Lustige Läufer leben länger - oder zumindest besser. Ulrich Knoll

Lustige Läufer leben länger - oder zumindest besser - Ulrich Knoll


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würden statt der vier „L“ des Titels vielleicht nur drei „L“ bevorzugen, also die verkürzte Version „Läufer leben vielleicht nicht länger – aber besser“ akzeptieren. Muss man für das Laufen noch obendrein „lustig“ sein? Bin ich überhaupt lustig? Natürlich nicht immer. Aber die Alliteration ist allzu schön und Humor und ironische Distanz zu den Dingen sind neben dem Laufen meiner Meinung nach ebenfalls gesund und tragen durchs Leben.

      Meine einstige Entscheidung für lebenslanges Laufen war eine der besten, die ich getroffen habe. Diese Erkenntnis möchte ich vermitteln und ich hoffe, es gelingt mir, ein paar weitere, vielleicht ebenfalls durchschnittlich oder nur unterdurchschnittlich begabte Zeitgenossen und Nichtläufer für das Laufen zu interessieren und zu gewinnen, nicht primär durch medizinische, physische, physiologische oder sonstige durchaus triftige Argumente, sondern durch die Schilderung von Erlebnissen und Gedanken, die ich ohne das Laufen nicht gehabt hätte und für die allein es sich schon gelohnt hat, ein Leben lang zu laufen.

      Damit nochmals kurz zur Frage, wieso ein durchschnittlich sportlicher, durchschnittsgewichtiger, durchschnittlich laufbegabter Mensch ein Buch über lebenslanges Laufen schreibt. Sollte er das nicht lieber den Experten überlassen, den leptosomen, sich gesund ernährenden, täglich trainierenden, asketischen Läufern?

      Nein, ich denke, das sollte er nicht. Bücher über Ausdauerlaufen und Joggen von ausgewiesenen Superläufern mit Supertipps zum Laufen gibt es schon genug. Sie sind oft gut gemacht und fundiert, aber bilden sie die Realität des Laufens für den erwähnten Durchschnittsmenschen ab? Ist, wenn man ihnen denn folgt oder folgen kann, das Scheitern nicht oft schon vorprogrammiert, weil die Messlatte hoch gelegt ist? Denn mal ehrlich: Wer will oder kann schon komplexen Trainingsplänen folgen, jeden Tag laufen, möglichst noch dazu lange Strecken, jahrein, jahraus, dabei auf viele kulinarische Genüsse bewusst verzichten?

      Ich jedenfalls nicht. Und doch laufe ich nun schon über 40 Jahre, relativ konsequent, mit unterschiedlicher Laune und wechselnder Form. Mit nunmehr fast 70 Jahren bin ich selbstverständlich langsamer geworden, immer wieder habe ich statische Probleme, mal zwickt es hier, mal da. Das Alter fordert seinen Tribut. Trotzdem weiß ich: Das Laufen hat mein gesamtes Leben zum Positiven verändert und mir buchstäblich viel mit auf den Weg gegeben. Ich würde es niemals missen wollen. Und ich weiß ebenfalls genau: Mit Freude und Genuss laufen kann wirklich jeder. Zumindest sollte es ein jeder einmal ausprobieren, ihm eine Chance geben.

      Und damit: Viel Spaß beim Lesen und hoffentlich auch beim Laufen.

       Ein kluger Arzt gründet eine Laufgruppe und weckt Aufmerksamkeit

      Vor circa 40 Jahren, also gegen Ende der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts, fanden sich in der Regionalzeitung „Frankenpost“ im bayerischen Nordostoberfranken immer wieder einmal Artikel über Langlaufen im Sinne von lockerem Joggen. Das war ein Novum, denn damals interessierte sich kaum ein Mensch für Ausdauerlauf. Langlauf wurde als eine triviale, gleichsam eigenartige, ja exotische Sportart betrachtet. Nur sehr selten sah man damals auf den Straßen oder irgendwo im Wald oder Gelände Läufer. Meist waren das in den Augen der Bevölkerung eigenartige Zeitgenossen: eigenbrötlerisch, überschlank, kauzig und schrullig zugleich, also irgendwie neben der Kappe. Eine richtige Gruppe von Läufern sah man schon gar nicht.

      Ich war damals um die 27 Jahre alt, relativ fit, aber kein sonderlicher Sportler. Wir spielten ab und zu Fußball, fuhren aus Spaß Rad, gingen im Sommer ins Freibad. Viel lieber suchten wir aber zum Kicker- und Flipperspielen Wirtshäuser auf, die es in den Hochzeiten des Rauchens noch an jeder Ecke der Stadt gab, oder gingen als Zuschauer auf den Fußballplatz, um dort über Spieler und Schiedsrichter zu maulen und zu meckern. Auf richtige und konsequente sportliche Betätigung legten wir keinen Wert, auf Langlauf als Freizeitidee oder im Rahmen eines Fitnessprogramms wären weder meine Freunde noch ich jemals gekommen. Den Begriff Langlauf assoziierten wir allerhöchstens mit gemütlichem Skilanglauf in der verschneiten Winterlandschaft.

      Wir lebten jedenfalls in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts weder bewegungstechnisch noch ernährungsmäßig sonderlich gesund und teilten diese Haltung mit dem Großteil der Bevölkerung.

      Als intensiver Zeitungsleser stieß ich nun also im Lokalteil der „Frankenpost“ überraschenderweise hin und wieder auf Artikel über eine Langlaufinitiative, die auf den Chefarzt eines Krankenhauses, einen Dr. Heinz Laubmann, zurückging. Diesem gelang es im Laufe der Zeit, das Thema Langlauf publizistisch in der Regionalpresse zu platzieren und zumindest einige wenige potenzielle Läufer für seine Idee vom gesunden Dauerlauf zu gewinnen. Ab und zu erschienen Artikel über irgendwelche Gruppenläufe im Umland der Städte Hof, Naila und Rehau, im Frankenwald und Fichtelgebirge. Fotos zeigten Läufer in Gruppen, die fröhlichen Gesichts und leichten Fußes im Gelände umher trabten. Aus heutigem Blickwinkel sahen diese Läufer eher wie urige Waldschrate aus und ihre Klamotten waren wenig stylish.

      Der Chefarzt erlangte mit seinen Thesen vom Laufen als dauerhaftes, unkompliziertes Fitness-Programm immer mehr Interesse. Er gab Interviews und schließlich hielt das Thema in der Alltagsdiskussion in der Region Einzug, selbst an den Stammtischen der Kneipen. Immer mehr Menschen schien zumindest ansatzweise bewusst zu werden, dass mit ihrer Lebensweise etwas nicht stimmte, dass sie sich falsch ernährten und zu wenig bewegten. Vom langen Laufen wurde Erfreuliches berichtet. Wenn man ausdauernd lief, so hieß es, erlangte man angeblich lebenslange Fitness, dauerhaften Gewichtsverlust, man wehrte Krankheiten aller Art ab und konnte im Anschluss an den Lauftreff immer noch ein geselliges Beisammensein in der Gruppe nach dem Motto „Lustige Läufer leben länger“ genießen. Dr. Laubmanns Maxime lautete: „20 Jahre lang 40 bleiben.“

      Mein Interesse war milde geweckt, wenngleich zunächst noch rein theoretischer Natur. Ich sagte mir aber, dass ein Chefarzt, noch dazu ein Internist, ja sicherlich gewichtige Argumente für das von ihm propagierte Laufen haben würde und verfolgte die Aktivitäten der Laubmannschen Langlaufgruppe von da an zumindest auf dem Papier.

      In mehreren oberfränkischen Orten wurden Laufgruppen gegründet. Die Langlaufbewegung entwickelte sich zwar noch keineswegs flächendeckend, gewann aber an Dynamik. Ich selbst war zu diesem Zeitpunkt nach wie vor ein rein potenzieller Läufer, also kein richtiger, sondern sozusagen nur ein vager Sympathisant, der früher im Gymnasium höchstens die eine oder andere Sportplatzrunde gelaufen war, und das auch nur, weil es der Sportlehrer so wollte und uns, sollten wir uns weigern sie zu laufen, mit einer schlechten Note drohte. Meistens hielten uns die Drohungen nicht davon ab, im Sportunterricht nur Blödsinn zu treiben, es sei denn, wir durften Fußball spielen. Während des Studiums ging es dann bewegungstechnisch endgültig bergab, der Weg in die Kneipe war das Maximum.

      Jetzt kam also dieser Dr. Laubmann mit seinen Thesen vom gesunden Laufen daher. Da ich sowieso einmal einen medizinischen Checkup machen lassen wollte, verfiel ich auf die Idee, diesen Laufguru aufzusuchen. Erstaunlicherweise hatte er in seinem Krankenhaus sofort einen Termin frei und ich unterlief die üblichen Untersuchungen, also Blutanalyse, Belastungs-EKG, Ultraschall und so weiter. Er zeigte sich mit den Resultaten zufrieden, war im persönlichen Gespräch offen, sympathisch und gewinnend. Ich war gespannt, ob er mich bei dieser Gelegenheit zum Laufen bewegen wollte, was ja aufgrund seiner umtriebigen Aktivitäten auf der Hand lag. Ich erinnere mich noch recht genau an unser Gespräch:

      „Also, das sieht ja alles recht ordentlich bei Ihnen aus. Könnte aber noch besser sein, denn Sie sind ja noch jung. Das eine oder andere Pfund zu viel wiegen Sie auch, aber das wissen Sie sicher selbst. Laktatwerte und Blutfette sind im Großen und Ganzen in Ordnung, aber die könnten Sie trotzdem noch deutlich optimieren. Das HDL könnte durchaus noch ein bisschen höher sein und die Gesamtcholesterinwerte etwas niedriger. Wohlstandsbürgerwerte halt, haha.“

      „???“

      „Gut, können Sie vielleicht nicht wissen. Also nochmal für den Laien. Das HDL ist das sogenannte gute Cholesterin, das LDL das schlechte. Zusammen ergeben sie das Gesamtcholesterin. Das sollte nicht zu hoch sein. Aber darum allein geht es gar nicht. Wichtig ist: Je höher das HDL, desto geringer


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