Handbuch Qualitätsmanagement im Krankenhaus. Heidemarie Haeske-Seeberg
3.2 Wichtige Persönlichkeiten im Umfeld von Qualitätssicherung und Evidenzbasierter Medizin
Prof. Hans-Konrad Selbmann und die Gründung der Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung
Der Mathematiker Hans-Konrad Selbmann begann bereits in seiner von 1970 bis 1974 währenden Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung für Medizinische Statistik, Dokumentation und Datenverarbeitung der Universität Ulm sich mit dem Thema Qualitätssicherung zu beschäftigen. Nach mehreren wissenschaftlichen Stationen erhielt er 1984 den Ruf als C4-Professor für Medizinische Informationsverarbeitung an der Universität Tübingen, wo er ab 1986 bis zu seiner Emeritierung 2007 als geschäftsführender Direktor wirkte. Von 1985 bis 1987 war Selbmann Präsident der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Dokumentation, Informatik und Statistik (GMDS). 1988 bis 1990 gehörte er dem Sachverständigenrat der Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen und von 1992 bis 2000 dem Wissenschaftlichen Ausschusses für Gesundheitsforschung des Bundesministeriums für Forschung und Technologie an. Für sein ehrenamtliches Engagement erhielt Hans-Konrad Selbmann zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen.
1993 war Hans-Konrad Selbmann Initiator und Gründungsvorsitzender die Gesellschaft für Qualitätsmanagement in der Gesundheitsversorgung (GQMG).
Ernest Amory Codman als Begründer der medizinischen Ergebnismessung
Der 1869 in Massechusetts geborene Ernest Amory Codman erhielt 1895 seinen Abschluss an der Harvard Medical School. Er führte die ersten Morbidity-and-mortality-Konferenzen ein und war der erste US-amerikanische Chirurg, der den Genesungsverlauf seiner Patienten nach Entlassung systematisch verfolgte. Er ist Gründungsmitglied des American College of Surgeons und gilt als Begründer des sogenannten Outcome Managements. Er sammelte Daten über seine Patienten in sog. »End Result Cards«, in denen er auch Spät-Ergebnisqualität dokumentierte. Er strebte eine universelle, systematische Erfassung der Behandlungsendergebnisse sämtlicher Patienten an. Ziel war es, der Öffentlichkeit die Ergebnisse zugänglich zu machen und damit Patienten die informierte Wahl eines Arztes oder Krankenhauses zu ermöglichen. Codman gründete später ein eigenes Klinikum in Boston, um seine Reformideen zur Messung – und anschließenden Verbesserung – der medizinischen Behandlungsqualität umzusetzen.
Archibald Leman Cochrane und die Evidenzbasierte Medizin
Der 1909 geborene Schotte Archibald Leman Cochrane studierte Medizin in London. Er führte epidemiologische Studien durch. Mit der Veröffentlichung seines bahnbrechenden Buches »Effectiveness and Efficiency – Random Reflections on Health Services« im Jahr 1972 gilt Cochrane als Vater der Evidenzbasierten Medizin. Die im Jahr 1993 gegründete Cochrane Collaboration – ein weltweites Netzwerk von über 37.000 Ärzten und anderen Wissenschaftlern aus 130 Ländern – wurde nach ihm benannt. Sie wollen, im Sinne von Cochrane, die verfügbare medizinische Literatur hinsichtlich ihres Aussagewertes untersuchen (
Michael E. Porter und die Theorie der Value based Health Care42
Michael Eugene Porter wurde 1947 in Michigan geboren. Als Ökonom und Universitätsprofessor für Wirtschaftswissenschaft leitet er das Institute for Strategy and Competitiveness an der Harvard Business School. Er gilt als einer der führenden Managementtheoretiker und begründete die Theorien des strategischen Managements.
Gemeinsam mit Elizabeth O. Theisberg veröffentlichte er im Jahr 2006 das Buch »Redefining Health Care«43, in dem er seine Theorien auf das Gesundheitswesen übertrug. Gemeinsam mit Clemens Guth übertrug er in dem 2012 erschienenen Buch »Redefining German Health Care: Moving to a Value-Based System«44 seine Theorien auf das deutsche Gesundheitswesen.
Gemeinsam mit der Boston Consulting Group und dem Karolinska Institut gründete Michael E. Porter 2013 die non Profit-Organisation ICHOM (
»Ärzte denken bei Prostatakrebs über den PSA-Spiegel nach. Der durchschnittliche Patient tut das nicht. Deshalb müssen wir verändern, wie wir das Outcome unserer Patienten bewerten und mit ihnen über ihre Gesundheit sprechen.
Bei ICHOM entwickeln wir ein neues Paradigma, das auf Gesundheitsergebnisse ausgerichtet ist – die Ergebnisse, die den Patienten am wichtigsten sind. Das Ziel? Eine Welt, in der Patienten ihren Arzt nach sinnvollen Ergebnissen befragen, und Ärzte können datenbasiert antworten.
Für uns ist es mehr als nur eine Verbesserung der Beziehung zwischen Arzt und Patient. Wir schaffen eine neue Definition von Erfolg, die die Gesundheitsfürsorge auf verschiedene Weise verändert.45 «
Diesem Ziel folgend, erarbeiten internationale, virtuell vernetzte Arbeitsgruppen Messinstrumente mit verschiedenen Outcome-Dimensionen. Derzeit sind bereits Indikatorensätze für 26 Indikationsgruppen entwickelt46 und stehen für die Messung zur Verfügung. Dabei greifen die Arbeitsgruppen teilweise auf bestehende, validierte Indikatorensätze, z. B. der European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC) zurück. Im Mittelpunkt stehen dabei PROs. Im Board von ICHOM wirkt neben M. E. Porter auch D. Berwick mit.
3.3 Wichtige Institutionen für die Qualitätssicherung und das Qualitätsmanagement
Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG)
Das Institut ist für die konzeptionelle Weiterentwicklung der gesetzlich vorgegebenen Instrumente der QS von besonderer Bedeutung. Wegen des inhaltlichen Zusammenhanges wird das IQTIG im Kapitel Auszüge aus dem SGB V (
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen47 (IQWiG)
Als unabhängiges wissenschaftliches Institut untersucht das 2004 gegründete IQWiG den Nutzen und den Schaden von medizinischen Maßnahmen für Patientinnen und Patienten und informiert die Öffentlichkeit über Vorteile und Nachteile von Untersuchungs- und Behandlungsverfahren in Form von wissenschaftlichen Berichten und allgemein verständlichen Gesundheitsinformationen.
Das Bundessozialgericht hat 2012 in einem Urteil48 festgestellt, dass es bei der Festlegung von Mindestmengen keines beweisenden Nachweises für einen Zusammenhang von Qualität und Leistungsmenge in kontrollierten Studien bedarf. Es braucht jedoch eine Studienlage, die auf einen solchen Zusammenhang hinweist.
Im Rahmen der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen beauftragt der G-BA das IQWiG mit Evidenzrecherchen vor allem für die Festlegung von Mindestmengen. Solche Evidenzrecherchen einschließlich der zu verwendenden Evidenzstufen sind in der Verfahrensordnung des G-BA vorgesehen und ausführlich beschrieben.49
Das Ärztliche Zentrum für Qualität in der