Die Diktatur der Triebe. George Lebelle

Die Diktatur der Triebe - George Lebelle


Скачать книгу

      Der Rechtsanwalt ging mit seinem Hausverwalter noch einmal die Gästeliste durch.

      „Also, der Luigi ist gerade gekommen. Die anderen kommen später um halb acht.“

      Auf der Gästeliste waren die Namen illustrer Menschen zu lesen:

       Fürst Dietrich zu Hohenlohe, Vertreter der reichen Adelsfamilien

       Kurt Schläcker, Abgesandter der Superreichen

       Gerhard Schröder, Innenminister von Berlin-Brandenburg

       Pater Hartmut Schleich, Vorsitzender der Partei der Religiösen

       Hans Olav Hundt, Präsident des Industrieverbandes

       Jakob Esser, Präsident des Verbandes Europäischer Banken

„Die haben alle zugesagt, spätestens um halb acht hier einzutreffen. Du lächelst, weil ein Pater auf der Liste ist?“

      Aufbegehren der Gewerkschaften

      Am Mittag waren die Vorsitzenden des Gewerkschaftsbundes und dreier Einzelgewerkschaften in einem unterirdischen, abhörsicheren Sitzungsraum des Berliner Gewerkschaftshauses zusammengekommen. Als Grund für die Eilkonferenz hatte Dr. Theo Sommer, der Vorsitzende des Gewerkschaftsbundes, die geheimen Pläne der Regierung angegeben.

      Über Kanäle, zu denen er nichts sagen dürfe, sei ihm das Putschprogramm des Kanzlers übermittelt worden. Dieses wurde gerade an die Anwesenden verteilt.

      Auf diesem Papier konnten sie lesen:

       Abschaffung des gesetzlichen Mindestlohns

       Streichung des Arbeitgeberanteils an den Sozialabgaben

       Aufhebung der Mitbestimmung der Arbeitnehmer

       Zerschlagung der großen Gewerkschaften

       Erneute Kürzung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe

       Abschaffung der Erbschafts- und Vermögenssteuer

       Senkung des Spitzensteuersatzes auf 20 %

„Das ist aber noch nicht alles. Piepgen und seine Gangster wollen außerdem die katholische Kirche wieder mit allen Rechten wie im Mittelalter beschenken und alle anderen Religionen zwangsweise in die katholische Kirche eingliedern. Es soll auch schon ein Geistlicher als Papst ausgesucht worden sein.“ Die drei Generäle

      Kampfroboter

      Karl-Friedrich und Inge Bornheim hatten im Offiziersheim der Kaserne Potsdam ein kleines Appartement bezogen.

      Als Folge der erotischen Entbehrungen in den letzten Wochen waren sie nach dem Abendessen im Kasino ins Bett gegangen. Drei Mal musste das Bett die wütenden Bewegungen der Liebenden ertragen, bis sie um elf Uhr das Licht löschten.

      Um halb vier summte das kaserneninterne Telefon und Kurt Eisner, der Heeresinspekteur, meldete sich.

      „Moin, lieber Bornheim. Soeben habe ich eine alarmierende Nachricht von einem zuverlässigen Offizier des militärischen Geheimdienstes erhalten.“

      „Ja“, murmelte Bornheim schläfrig.

      „In Hamburg wurden etwa tausend Kampfroboter aus den USA ausgeladen und in vier großen Hallen gelagert. Wahrscheinlich werden sie dort programmiert und sind in ein bis zwei Tagen einsatzbereit.“

      KFB war sofort hellwach. „Kann die Luftwaffe diese Hallen kurz vor Sonnenaufgang bombardieren?“

      „Ja, natürlich. Aber diese Roboter sind sehr widerstandfähig. Und sie schießen zurück.“

      „Dann setzen die eben Napalm oder so etwas ein, um die Elektronik abzufackeln.“

      „Einverstanden.“

      KFB wollte das Gespräch beenden, aber der General wollte noch etwas sagen.

      „Bornheim, es kommt noch schlimmer. In Bremerhaven sind Transportschiffe mit Panzern, Raketen, Flugzeugen und Lastwagen eingetroffen. Sie werden zurzeit entladen und in einen Marinestützpunkt östlich von Bremen überführt. Das wird zwar einige Tage dauern. Aber dann werden wir mit dieser Kampfkraft der Marine ein Problem haben. Wir wissen aber noch nicht, wie viele Panzer und Flugzeuge angelandet worden sind.“

      „Ja, aber warum versenkt ihr nicht die Schiffe und bombardiert die Hallen?“

      „Sie müssen das entscheiden, lieber Bornheim. Wir haben Sie als Oberbefehlshaber gewählt. Das war immer die Aufgabe der politischen Führung. Ihr Politiker wolltet doch, die Politik sollte den Vorrang haben, den Primat der Politik, sozusagen.“

      „Ich habe verstanden. Also befehle ich: Zerstören Sie alle Roboter und lassen Sie ermitteln, ob in anderen Häfen Roboter entladen worden sind. Diese sind ebenfalls zu eliminieren. Zweitens: Die Transportschiffe in Bremerhaven müssen versenkt werden, egal, welche Flagge sie tragen. Alle Stützpunkte der Marine um Bremerhaven und Bremen sind überfallartig auszulöschen. Verstanden?“

      „Sehr wohl, Oberbefehlshaber.“

      Karl-Friedrich drückte die Ende-Taste.

      Inge kicherte. „Na, dem hast du es aber gezeigt.“

      Nachdem ihr Mann wieder in das Doppelbett gestiegen war, schlief er sofort wieder ein.

      Inge hatte Angst. Wenn dieser gefährliche Putschversuch scheiterte, würden sie beide erschossen, im schlimmsten Fall zu Tode gefoltert werden. Die Bande, die Kanzler Piepgen um sich geschart hatte, wäre jeder sadistischen Prozedur fähig. Inge lag darüber noch lange wach.

      Als die Bomber der Luftwaffe im Morgengrauen Hamburg erreichten, waren die Roboter bereits ausgeladen und hatten sich in Marsch gesetzt.

      Plangemäß setzten sich in Hamburg, Travemünde und Rostock um zwei Uhr 1500 Roboter nach Süden in Bewegung nach Berlin. Die Straßen waren um diese Uhrzeit natürlich leer. Den wenigen Autofahrern fielen die zwei Meter hohen, gedrungenen, menschenähnlichen Maschinen nicht auf, weil sie matt-grau gestrichen waren und nur einzeln marschierten.

      Kurz vor drei Uhr brauste ein Lastwagen des Heeres auf der Autobahn von Lübeck nach Osten. Es war vollkommen dunkel. Die beiden Soldaten im Fahrerhaus hatten sich bis vor Kurzem unterhalten. Aber nun war der Beifahrer eingeschlafen.

      Sie hatten den Auftrag, Munitionskisten zum Heeresstandort bei Rostock zu bringen. Sie waren sich einig, dass ein derartiger Transport Blödsinn sei, denn da gebe es ja den Marinestützpunkt, und die hätten genug Munition. Die Autobahn war leer und der Fahrer kämpfte mit der Müdigkeit und der Langeweile.

      In gut dreihundert Metern Entfernung reflektierte etwas das Scheinwerferlicht. Und da bewegte sich etwas.

      Der Fahrer sah nun ein seltsames Objekt auf der Überholspur. Das Ding näherte sich auf dem linken Fahrstreifen. Instinktiv trat er auf die Bremse. Aber es war schon zu spät. Ein Blitzstrahl schoss aus dem Ding und zerstörte die Fahrerkabine. Der Fahrer war sofort tot. Der Armeelastwagen schleuderte und krachte in die rechte Leitplanke. Der Beifahrer verlor das Bewusstsein.

      Der Roboter registrierte den LKW als zerstört und marschierte weiter.

      Erst zwei Stunden später stoppte ein Auto an der Unfallstelle und meldete der Autobahnpolizei den Unfall.

      Da waren die Roboter schon 60 bis 80 km weiter nach Süden vorgedrungen.

      Wenige Minuten nach vier stiegen von den Stützpunkten der Luftwaffe in Norddeutschland zwanzig tief fliegende Jagdbomber auf, um die Luftabwehr der Marine auszuschalten. Wenig später verließen dreißig Kampfbomber ihre Hangars in Emden, Wilhelmshaven und Harburg, starteten und steuerten Bremerhaven an. Der Befehl des Luftwaffeninspekteurs lautete: Schiffe versenken, Schwertransporter und LKWs der Marine zerstören, Marinestützpunkte


Скачать книгу