Halbzeitpause. Ben Redelings

Halbzeitpause - Ben Redelings


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an manch roter Verkehrsampel gestanden. Kreitlein war sofort begeistert von Astons Vorschlag, Verwarnungen mit gelben und Platzverweise mit roten Karten zu ahnden. Und am Ende wurde es – nach einer über dreijährigen Umsetzungsphase – tatsächlich genauso gemacht. Eine Erfindung, auf die Rudolf Kreitlein bis auf den heutigen Tag sehr stolz ist.

      Dem Deutschen Kurt Tschenscher war übrigens die Ehre vorbehalten, die allererste Karte zu verteilen. Beim Eröffnungsspiel der WM 1970 zeigte er dem Spieler der UdSSR, Evgeni Lovchev, die gelbe Karte.

      Ata & Hermann: »Bei dir doch eigentlich nur Trainer-Stäbchen«

      Ata Lameck machte eine Stunde vor einer öffentlichen Veranstaltung ein ernstes Gesicht: »Hömma, gib dem Hermann heute aber mal keinen Alkohol.« Das Bochumer Urgestein nickte angestrengt mit dem Kopf und hinterließ den Eindruck, man müsse einen trockenen Alkoholiker vor dem ersten Glas Sprit seit Jahren bewahren. Doch die Aufregung schien umsonst. Als der Nachwuchs-Trainer des FC Bayern München den Backstage-Bereich betrat, wünschte er einen Milchkaffee – ganz ohne Schuss. Doch Minuten später reagierte Hermann Gerland auf die Frage nach einem Bühnengetränk mit der Antwort: »Da würde ich dann schon gerne ‘nen Gläschen Whis-key-Cola-light trinken.« Und Ata Lameck, der direkt neben seinem Freund Hermann saß und ihn mit einem Satz hätte retten, beschützen und aus dieser misslichen Lage befreien können, sagte nicht etwa beschwichtigend: »Och, Hermann, lass uns doch heute mal was ohne Alkohol trinken.« Nein, der Bochumer Rekordspieler nickte nur mit dem Kopf und erwiderte energisch: »Ja, würde ich dann auch nehmen wollen!«

      Kurze Zeit später riss sich Hermann Gerland die Hose herunter und lächelte die begeisterte Runde an: »Guckt mal, was hier steht. Hab ich zum Geburtstag bekommen!« Die Leute reckten die Köpfe nach vorne und beäugten des Trainers Unterhose. Dann sagte einer laut für alle, was vorne auf den Shorts stand: »Trainer-Stab«. Ata Lameck drehte sich grinsend zu seinem Freund um und meinte trocken: »Hermann, aber bei dir doch eigentlich nur Trainer-Stäbchen!«

      Auf der Bühne erzählte Gerland dann eine Geschichte aus früheren Zeiten: »Als ich in Kaiserslautern gespielt habe, da flogen dort Fledermäuse durchs Stadion. Und dann stand da ein Linienrichter. Einer von den Lauterern war drei Meter im Abseits, da hat der gewagt, die Fahne zu heben. Aber nur ein Mal. Beim zweiten Mal stand einer sechs Meter abseits. Da hat der Opa mit der Krücke, der schon beim ersten Mal nicht einverstanden war, hinter ihm gesagt: ›Hebst du noch ein Mal die Fahne, Junge, ich hau dir mit der Krücke die Fahne runter!‹ Und das hat er nicht nur gesagt!«

      Am Ende eines erlebnisreichen Abends erzählte Hermann Gerland, dass er früher ein Fan von Wolfgang Overath gewesen sei. Und um seiner Frau kurz zu zeigen, dass er mit seiner Meinung richtig lag, rief er in Bochum bei seinem Freund Ata Lameck an: »Ata, sag mal, wer war besser: Netzer oder Overath.« Und Lameck antwortete überlegt: »Kein Problem. Lass es mich in einem kleinen Vergleich sagen. Ich war Overath und du warst Netzer!« Hermann Gerland bedankte sich, lächelte und legte auf. Nun wusste auch seine Frau Bescheid, welcher Fußballer damals der größere von beiden war.

      Beckenbauer und Nurejew: »Mei, er hat’s halt versucht!«

      Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre war Cosmos New York der Place-to-be für alternde Weltstars. Carlos Alberto, Johan Neeskens, Pelé und Franz Beckenbauer spielten für den Klub aus der North American Soccer League. Doch bevor Beckenbauer 1977 für die damalige Rekord-Ablösesumme von zwei Millionen Dollar vom FC Bayern München zu Cosmos wechselte, musste er erst einmal von den Amerikanern überzeugt werden, wie er in einem Interview mit dem Magazin der Süddeutschen verriet: »Ausschlaggebend war ein Helikopterflug vom Dach des Pan Am Buildings durch Manhattan. Das war für mich der Flug in eine andere Welt. Über den Hudson, raus nach New Jersey zum Giants Stadium. Während wir übers Stadion fliegen, habe ich ihnen zugebrüllt: ›Also gut, hört’s auf, ich komme!‹«

      Und dort in New York lebte er Tür an Tür mit anderen Stars, wie beispielsweise dem weltberühmten Balletttänzer Rudolf Nurejew: »Rudolf war sechs Monate mein Zimmernachbar. Ein verrückter Hund. Bissel von der anderen Fakultät, der ich also nicht angehöre, wie man, glaube ich, mittlerweile weiß. Und ich weiß noch recht gut – wahrscheinlich ist es unhöflich, es zu erzählen, aber vielleicht ist es ganz nett –, er hat mir immer seine Ballettkarten gegeben, ich habe ihm Fußballkarten gegeben; er ist aber kein einziges Mal gekommen, weil er kein Fußballer war. Aber seine Sekretäre, Italiener, die sind natürlich immer zu uns ins Fußballstadion gegangen. Und dann haben wir uns einmal verabredet. Da sind wir irgendwo auf die andere Seite rübergefahren nach, nach Brooklyn in dieses Riverside Café – super unten am Eastriver, wo du rübersiehst zur Skyline von New York. Und dann, ja, wir sitzen hinten drin, Rudolf neben mir und er kommt ein bisschen näher und versucht sich ein bisschen mit meinem Knie zu beschäftigen; ich mein, ich kannte ja seine Neigungen. Und da habe ich gesagt: ›Rudolf, sei mir nicht bös. Bevor du jetzt weiter oder noch näher zu mir heranrutschst, bleib drüben sitzen, ich gehöre einer anderen Fakultät an.‹ Aber der hat das hingenommen, super; wir sind auch weiter Freunde geblieben und haben uns, was weiß ich, da und dort immer wieder getroffen …«

      In diesem Interview wurde Franz Beckenbauer schließlich gefragt, ob Nurejew denn nicht gewusst habe, dass er »einen besonderen Schlag bei Frauen« hatte? Und der Kaiser antwortete entspannt: »Mei, er hat’s halt versucht. Wir haben nie wieder darüber gesprochen, ich war ihm da aber auch nicht böse. Unerwiderte Liebe ist ja ein klassisches Opernmotiv, da wollte ich nicht in der Wunde bohren.«

      Cool

      »Wer so was macht, gehört auf der Stelle standesamtlich erschossen.« Wolfgang Dremmler, Trainer vom SV Lohhof über Fehlpässe

      »Gegen mein Training ist die Bundeswehr wie Urlaub.« Cottbus-Trainer Ede Geyer

      »Ich habe in meiner Laufbahn schon so viele Gegner nass gemacht – aus der Anzahl kriegt ihr locker eine Lichterkette von Ahlen bis Hamburg zusammen!« Ansgar Brinkmann beim Ahlener Training zu Mitspielern – kurz vor seinem Rauswurf

      »Ein Walter Frosch spielt nur in der A-Mannschaft oder in der Weltauswahl.« Walter Frosch, als Bundestrainer Jupp Derwall ihn in den Kader der B-Nationalmannschaft berufen wollte

      »Ich muss jetzt etwas Geld verdienen gehen.« Mike Büskens, Minuten vor einem Bundesligaspiel

      »Ich weiß nicht. Das ist doch meist am Mittwochabend. Da habe ich Kegeln. « Paul Steiner auf die Frage, ob er gerne in der Nationalelf spielen wolle

      »Wir werden herausfinden, wie das Ausgleichtor zustande kam, und wenn wir den finden, der es verschuldet hat, werden wir ihn erschießen.« Hans Meyer

      »Die Vorbereitung ist zum Kotzen da und muss hart sein.« Ede Geyer, der nach der ersten Woche bereits 15 Verletzte hatte

      »Ich kann nicht viel falsch machen. Ich hole den Würfelbecher raus und ermittele so die Spieler, die ich in der Abwehr aufbiete.« Klaus Toppmöller angesichts von Verletzungsproblemen in Leverkusen

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      »Ich traue mir auch zu, Vorwärts Honolulu erfolgreich zu trainieren.« Jupp Heynckes

      Frank Goosen: Papa Schiri

      Die Tage rief mich ein Freund aus Berlin an und brauchte meinen Rat. Er wolle anlässlich des Geburtstages seines Sohnes mit einer Horde Fünfjähriger in einen Park zum Fußballspielen gehen. Er selbst habe als Schiedsrichter zu fungieren. Da mein Freund zwar eine erkleckliche Anzahl an Studiensemestern in Philosophie hinter sich gebracht hat, Fußballstadien aber nur von außen kennt, wollte er wissen, was er zu beachten habe.

      Ob er beispielsweise mit Abseits spielen lassen solle. Das sei doch noch immer die interessanteste Regel im Fußball, auch philosophisch betrachtet. Ich riet ihm davon ab. In dem Alter kann man froh sein, wenn wirklich alle wissen, auf welches Tor sie zu schießen haben. Bisweilen hämmern sie noch aufs eigene, weil’s einfacher ist.

      Außerdem brauchen Kinder bekanntlich Grenzen und so ist unbedingt auf eine Begrenzung der


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