BELARUS!. Группа авторов

BELARUS! - Группа авторов


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or beaten.

      I won’t have to cry anything,

      I won’t have to do anything,

      Just stand silently, just be.

      I know I have to get used to that thought

      Just in case, because it’s so likely to happen.

      (Oh, my! I haven’t saved those telephones yet

      Whom to contact in case of detention.)

      I can’t say that in Belarusian,

      I can’t say that in Russian,

      I can’t say that in Ukrainian,

      Only in English: I am afraid,

      Only in German: Ich habe Angst,

      Only in Norwegian: Jeg er redd.

      That’s enough, for other variants,

      Please, use Google translate.

      The translations should be more

      Or less accurate. These are not

      Those strange East European languages

      With their funny Cyrillic letters.

      I’m afraid

      Like you would be in my place,

      If you lived in a country that is not free

      Where they’ve had the same president

      For 26 (!) years. Oh, my god! more than

      Two thirds of my life I’ve spent

      Under the power of a crazy person

      Whom I’ve never voted for!

      Sorry, it’s a long poem,

      Because it’s a long story,

      I spent more than two thirds of my life

      Under the power of the man

      I’ve never voted for,

      Who harassed and suppressed and killed

      (They say).

      And when I come to the literary festivals abroad,

      And when I speak English

      I try to tell the complicated history of my country

      (When I am asked)

      As if I am another person,

      As if I am like all those European poets and writers,

      Who do not have to get used to the thought

      That they could be arrested and beaten

      For the sake of their country’s freedom.

      As if my ugly history is just a harsh story

      That I can easily put out from the Anthology of

      Modern European short stories because

      It’s too long,

      And too dull.

      When I tell it in English,

      I want to pretend that I am you,

      That I don’t have that painful experience

      Of constant protesting and constant failing,

      That nasty feeling of frustration and dismay.

      I want to pretend that I have a hope,

      Because when I tell it in Belarusian

      I realize, we all realize, there is none

      We can look forward to.

      So forgive me my nagging in a half-broken English,

      My Eastern European neverending complaints,

      As having read the books you’ve read,

      I still want to have a hope,

      I still believe I have a right for a hope,

      That hope could build its nest

      On my roof and sing its songs

      In Belarusian

      (Not in Russian).

      EIN AUFSTAND DER FRAUEN

       Vorbemerkung

      Seit den gefälschten Wahlen in Belarus am 9. August 2020 bis zu dem Tag, an dem dieses Buch in den Druck geht, dem 3. November, sind 86 Tage vergangen. In dieser Zeit gab es Proteste und Demonstrationen in Minsk, in Homieĺ, in Brest, in Hrodna, in vielen Städten von Belarus. Zehntausende, Hunderttausende waren und sind auf den Straßen und Plätzen, Tausende wurden von OMON-Schlägern aufgegriffen, in anonymen Transportern verschleppt, in überfüllte Zellen gesteckt. Brutale Schläge, unzählige Verletzte, eine unbekannte Zahl von Verschwundenen, mindestens vier Tote unter den Protestierenden bis zu diesem Datum – das Regime wehrt sich mit seinen Mitteln.

      Und es wird der Lage nicht mehr Herr. In Belarus ist eine ganze Gesellschaft erwacht und will keine Ruhe mehr geben.

      Die Revolution in Belarus hat viele Gesichter. Die Proteste gegen die offensichtlich gefälschten Präsidentschaftswahlen werden von Menschen aller Schichten getragen – Arbeiter, Rentnerinnen, Kulturschaffende, IT-Fachleute, Studierende – alle gehen sie auf die Straße. Die Bilder in Weiß gekleideter Frauen mit Blumen vor bewaffneten schwarz vermummten „Sicherheitskräften“ gingen um die Welt, und sie sind eindrucksvoll.

      Der Eindruck ist nicht falsch: Der Aufstand im Land ist ein Aufstand der Frauen, wenn auch nicht allein der Frauen. Aber was genau ist das „weibliche Gesicht“ der Revolution: eine reale Kraft, ein medialer Effekt? Kitsch mit weiterhin patriarchalem Unterbau oder zukunftsweisende Dynamik des gesellschaftlichen Umbaus?

      Mancher tut sich schwer, den Aufstand der Frauen ernst zu nehmen – ist er doch eine durch und durch moderne Umwidmung des Begriffs der Revolution. Und er ist auf noch zu erkundende Weise eine Neufassung des Feminismus – ohne dass wir es mit spezifisch feministischen Aktionen zu tun hätten.

      Auch Jeanne d’Arc ist nicht allein in ihrer Rüstung in die Schlacht gezogen, es wird manchen armen Hund gegeben haben, manchen Jean ohne Namen, der geblutet hat. Aber jeder Umbruch findet sein eigenes Bild. In Belarus prägen dieses Bild die Frauen. Wie lässt sich ihre Selbstermächtigung erklären? Und was geschieht mit einer Gesellschaft, die in ihrer Suche nach einem neuen Selbstverständnis aus einer langen Passivität erwacht ist?

      Niemand kann sagen, was sein wird, wenn dieses Buch fertig gedruckt ist und gelesen wird, ob die friedfertige Revolution in Belarus sich – wie auch immer – durchsetzt; ob das Regime noch brutaler zuschlägt und ein Blutbad anrichtet; ob der mächtige Nachbar im Kreml eine Entscheidung nach seiner Façon herbeiführt. Was man aber bereits heute sagen kann: Der Aufstand hat das Land verändert in einer Weise, die kaum jemand erwartet hatte – und die sich nicht mehr rückgängig machen lässt.

      Wir versammeln hier vielstimmige Texte, die helfen sollen, das Geschehen in Belarus nachzuvollziehen und in einen breiteren Kontext zu stellen. Unsere Autorinnen gehen auf historische Hintergründe ein, auf Symbole, Chiffren und Klänge der Revolution, auf Repressalien und zivile Selbstorganisation, auf Frauenbilder, Partisaninnen und kollektive Traumata, auf wirtschaftliche Aspekte, auf die Rolle Russlands und Europas.

      Befragt nach seinen Leseempfehlungen für ein besseres Verständnis des aktuellen Geschehens in Belarus, sagte der ukrainische Schriftsteller Serhij Zhadan: „Vielleicht ist es in dieser Situation am besten, nicht die Experten und die Politologen zu lesen, sondern die Leute, die direkt an den Ereignissen teilnehmen. Das sind äußerst subjektive, dafür maximal offenherzige Berichte, und ich denke, dass sie die jetzige Situation in Belarus am genauesten charakterisieren.“

      Diesem Rat wird vielleicht die Sammlung chronologisch geordneter Stimmen ganz unterschiedlicher Akteurinnen


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