HIMMEL, HÖLLE ODER HOUSTON. Thom Erb

HIMMEL, HÖLLE ODER HOUSTON - Thom Erb


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setzen gleich zur Landung an, also bitte nehmen Sie alle Platz und sehen Sie zu, dass Sie Ihre Sicherheitsgurte angelegt haben«, flötete nun der Kapitän fröhlich durch die Lautsprecher im Raum, dessen Luft man gerade vor Spannung schneiden konnte.

      »Also bei Gott, Jesus und allen Heiligen der Welt, wenn Sie da mal keine scharfe Braut Ihr Eigen nennen, Junge.« Der Alte griff sich wieder in den Schritt und bewegte seine Zunge. So wie er nun grinste, hätte er sich glatt die ganze Brieftasche einfahren können. Sein Lachen wuchs sich nun langsam zu einem Raucherhusten aus.

      Ich wurde jetzt schlagartig erneut stinkwütend. Aber kaum, dass ich einen Schritt auf den widerlichen Politiker zuging, blieb ich auch schon wieder stehen, denn meine Partner waren sofort nachgerückt. »Der alte Wichser wird jetzt sein Amt niederlegen – und zwar unfreiwillig!«, zischte ich vor mich hin.

      »Machen Sie mal halblang, Cowboy. Nur die Ruhe. Ich wollte damit doch nur sagen, dass Ihre Zukünftige eine wahre Schönheit ist.« Der feiste Lustmolch hob jetzt eine seiner Pranken hoch, um mich zu stoppen, und setzte dabei ein schmieriges Lächeln auf. Gern hätte ich ihm trotzdem seinen Zahnersatz in den nach Whiskey stinkenden Rachen gerammt, hielt mich aber zurück.

      »Ja. Das … ist sie wirklich. Danke … Vielen Dank, Sir.« Ich rang mir die Worte mit angespannten Lippen ab. Immer noch passten meine Kollegen wie übertrieben fürsorgliche Kindermädchen auf mich auf.

      »Aber mal eine Frage, mein Sohn: Schmeckt ihre Möse denn auch so süß, wie sie aussieht?« Das Ekel streckte nun seine Zunge wieder heraus, fuhr damit über das Foto und grunzte laut, während er es vor sein geiferndes Gesicht hielt.

      So schnell, dass es selbst die anderen Ranger überraschte, sprang ich vorwärts und verpasste dem geilen Bock einen Kinnhaken, der ihn von seinem Sitz kippen ließ. Als er schließlich ausgestreckt auf dem Teppichboden liegen blieb, sah ich, wie Higdon sofort zu ihm eilte, während ich von Novak weggezogen wurde. Er drückte mich gegen die Wand, und ich wehrte mich rasend vor Wut, doch er war gut fünfzig Pfund schwerer als ich, und die paar Gläser Jameson, die ich getrunken hatte, gereichten dem großen Mann ebenfalls zum Vorteil. Er war zu stark und rang mich deshalb einfach nieder. Deswegen würden wir später unbedingt noch eine Unterhaltung führen müssen.

      »Komm wieder runter, Jay. Du brauchst dich doch nicht auf diese Weise in Teufels Küche zu bringen«, flüsterte mir Novak ins Ohr. Ich starrte auf den blutenden Abschaum vor mir am Boden; wirklich, ich wollte den Bastard unbedingt umbringen. Gleichzeitig wusste ich aber auch, dass mein Kollege recht hatte – wie immer, verdammt. Letzten Endes entspannte ich mich und nahm meine Arme wieder herunter, woraufhin mir der Bärenkerl ein wenig mehr Spielraum gewährte, mich allerdings immer noch nicht vollständig losließ.

      »Wieder alles klar bei dir?«, fragte er. Seine braunen Augen, mit ihrem stechenden Blick ruhten auf mir, solange er sich nicht sicher war, ob ich mich nun einsichtig zeigen würde. Er war beileibe kein Schaumschläger.

      »Ja, alles wieder klar.« Wir wussten natürlich beide, dass ich log.

      »Achtung.« Die gereizte Stimme des Kapitäns durchbrach nun die kurzzeitige Stille. »Nehmen Sie bitte alle Platz. Ich kann nicht genau sagen, was gerade bei Ihnen vor sich geht, doch wir landen gleich, also rate ich Ihnen, sich hinzusetzen.«

      »Gute Idee. Sir, lassen Sie sich von mir aufhelfen.« Higdon versuchte, den angetrunkenen Mann hochzuziehen.

      »Pfoten weg! Ich schaffe das alleine, um Himmels willen. Ich bin doch kein armer Krüppel«, empörte sich der Gouverneur und tupfte seinen blutenden Mund mit einem Taschentuch ab. Nachdem er die Hilfe brüsk abgewiesen hatte, pflanzte er sich beschwerlich zurück in seinen Ledersitz, der jetzt über und über mit Whiskey besudelt war. Er bemühte sich, seinen Anzug glatt zu streichen und sich so etwas Würde zu bewahren, scheiterte aber in Beidem kläglich. Sein bestes Stück war weiterhin erigiert, während er damit fortfuhr, sich über das verquollene Gesicht zu wischen. Er warf mir einen abfälligen Blick zu, wie ich ihn schon viel zu oft gesehen hatte.

      Nach einigen hitzigen Momenten saßen wir aber wieder alle angeschnallt da und warteten darauf, dass die Maschine auf der Rollbahn landete. Als ich zur Ruhe kam, begriff ich langsam, was da passiert war. Ich hatte offenbar zum letzten Mal Scheiße gebaut. Jetzt konnte ich mir alles abschminken: Ich hatte keinen Job mehr, es würde keine Heirat und keine Flitterwochen geben … meine Karriere war futsch, Ende im Gelände. Wie konnte ich das bloß Inez beibringen? Dieses Mal würde sie mich bestimmt verlassen und Bellia gleich mitnehmen. Dann würde ich allein sein … wieder … und dieses Mal zweifelsohne verdientermaßen.

      Nach dem Debakel in San Antonio und Galveston konnte ich von Glück reden, dass sie mich Taugenichts überhaupt noch so lange ertragen hatte. Ich durfte sie und das Baby aber nicht verlieren, denn ohne sie zu leben, kam mir vollkommen ausgeschlossen vor. Genauso gut hätte ich auch gleich sterben können. Zu jenem Zeitpunkt war ich mit meiner staatlichen Lebensversicherung und Rente tot sowieso weitaus mehr wert als lebendig. Diese Option hatte ich in letzter Zeit irgendwie ständig im Hinterkopf.

      Ich sah mich allerdings außerstande, die Waffen bereits zu strecken. Angestrengt schluckend blickte ich hinüber zu dem zuckenden Scheißkerl und holte tief Luft.

      »Sir, ich möchte mich bei Ihnen entsch…«

      »Sparen Sie sich das gefälligst, Junge! Sie haben sich mit dem Falschen angelegt, mein Freund!« Der alte Mann hielt eine Hand in die Höhe und wollte nicht einmal mehr in meine Richtung schauen.

      Novak und Higdon sahen mich sowohl verdrossen als auch verlegen an, was mich in keiner Weise aufbaute.

      »Leckt mich doch am Arsch!«, schimpfte ich wiederholt, während die kleine Maschine endlich über dem Flughafen niederging. Um meinen Magen und meine Zukunft stand es zusehends schlimmer, je weiter sich das Flugzeug der warmen, feuchten Rollbahn näherte.

      I’m Bad, I’m Nationwide

       Route 45 South, Oklahoma

       Freitag, 20:53 Uhr

      Der Cadillac brauste die nasse Straße hinunter, vorbei an Bäumen und Telefonmasten. Sie hatten an einer jener Kleinstadtraststätten, die geradezu ausgeraubt worden wollten, eine kurze Pause eingelegt, um zu tanken und noch mehr Alkohol zu besorgen, aber nicht nur das.

      »Was gibt es denn über diesen McCutcheon zu sagen?«, fragte Isandro und trank aus seiner Flasche, während er den Schopf der Blondine kraulte.

      »Nimm’s mir nicht krumm, Boss, aber warum bist du so scharf auf diesen Typen?«, erwiderte Cahill.

      Der Rest der Crew verstummte sofort und starrte durch die Fenster nach draußen – selbst Bobby und Manny, die sich gerade an einer jungen Frau mit hellblonden Haaren im Kostüm einer High-School-Cheerleaderin vergingen.

      »Wer zum Geier ist denn dieses Weißbrot, dieser Käsearsch?« Isandro breitete seine dünnen, aber muskulösen Arme weit aus und verlangte mit forderndem Blick eine Antwort.

      »Hey, Bruder, er ist neu; er weiß noch nicht, was abgeht«, platzte Hector hinter dem Steuer hervor.

      »Genau, Boss, er ist wirklich in Ordnung«, pflichtete ihm Manny bei. »Er ist bloß dämlich, sonst nichts.« Daraufhin lachten alle, während Isandro den schmächtigen Weißen eingehend aber geringschätzig anschaute.

      »Sorry … Boss. Ich habe mich nur gefra…«

      Isandros Miene verfinsterte sich noch weiter, und der Knabe fing an zu zittern. »Er hat mich verdammt nochmal auflaufen lassen, esé, falls du es genau wissen willst.« Er lehnte sich auf dem Rücksitz des breiten Cadillacs zurück, während das Mädchen ihn zwangsweise bediente.

      »Er und diese Schlampe von Bezirksstaatsanwältin.« Isandro spürte, wie der Zorn erneut in ihm aufstieg. Er nahm noch einen kräftigen Schluck aus der Flasche, der jedoch nichts gegen die Flammen ausrichten konnte, die in ihm loderten. Dass er in allen Punkten seiner Anklage und noch vieler weiterer Verbrechen schuldig war, von denen bisher noch niemand etwas erfahren hatte,


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