Mikrochirurgische Endodontologie. Bertrand Khayat
Situation analysiert. Bei einer vorhandenen Läsion betrug die Erfolgsrate 83,8 %, sofern die initiale Kanalmorphologie erhalten war. War die ursprüngliche Kanalform hingegen verändert worden, sank die Erfolgsrate auf 40,0 %. Vor der Entscheidung für eine Revision sollte daher die präoperative Situation sorgfältig analysiert werden, da die Prognose von ihr abhängig ist.
1. Perforationen
Wurzelperforationen sind iatrogene Verbindungen zwischen dem Wurzelkanalsystem und dem Parodont. Daneben können sie auch durch Wurzelresorption entstehen. Die Behandlung besteht in der Reinigung, Desinfektion und Füllung der Via falsa, mit dem Ziel einer bestmöglichen Abdichtung.
Die Prognose eines Zahns mit perforierter Wurzel ist immer schlechter als die eines Zahns ohne Perforation9. Für die Prognose eines Zahns mit Perforation werden verschiedene Kriterien herangezogen.
Hat sich ausgehend von der Perforation eine Läsion gebildet, ist die Erfolgsrate einer orthograden Behandlung viel geringer, als ohne eine solche Läsion. Wenn sich die Perforation auf Höhe einer Kanalkurvatur befindet, es zudem viel schwieriger, den ursprünglichen Verlauf des Kanals auf orthogradem Weg zu verfolgen, da die Instrumente stets dazu neigen, die Via falsa zu nehmen. Hier ist ein apikalchirurgischer Eingriff in Betracht zu ziehen (Abb. 7). Wenn darüber hinaus Füllungsmaterial durch die Perforation extrudiert wurde, ist eine orthograde Revision kontraindiziert und eine chirurgische Behandlung angezeigt (Abb. 8).
Abb. 7 Via falsa auf Höhe einer Kurvatur. Die Prognose einer orthograden Revision ist zweifelhaft. Eine chirurgische Behandlung ist indiziert.
Abb. 8a Periapikale Läsion an einem Zahn 22. Durch eine Perforation – offenbar am Übergang vom mittleren zum apikalen Wurzeldrittel – ist Füllungsmaterial ausgetreten.
b Im DVT-Schnitt zeigt sich, dass die Perforation tatsächlich weiter koronal lokalisiert ist. Bukkal des Zahns findet sich disloziertes Füllungsmaterial auf einer Länge von 10 mm.
c Nach Öffnung eines Zugangslappens wird eine Füllung mit Kunststoff-Trägerstift sichtbar.
d Situation nach der Operation: Der Trägerstift wurde entfernt. Die Perforation und der gesamte verbliebene Wurzelkanalanteil wurden rein chirurgisch behandelt.
e Vollständige Heilung nach einem Jahr.
2. Instrumentenfraktur
Die Instrumentenfraktur ist eine weitere Komplikation bei der orthograden Wurzelkanalbehandlung. Unabhängig davon, ob das im Kanal verbleibende Fragment aus Nickel-Titan oder Edelstahl besteht: Es verhindert die weitere Instrumentierung und die Desinfektion des Wurzelkanalsystems. Bei der orthograden Behandlung besteht das weitere Vorgehen darin, das Fragment entweder zu entfernen oder zu umgehen. Ziel ist es, den apikal des Fragments befindlichen Kanalabschnitt zu erreichen und ihn zu reinigen. Wenn dies gelingt, sind die Erfolgsraten ebenso hoch wie bei Behandlungen ohne Instrumentenfraktur10. Befindet sich das Fragment hinter einer Kurvatur, ist die Entfernung oder Umgehung in der Regel schwierig, wenn nicht unmöglich. Da der apikale Anteil des Wurzelkanals in diesem Fall nicht gereinigt wird, kommt eine chirurgische Intervention in Betracht (Abb. 9).
Abb. 9a Zahn 12 mit Instrumentenfragment im Bereich der Wurzelspitze.
b Intraoperatives Bild der resezierten Wurzel mit gefülltem Kanal.
c Vollständige Heilung der Läsion nach einem Jahr. Die gesamte verbliebene Wurzelkanalstrecke wurde bis zum Stift aufbereitet und gefüllt.
3. Stufenbildung
Bei der Aufbereitung des Wurzelkanals können kleine Stufen entstehen, die das weitere Vordringen der Instrumente verhindern11. Wenn es nicht möglich ist, den ursprünglichen apikalen Weg des Kanals wieder aufzunehmen, ist ein chirurgisches Vorgehen indiziert (Abb. 10).
Abb. 10 Stufe im Kanal. Eine Präparation des apikalen Kanalanteils ohne das Risiko einer Perforation ist nicht möglich.
C. Eingeschränkter Zugang zum Wurzelkanal
Ursprünglich galt die apikale Chirurgie als Ultima Ratio für Fälle, in denen ein Zugang zum Kanal besonders schwer herzustellen und mit einer potenziell destruktiven Entfernung prothetischer Rekonstruktionen verbunden war, die den Wert des Zahns als Pfeiler infrage gestellt hätte.
Diese Situation ist bis heute eine der häufigsten Indikationen für ein apikalchirurgisches Vorgehen und kann aufgrund der hohen Erfolgsraten der modernen apikalen Chirurgie als erste Option vorgeschlagen werden. Der chirurgische Ansatz ist hierfür eine sehr konservative Lösung, da eine Läsion endodontischen Ursprungs zuverlässig behandelt werden kann, ohne dass der vorhandene Zahnersatz entfernt werden muss. Damit sind auch die entsprechenden Begleitrisiken ausgeschlossen.
1. Prothetische Rekonstruktionen
Weitspannige Brücken, deren Pfeiler von wurzelbehandelten Zähnen mit apikalen Läsionen getragen werden, stellen eine problematische Situation dar. Die konventionelle Revision durch die Krone ist immer riskant, insbesondere, wenn die Pfeilerzähne Stiftaufbauten tragen. Zudem birgt die Entfernung von Brücken mit mehreren Pfeilerzähnen diverse Risiken (problematische Neuversorgung wegen Fraktur oder Verlust eines Pfeilers usw.) und hohe Kosten für den Patienten. In diesem Fall kann auf chirurgischem Weg lokal und sehr konservativ interveniert werden12.
Mitunter zeigt die koronale Restauration keinen optimalen Randschluss. Bei sehr ausgedehnten Versorgungen muss jedoch das Verhältnis zwischen Kosten, Nutzen und Risiken einer Entfernung und Reparatur im Vergleich zu einem chirurgischen Eingriff abgewogen werden.
Gegebenenfalls ist es sinnvoller, die vorhandene Qualität der koronalen Restauration mit Zustimmung des Patienten zu akzeptieren, um die Risiken und Komplikationen einer vollständigen Entfernung zu vermeiden (Abb. 11).
Abb. 11a Ein als Brückenpfeiler fungierender Zahn 23 mit endodontisch bedingter periapikaler Läsion.
b Intraoperatives Bild der resezierten Wurzel und der Wurzelkanalfüllung.
c Präparation und Füllung bis hin zum Wurzelkanalstift.
d Vollständige Heilung nach einem Jahr.
2. Rekonstruktionen mit Stiftaufbau
Besteht eine Läsion an einem überkronten Zahn mit gegossenem Stiftaufbau, sind sowohl die orthograde Revision als auch das chirurgische Vorgehen möglich. Die Entscheidung hängt hier von der Qualität der