Die Diktatur der Triebe. George Lebelle

Die Diktatur der Triebe - George Lebelle


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gebliebenen Soldaten, wie aus dem rechten und dem linken Arm des Roboters je ein Blitz aufleuchtete. Die beiden waffentragenden Soldaten waren sofort tot. Die vier in der Pförtnerloge warfen sich auf den Boden. Einer von ihnen konnte noch die Alarmtaste drücken und sein Kollege unter „besondere Vorkommnisse: Roboter greift an“ in das digitale Wachbuch eintippen.

      Sirenen heulten auf, plötzlich war das Kasernengelände taghell erleuchtet.

      Aus den Baracken stürzte die Kompanie der Alarmbereitschaft. Die gut fünfzig Soldaten in Kampfmontur waren mit Maschinenpistolen ausgerüstet.

      Der kommandierende Hauptmann ließ das Funktelefon in der Wache klingeln und erfuhr, dass ein Kampfroboter zwei Soldaten getötet habe und vermutlich in die Kaserne eindringen werde. Wahrscheinlich sei er mit Hochleistungslasern ausgerüstet. Der Hauptmann ließ die Soldaten Deckung nehmen, informierte sie über die Lage und versorgte sie mit Flammenwerfern und Panzerabwehrraketen.

      „Diese Sachen werden ihn wohl umbringen.“

      Er hielt die Situation für so gefährlich, dass die 50 Mann von der Alarmbereitschaft mit dem Roboter nicht fertig werden würden, und löste Großalarm für alle anderen 400 Soldaten aus. Der befehlshabende Major teilte die Lagebeurteilung des Hauptmanns.

      Er ließ alle Scheinwerfer ausschalten, denn seine Männer wären bei dieser Helligkeit zu leicht zu erkennen. Man sagte, die Infrarotbilder des Roboters wären nicht so scharf und kontrastreich wie Aufnahmen mit sichtbarem Licht.

      Vermutlich traf das auf diese neue Robotergeneration zu. Zusätzlich zu den optischen hatten sie auch feinste akustische Sensoren und konnten außerdem Gerüche wahrnehmen, alles zusammen viel besser als ein Mensch.

      Leider waren die 18 Panzer an diesem Standort nicht einsatzbereit. Die müssten erst noch betankt und mit Munition versorgt werden.

      Inzwischen hatte der Roboter mit einer Ladung Plastiksprengstoff das Haupttor in Stücke gerissen.

      Da es sein Auftrag war, die Panzer, LKWs und Munitionslager am Standort Heidegrund zu zerstören, ignorierte er das Wachgebäude und die Wohnbaracken und schwenkte nach rechts zu den Lagerhallen.

      An den Hallenecken, auf den Hallendächern und hinter den im Gelände verstreuten Betonsperren warteten die Soldaten „auf den Feind“.

      Natürlich erkannte der Roboter die hin und her huschenden Soldaten, aber er hatte Prioritäten zu setzen. Er schoss zwei Nebelgranaten ab, um die Soldaten zu verwirren.

      Das Tor zu der riesigen Panzerhalle hatte er schnell zerstört.

      Der Major kauerte gegenüber der Panzerhalle auf dem Boden und bedeutete den fünf Mann mit den Panzerabwehrraketen, auf den Roboter zu feuern.

      Der Roboter liquidierte zuerst die vier Soldaten auf dem Dach, die auf ihn zielten. Er sah die Raketen auf sich zurasen, sprang seitwärts und erschoss den Major und die fünf Soldaten mit sechs simultanen Laserimpulsen.

      Wenn der Roboter hätte lächeln können, so hätte er jetzt gelächelt, denn die an ihm vorbeifliegenden Panzerabwehrraketen setzten drei Panzer in Brand.

      Innerhalb einer halben Minute verschoss er seine gesamte panzerbrechende Munition. Die Hallendecke wurde glühend heiß, die senkrechten tragenden Säulen zerbrachen und die Geschützrohre der Panzer wurden weich und schlaff. Dann stürzte die Hallendecke in ein Flammeninferno.

      Aufgabe 1 erledigt, registrierte sein Arbeitsspeicher.

      Einhundertfünfzig Meter vor sich erkannte er eine Phalanx von Flammenwerfern und Panzerabwehrkanonen und aktivierte sofort sein Sprunggelenk, das ihn auf das Dach der nächsten Halle katapultierte. Bevor die Soldaten überhaupt die Ortsveränderung des Roboters wahrgenommen hatten, wurden sie alle durch eine Phosphorbombe verbrannt.

      Der Hauptmann, der erkannt hatte, worauf es dem Roboter ankam, wollte ihm den Weg zum Munitionsbunker versperren. Soldaten versuchten, ihre Flammenwerfer einzusetzen. Aber der Roboter war schneller. Alle Soldaten des Kommandos wurden eliminiert.

      Der Roboter legte um das Munitionslager ein Kabel, erschoss zwischendurch einige auf ihn lauernde Soldaten und befestigte an geeigneten Stellen Brandbomben.

      Er zerschnitt den Kasernenzaun, zündete die Sprengsätze und kauerte sich tief in eine Bodensenke.

      Die Explosion war so gewaltig, dass im entfernten Braunlage um fünf Uhr ein heller Blitz zu sehen war.

      Einige Sekunden nach der Explosion zerstörte der Roboter sämtliche Armeelastwagen durch Brandsätze.

      Damit waren seine Aufgaben erledigt und er machte sich auf den Weg nach Berlin, genauso wie mehr als 1400 andere Kampfroboter. Dort hatten sie den militärischen Ring des Heeres um Berlin auszuschalten.

      Karl-Friedrich Bornheim, seine Frau Inge und die drei Generäle Baudissin, Brandt und Eisner sprachen über die Lage.

      Es war früh am Morgen, gerade einmal halb sieben. Die Bedienung räumte das Frühstücksgeschirr und die Reste der Mahlzeit vom Tisch und vom Büffet.

      Brandt: „Unsere Luftaufklärung meldet zwei Konvois mit 120 Transportschiffen im Nordatlantik, etwa vier Tage von Bremerhaven entfernt.“

      Inge Bornheim: „Wahrscheinlich weitere Lieferungen von Panzern, Raketen, Flugzeugen und Munition.“

      Brandt: „Ja, sehr wahrscheinlich. Aber dieses Mal sind sie in Begleitung von 50 Kriegsschiffen, darunter zwei Flugzeug- und ein Hubschrauberträger. Die werden wir kaum versenken können.“

      Bornheim (KFB): „Die werden damit rechnen, in Bremerhaven wieder angegriffen zu werden. Kann man die nicht schon jetzt angreifen?“

      Baudissin: „Mit U-Booten vielleicht, aber die hat nur die Marine. Mit Flugzeugen kaum. Die werden abgeschossen, sobald sie in Reichweite sind.“

      Inge Bornheim: „Und wenn die Flugzeuge Raketen aus großer Entfernung abschießen, zumindest auf die Flugzeugträger und größeren Kampfschiffe.“

      Brandt: „Ja, dazu brauchen wir mindestens hundert Jagdbomber mit je vier großkalibrigen Raketen. Die haben wir.“

      Luftwaffeninspekteur Peter Brandt rannte aus dem Besprechungszimmer. Bis die Flugzeuge betankt und mit den Raketen bewaffnet wären, würde mindestens eine Viertelstunde vergehen.

      Mit dem altmodischen analogen Funknetz, das weder die Geheimdienste noch die Marine abhören konnten, hatte er in wenigen Minuten die Einsatzbefehle an alle Luftwaffenstützpunkte und an die Satellitenaufklärung verteilt.

      Fünf Minuten später blinkten in den Flugplatzkasernen die Alarmampeln.

      General Brandt kehrte in den Besprechungsraum zurück.

      „Ich hoffe, in zehn Minuten sind die Maschinen in der Luft. Zwei Flugzeuge mit je vier Raketen für jedes Schiff. Vierhundert Raketen für 170 Schiffe, das müsste klappen.“

      „Das bedeutet, wir treten in einen Krieg mit den USA ein“, wandte Inge ein.

      „Sicher. Aber sehen Sie eine andere Lösung? Krieg bedeutet erst einmal Bürgerkrieg in Deutschland. Es ist die Frage, ob sich die USA darin verwickeln lassen wollen.“

      „Wenn Piepgen denen was zu bieten hat, nach seinem Sieg im Bürgerkrieg, dann werden die sich einmischen. Militärstützpunkte, ungehemmte Industriespionage, Börsenmanipulationen, Aufkäufe von Unternehmen.“

      „Damit beraubt er sich ja seiner Macht.“

      „Das ist dem doch egal. Hauptsache, er bleibt Kanzler, kann Luxus fressen und saufen, und vor allem luxusficken.“

      „Aber Inge, deine Ausdrucksweise!“

      „Ist doch wahr.“ Sie schwieg kurz. „Es scheint ja, dass Großbritannien und Russland nach der Versenkung ihrer Schiffe keinen weiteren Nachschub mehr entsenden. Die haben wohl genug Schiffe verloren.“


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