelb aus. Pablo sah, wie Ximena eine Hand vor den Mund schlug. Offenbar war einer von ihnen an irgendeinen Knopf gekommen. Der alte gelbe Scheinwerfer war angesprungen.

      »Hier ist Licht«, sagte der dünne Mann, etwas dümmlich. Auch er hatte sich umgedreht und ein anderer Scheinwerfer leuchtete sein Gesicht rosa an. Dann wechselte die Beleuchtung zu grün und blau.

      »Das ist merkwürdig, sonst schalten nur die Fremdenführer die alten Schweinwerfer an, wenn sie Touristengruppen hier herumführen«, sagte der runde Mann und machte einen Schritt auf den Kasten zu. »Da ist ein Schalter hinten an diesem Kasten …«

      Der dünne Mann sah sich nervös um und blinzelte. Gerade wurde seine Nase rot und dann orange. »Aber wer hat die Dinger angemacht?«, fragte er. »Ist jemand hier? Hat jemand uns belauscht?«

      Die beiden Männer standen jetzt genau vor dem Kasten. Und dann gingen sie darum herum.

      Diesmal war es Pablo, der Ximena um den Kasten zog. Die Männer standen wieder vor einer Seite, an der keine Kinder saßen. Sie gingen langsam und sorgfältig einmal um den Kasten herum und Pablo und Ximena rutschten genauso langsam und sorgfältig um den Kasten herum, immer so, dass die Männer sie nicht sahen.

      Pablo hatte furchtbare Angst, aber zugleich machte sich ein Lachen in seiner Kehle breit, das unbedingt hinauswollte.

      »Hier ist niemand«, sagte der runde Mann. »Jemand hat die Dinger angelassen und wir haben es vorhin nicht bemerkt. Gehen wir.«

      Als ihre Schritte, gedämpft vom Teppich, auf der Treppe verklungen waren, atmete Ximena auf.

      »Der Bürgermeister«, sagte sie. »Der runde Mann war der Bürgermeister. Er war zu Neujahr bei uns auf einem Empfang. Mein Großvater hasst Empfänge, aber zu Neujahr gibt er jedes Jahr einen, weil meine Großmutter das früher so gemacht hat. Ich mochte den Kerl schon damals nicht. Er hat mich in die Wange gekniffen und gesagt, ich sehe aus wie ein Engel.«

      »Ähem«, sagte Pablo. »Du … du siehst natürlich überhaupt nicht aus wie ein Engel.«

      »Und jetzt suchen sie da unten nach uns«, sagte Ximena. »Diese … diese …«

      Offenbar war sie nicht gut im Fluchen. »Hundesöhne?«, schlug Pablo vor. Sie nickte begeistert.

      »Weißt du, das ist etwas, was ich dringend lernen muss, wenn wir jetzt Detektive sind. Privatdetektive in Büchern trinken Whisky und benutzen derbe Flüche. Hundesöhne.« Ximena lächelte engelhaft. »So ein schönes Wort. Oh, warte. Wo ist eigentlich der Hund?«

      Sie sahen sich an. Sie hatten den Hund beide völlig vergessen.

      »Heute Morgen war er noch da, aber seit dem Theater nicht mehr …«, murmelte Pablo.

      Sie traten gemeinsam ans nächste Fenster und sahen hinunter auf den Platz, auf die Bäume, die Steinbänke, die verlassenen Caféstühle rings um den Platz. Alles war leer, nur ein paar Tauben flogen über das Pflaster. Und mitten auf dem Platz standen die beiden Männer in ihren cremefarbenen Anzügen und sahen sich um. Suchten zwei Kinder. Dann schüttelten sie die Köpfe und gingen davon, zu einem Wagen, der irgendwo wartete. »Die glauben, sie finden uns schon irgendwo«, knurrte Pablo. »Sie haben jemanden, der ihnen hilft. Es gibt einen Verräter unter meinen Freunden auf der Straße. Vielleicht hat der auch den Hund mitgenommen und irgendwo eingesperrt.«

      »Schau mal, da«, sagte Ximena und zeigte auf eines der Cafés. Und da sah Pablo den Hund. Er saß auf einem Caféstuhl, gegenüber vom einzigen Morgengast des Cafés. Die beiden teilten sich ein Sandwich und einen Kaffee. Der Cafégast hatte etwas aus seiner Tasse für den Hund auf eine Untertasse gegossen.

      »Das ist doch … das ist Tom Weißfeder«, flüsterte Pablo. »Der muss ja gestern ganz gut verdient haben, wenn er sich ein Frühstück im Café leistet. Komm, vielleicht lädt er uns auch ein. Tom ist gewöhnlich großzügig.«

      image»Ja, wir brauchen ein Frühstück«, meinte Ximena und lief leichtfüßig voraus, die Treppe hinunter. »Denn wir haben heute noch etwas vor.« Sie machte ihre Stimme ganz tief und sagte: »Diese Kinder werden wohl kaum das nächste Schiff zum Rio Demini nehmen.«

      Dann drehte sie sich zu Pablo um und Pablo grinste. »Dreimal darfst du raten, was wir jetzt tun.«

      »Jetzt nehmen wir das nächste Schiff zum Rio Demini«, sagte Pablo und hielt sie kurz an ihrem weißen Nachthemdärmel fest. »Aber – Ximena. Kannst du einfach so wegbleiben? Von zu Hause? Der alte Silberbaron wird sich schreckliche Sorgen machen.«

      »Ach, der ist froh, wenn ich weg bin, wetten?«, sagte Ximena. »Dann macht niemand Krach im Haus und singt und hüpft die Treppen hinunter. Dann kann er schön ungestört in einem Sessel sitzen und vor sich hin brüten.« Sie lachte.

      »Aber – hast du keine Angst?«, fragte Pablo. »Willst du wirklich in einen Wald fahren, in dem so viele seltsame Dinge passieren? Es gibt wilde Tiere und wilde Menschen offenbar auch und …«

      »Wilde Pflanzen?«, fragte Ximena. »Ja. Ich weiß das. Aber wir sind die Furchtlosen Drei vom Rio Negro.«

      »Und du hast nicht mal anständige Kleider!«, sagte Pablo.

      »Der Hund hat auch keine anständigen Kleider«, sagte Ximena.

      Pablo verdrehte die Augen. »Der Hund läuft nicht in einem weißen Nachthemd rum.«

      »Ich kann es ausziehen.« Ximena zuckte mit den Schultern und griff nach dem Saum des Nachthemdes.

      »Bloß nicht! Meinst du, nackt bist du weniger


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