Red Dirt Heart: Ungezähmte Erde. N.R. Walker
zu ihm.
Technisch gesehen waren wir verlobt. Ich hatte ihn gefragt, ob er mich heiraten wollte, und er hatte Ja gesagt. Aber wir hatten es noch niemandem erzählt oder es irgendwie offizieller gemacht. Das brauchte ich auch nicht. Es zu wissen, reichte aus.
Wie ich schon sagte. Zufrieden. Glücklich. Mit meinem Platz in der Welt im Reinen. Zu Hause.
Ich wünschte nur, wir könnten den ganzen Abend am Pool bleiben, aber unsere Zeit hier in Darwin war kurz und unsere Aufgabenliste lang. »Wann treffen wir uns heute zum Abendessen?«
»Sam meinte, dass sie gegen sieben hier sein würden.«
Sam, Charlies neu entdeckter Bruder, lebte in Darwin und wir hatten ihn in den zwei Tagen, die wir hier waren, schon zweimal gesehen. Charlie hatte Abendessen in unserem Hotel vorgeschlagen und Sam meinte, dass wir morgen die Bars unsicher machen könnten. Wir hatten an dem Abend bereits ein Geschäftsessen geplant, wie Charlie erklärt hatte, aber Sam bestand darauf, dass wir anschließend ausgingen. Also hatte Charlie nachgegeben und unser dreitägiger Aufenthalt in Darwin war vollkommen ausgebucht.
Nicht, dass es mich störte. Mir gefiel, dass Charlie eine Beziehung zu Sam aufbaute. Sie hatten in den letzten zwölf Monaten oft telefoniert und obwohl es unser erster Besuch bei Sam und Laura, Charlies biologischer Mutter, in Darwin war, war Sam zweimal zu uns auf die Farm gekommen. Er liebte es. Für ihn war es wie ein Arbeitsurlaub auf einer Farm. Er konnte reiten und Motorrad fahren, zelten und erledigte auch seinen Anteil an den Arbeiten und Aufgaben.
Ich mochte Sam. Er ähnelte Charlie sehr, nur in der Stadtversion, und trotz meiner Zurückhaltung am Anfang war ich sehr froh, dass sie sich kennengelernt hatten. Ich hatte sogar angefangen, Laura zu mögen. Sie hatte Geduld mit Charlie und Gott wusste, wenn jemand Charlie kennenlernen wollte, musste diese Person unendlich geduldig sein. Auf mich wirkte es, als hätte Laura nicht um ihretwillen wieder Kontakt zu Charlie aufgenommen, sondern für ihren Sohn. Sie wollte, dass Sam und Charlie Brüder waren, oder zumindest Freunde.
Und das waren sie. Es passte einfach.
Sie hatten denselben Sinn für Humor, was bedeutete, dass sie Dinge in ihrem Kopf lustig fanden. Wenn jemand etwas sagte, sahen sie sich einfach nur an und lächelten, als würden nur sie den Witz verstehen. Es war sehr unterhaltsam, das zu beobachten, und beim Abendessen war es nicht anders.
Sam, seine Freundin Ainsley, Laura und ihr Mann Steve trafen uns im Restaurant. Charlie, frisch rasiert, gut angezogen und noch besser riechend, verbrachte den Abend damit, mit seinem Bruder zu sprechen und zu lachen. Den Großteil des Abends hatte er seinen Fuß unter meinen gehakt und seine Hand lag unter dem Tisch auf meinem Knie und ich lächelte jedes Mal, wenn er lachte. »Nein, nein, nein«, antwortete er, nachdem er ihnen erzählt hatte, in einer E-Mail gefragt worden zu sein, ob er einen weiteren Absolventen über ein Austauschprogramm aufnehmen würde. So wie das, durch das ich damals vor seiner Tür gelandet bin. »Als ich das letzte Mal zugestimmt habe, ist der verdammte Kerl nicht mehr gegangen«, sagte er und legte seinen Arm um meine Schulter.
Darüber mussten alle lachen – oder vielleicht über meinen Gesichtsausdruck. »Vielen Dank auch. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass mich jemand gebeten hat zu bleiben.«
Charlie lachte leise und drückte mein Knie. »Und der Typ davor war Brite, der sich beinahe selbst gekocht hat.«
Sam lachte. »Er kam nicht gut mit der Hitze klar?«
»Nein, scheinbar nicht. Ich war in Sydney, als er da war, also hab ich es nicht mit eigenen Augen gesehen, aber nach dem, was ich gehört habe, war es nicht schön.«
»Aber mit dem Amerikaner hat es gut geklappt, nicht wahr?«, fragte Ainsley und zwinkerte mir zu.
Charlie sah mich an und lächelte. »Ja, ja. Ich hab beschlossen, ihn zu behalten.«
»Warum willst du dann keinen weiteren Agrarwissenschaftsstudenten?«, fragte Sam. »Bei dir hat sich jetzt alles beruhigt, nicht wahr? Ich meine, du warst vorher verdammt beschäftigt, aber jetzt ist es ruhiger, oder?«
»Ist es«, gab Charlie zu und zuckte dann mit den Schultern. »Im Moment ist alles perfekt. Ich hab meinen Abschluss – endlich – dank Trav, bin noch mindestens ein Jahr im Vorstand der Beef Farmers Association, wir haben den Vertrag mit dem Supermarkteinkäufer, Ma ist gesundheitstechnisch aus dem Schneider und alles läuft glatt.«
»Er will es nicht beschreien«, sagte ich. »Charlie scheint zu glauben, dass alles den Bach runtergeht, wenn er sein Glück herausfordert.«
Charlie versuchte nicht mal, es zu leugnen. Er lachte einfach. »Im Moment ist alles toll. Ich brauche nicht irgendeinen Jungen, der weiß Gott woher kommt und sich in der Wüste verirrt.«
Mir klappte der Mund auf. »Ich bin nicht irgendein Junge. Und ich hab mich nicht in der Wüste verirrt. Dein Pferd hat mich abgeworfen.«
Charlies Augen weiteten sich, als ihm offensichtlich klar wurde, was er gesagt hatte, und er drückte mein Knie. »Ich hab nicht dich gemeint!« Er lachte. »Aber ja, das alles ist dir passiert.«
Ich kämpfte gegen ein Lächeln an. »Ja, das ist alles lustig, bis jemand beinahe in der Wüste stirbt.«
Charlie lächelte mich an, aber seine Augen hatten einen weichen Ausdruck und er drückte leicht seinen Arm gegen mich und stieß mich auf eine Art und Weise an, die zeigte, dass es überhaupt nicht lustig gewesen war.
»Wie geht's Nugget?«, fragte Laura.
»Oh, ihm geht's super«, antwortete Charlie und sein Gesicht hellte sich sofort auf. »Immer noch eine absolute Nervensäge. Na ja, er nervt weniger, da ich ihn jetzt nachts nicht mehr füttern muss, aber er rennt immer noch durchs Haus.«
»Nagt immer noch alles an«, fügte ich hinzu.
Darüber musste Charlie lachen. »Er nagt nur Travs Sachen an. Die der anderen sind vor ihm sicher.«
Laura lachte. »Und wie geht's der bezaubernden kleinen Grace?« Es war ein paar Monate her, seit Laura sie gesehen hatte.
»Nun, Gracie ist die Allersüßeste«, sagte Charlie. »Sie läuft jetzt und spricht schon ein paar Worte. Ich versuche ihr beizubringen, Onkel Charlie zu sagen, aber es bringt sie nur zum Lachen.« Charlie strahlte einfach, wenn er von Trudys und Bacons kleinem Mädchen erzählte. Das tat er immer. »Dieses Wochenende hat sie Geburtstag. Deshalb müssen wir übermorgen wieder nach Hause. Es gibt eine sehr wichtige Feier, auf die wir uns vorbereiten müssen.«
»Charlie verwöhnt sie nach Strich und Faden«, sagte ich.
»Ich verwöhne sie nicht«, antwortete er abwehrend. »Ich…«
»Verwöhne sie«, beendete ich den Satz für ihn und lächelte ihn an. Dieses Mädchen hatte ihn vollständig um den kleinen Finger gewickelt. Vielleicht war er ein knallharter Rinderfarmer, aber dieses kleine Mädchen musste nur kichern und ihre Arme nach ihm ausstrecken, und er hob sie hoch und verwandelte sich in einen großen, schmalzigen Haufen.
Trotzdem konnte ich ihn noch immer nicht dazu bringen, darüber zu sprechen, mit mir Kinder zu haben.
Er wusste nicht, wie er sich so sehen sollte, wie ich es tat oder wie er glauben konnte, dass er solche Dinge in seinem Leben verdiente. Ich hatte zwei Jahre gebraucht, ihm klarzumachen, dass er es verdiente, geliebt zu werden. Ich wusste, dass es dauern würde, ihm zu zeigen, dass er heiraten und Kinder haben konnte. Aber es störte mich nicht. Ich konnte warten.
Ich wusste, dass seine Zurückhaltung und sein Zögern in Sachen Kinder nichts mit mir zu tun hatte. Es war eine tief verwurzelte Angst davor, Vater zu sein – oder eher, sein Vater zu sein.
Ich wusste das. Ich musste Charlie nur dazu bringen, es ebenfalls zu sehen.
Und in dieser Nacht machte das, wovon ich glaubte, es würde Jahre und winzige Schritte brauchen, einen riesigen Sprung. Nach einem ganzen Jahr, in dem ich nicht ein Wort, nicht eine Erwähnung darüber gehört hatte, sagte Charlie etwas, das ich nicht hören sollte.
Nach dem Abendessen gingen wir zur Bar. Es