Mond über Beton. Julia Rothenburg

Mond über Beton - Julia Rothenburg


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Wieder Applaus, noch mehr Applaus. Da ruft jemand in der Menge, wie Schafsblöken ist das. Bäh bäh bäh uns gehört bäh ist unser bäh bäh. Hach, wie hat er das geliebt, Gras hinein in die Hosen und in den Pulli und die Hände in die Erde und die Hände an Omas Rock abgewischt und auf zur Mutter nach Hause, schnell wie der Wind ist er, und Ario, der Halunke, schnappt sich das Portemonnaie.

      * * *

      Mutlu sitzt neben Cemal und Yussuf, und ein Geröll von Stimmen ist das. Hagelt alles runter, die Frauenstimmen hoch wie Windjaulen, dazwischen Yussuf, der sich immer wieder meldet, vom Gemüseladen erzählt, wie schlimm das doch alles. Dealer auf der Straße, Dealer am Kotti. Dealer, früher nicht, jetzt nur noch, und Kot und die Kinder auf den Spielplätzen spielen nicht mehr, weil die Eltern, alles Yuppies, alles Reiche, und wer räumt denn bitte die Spritzen weg, da kann man doch keine. Mutlu denkt: alles Bilder, alles wie Film.

      Hilal, wie sie bei der Hochzeit neben ihm saß, Standesamt Kreuzberg, seine Hand schwitzig, ihre trocken. Vorher zog er sie in eine Einfahrt, ohne die anderen: Ich liebe dich. Wie sie sich beim Hochzeitstanz um sich selbst, wie sie wochenlang ihr Kleid. Sie war doch glücklich, war sie doch, sie war ganz glücklich, ganz sicher war sie das. Hilals Lippen waren immer weich beim Küssen, der Mund leer. Hilal steht mit Barış, dem Kleinen, den es jetzt nicht mehr gibt, Barış, dem Baby, auf dem Spielplatz. Hilal guckt das Baby an, guckt sich um, schaufelt Sand, Barış lacht.

      Sind ja doch nur Bilder.

      Die Polizistin redet, redet immer lauter, ein Mann auf dem Podium schreit ihr entgegen, schreit ins Mikrofon, und Cemal: Unglaublich, unglaublich.

      Mutlu: Pst, ich will da zuhören.

      Aber die Polizistin vorne kommt schon wieder nicht zu Wort, diesmal ist es der Schuster von rechts neben dem Supermarkt, der brüllt: Wer hilft uns denn, wer? Niemand interessiert sich für uns! Die Politik schaut weg!

      Cemal: Jetzt hör doch mal, pst, Mutlu, ich sag dir, die reden Unsinn, war schon immer so hier, war noch nie anders, regen sich jetzt auf wegen Spielplätzen. Da muss man mit seinen Kindern eben woandershin.

      Es geht um Gastarbeiter, jetzt reden die Deutschen vorne über Gastarbeiter. Unsere Gastarbeiter, also die ehemaligen, unsere, wir verstehen uns ja so gut. Wenn nur nicht die ah Nord-a-f-r-i-k-a-n-e-r, diese ah äh oh A-r-a-b-e-r.

      Mutlu meldet sich. Meldet sich eine ganze Weile, der Arm wird schwer, man sieht ihn nicht, so weit hinten sitzt er. Es gibt Geschrei wegen irgendwas. Ein Punk redet, Stimme wie ein Rülpsen.

      Mutlu kommt nicht dran und lässt den Arm sinken. Yussuf ist dran, warum wurde der gesehen?, da hebt Mutlu gleich noch mal den Arm, und wieder Yussuf: Dealer und Polizei, wenn die nicht durchgreift, dann müssen wir eben selbst. Oh, Lachen im Publikum. Wir hier am Kotti, ist doch unsres, ja unsres. Unser.

      Auf einmal ist Mutlu alles zu laut. Wieder der Schuster: Damals, da hat sich auch schon keiner. Wer hört denn, wer macht denn, wer will denn.

      Mutlus Hand zuckt ihm im Schoß, und im Raum ist Hitze.

      Uns wurde immer geholfen, Hilal, nicht wahr? Die können sagen, was sie wollen.

      Sie sagen, was sie wollen. Yussuf und Cemal und die anderen und ihre Münder sind immer voll.

      Die Hitze ist in Mutlus Kopf, und Mutlu steht auf. Kein Blick folgt ihm. Mutlu geht einen Schritt, da ist plötzlich Stille im Raum. Wie vor einem Sturm: nichts, dann Gekreische. Setz dich wieder, Mutlu, sei kein Dummkopf. Mutlu setzt sich wieder. Hebt den Arm.

      Du hast meine Hand gesehen, nicht wahr, Hilal? Zu dir spreche ich noch.

       Denkt ihr, eure Kontobewegungen interessieren mich?

       Denkt ihr, eure Liebesgeschichten interessieren mich?

       Oder wen ihr hasst und ob ihr etwas sagen dürft oder nicht.

       Oder wem was gehört oder wer wem warum wann wie etwas gegeben oder nicht gegeben hat.

       Oder wer warum wie wann von jemand anderem etwas bekommen hat oder nicht bekommen oder bekommen soll, will oder wollte oder dürfte oder musste oder müsste.

       Was mich interessiert, ist, wie ihr kleine Scheinchen gegen große Steine tauscht. Wie ihr kleine Bälger gegen ältere Bälger gegen Erwachsene tauscht. Wie ihr mir Löcher in die Wand bohrt und Wände herausreißt und wieder hineinschiebt in mich, als könntet ihr euch alles erlauben.

       Denkt ihr also, mich interessiert eure jämmerliche Geschichte der Kontobewegungen? Ihr habt mein Gesicht festgehalten und mich gezwungen hinzusehen: Wie ihr dort saßt in meinem Schoß, dem verstümmelten, und es ging um Konkurs, und Verträge wurden gemacht und nicht eingehalten, und ihr habt auf Böden getrampelt und auf Tische gehauen.

       Ich habe versucht zu blinzeln, die Augen zu schließen. Und dann kamen mir die Tränen, und ihr schicktet einen Klempner und sagtet: Dieses Haus, dieses Haus geht vor die Hunde. Habt mich weitergereicht von einem Konkursverwalter zum nächsten. Konkurs, Schulden, ein Millionengrab, das waren eure Worte.

       Warum warum warum seht ihr denn nicht, dass nicht ihr, sondern ich es bin, der blutet?

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