Mikrochirurgische Endodontologie. Bertrand Khayat
12).
Abb. 12a Endodontisch bedingte periapikale Läsion an einem Zahn 21 mit akzeptabler Krone über einem Stiftaufbau.
b Intraoperatives Bild der resezierten Wurzel und der Wurzelkanalfüllung.
c Der verbliebene Wurzelkanalabschnitt wurde bis zum Stift gereinigt und gefüllt.
d Vollständige Heilung der Läsion nach einem Jahr.
Wenn sich die koronale Restauration des Zahns in klinisch adäquatem Zustand zeigt und der chirurgische Ansatz nicht kontraindiziert ist, kommt die retrograde Behandlung infrage, da sich mithilfe neuer Ultraschallaufsätze der gesamte verbliebene Kanalraum (von der Resektionsebene bis zum apikalen Ende des Stifts) präparieren lässt. In diesem Fall entspricht das chirurgische Vorgehen einer von der Wurzelspitze her durchgeführten konventionellen Revision. Ist die koronale Restauration inakzeptabel, können die Entfernung des Zahnersatzes und eine konventionelle Revision in Betracht gezogen werden.
Manche Zähne sind jedoch mit gegossenen Stiftaufbauten oder sehr langen und breiten Stiften versorgt, deren Entfernung Schäden verursachen könnte und riskant ist13. Mit dem chirurgischen Vorgehen werden die Komplikationen beim Entfernen des Stiftaufbaus vermieden, sodass es in solchen Fällen die konservativste Option bietet. Die Kronenrestauration kann unabhängig vom Stiftaufbau zu einem späteren Zeitpunkt erneuert werden (Abb. 13).
Abb. 13a Endodontisch bedingte Läsion an einem Zahn 23 mit langem und breitem Stiftaufbau. Die Krone wurde entfernt, aber der gegossene Stiftaufbau ist gut integriert und seine Entfernung könnte die Wurzel schädigen.
b Intraoperatives Bild der resezierten Wurzel und der Wurzelkanalfüllung.
c Der verbliebene Kanalanteil wurde retrograd behandelt.
d Vollständige Heilung nach einem Jahr. Die Krone wurde anschließend erneuert.
III. Misserfolg eines früheren chirurgischen Eingriffs
Einige Patienten sind bereits chirurgisch behandelt worden, zeigen aber immer noch Symptome. In diesem Fall muss die Ursache für den Misserfolg analysiert werden. Wenn die chirurgische Behandlung nicht vollständig oder mit einer alten Technik durchgeführt wurde, entspricht der Entscheidungsprozess demjenigen bei der konventionellen Revision. Wurde bei dem früheren chirurgischen Eingriff mit einer modernen Technik gearbeitet, hat der Zahnarzt zwischen dem Versuch einer chirurgischen Revision und der Extraktion des Zahns zu entscheiden. Eine konventionelle Wurzelkanalbehandlung kann erneut vorgenommen werden, wenn sie zuvor nicht adäquat durchgeführt wurde. Dasselbe gilt für die chirurgische Behandlung: Sie kann wiederholt werden, wenn sie nicht angemessen ausgeführt wurde.
A. Unvollständige chirurgische Behandlung
Die periapikale Chirurgie ist ein zuverlässiges, technisch beherrschbares Verfahren mit hoher Erfolgsrate, sofern sie nach einem strengen Protokoll durchgeführt wird. Wie die folgenden Kapitel jedoch zeigen werden, kann jeder unkontrolliert ausgeführte Arbeitsschritt zum Misserfolg führen. Im Fall einer unvollständigen chirurgischen Behandlung muss der Eingriff mit einer zeitgemäßen Technik wiederholt werden, wobei alle beim ersten Versuch möglicherweise begangenen Fehler zu vermeiden bzw. zu korrigieren sind (Abb. 14).
Abb. 14a Zahn 25, der bereits chirurgisch behandelt wurde.
b In der vestibulooralen Rekonstruktion zeigt das DVT eine unvollständige Wurzelspitzenresektion.
c Intraoperatives Bild der vollständig resezierten Wurzel und des gefüllten Wurzelkanals.
d Kontrollröntgenaufnahme nach der chirurgischen Revision.
B. Herkömmliche chirurgische Behandlung ohne Heilungserfolg
Klassische Wurzelspitzenresektionen, ausgeführt ohne optische Vergrößerung, verbunden mit einer retrograden Präparation mittels Rosenbohrer und einer retrograden Amalgamfüllung, erreichen Erfolgsraten von etwa 60 %14. Persistiert die Läsion nach einer solchen Behandlung, ist eine chirurgische Revision zu bevorzugen, da die Wurzelspitzenresektion und retrograde Füllung die Strukturen der Wurzelspitze zerstört haben und eine ideale orthograde Revision nicht mehr möglich ist. Es wurde gezeigt, dass die chirurgische Revision mit modernen Operationstechniken ebenso hohe Erfolgsraten ergab wie die primäre chirurgische Behandlung (Abb. 15)15.
Abb. 15a Zahn 26 nach konventioneller chirurgischer Wurzelbehandlung mit einem Rosenbohrer und retrograder Amalgamfüllung.
b Klinisches Bild des Neoapex der mesiobukkalen Wurzel mit der alten Amalgamfüllung.
c Die alte Kavität ist nicht über dem Kanal zentriert und ermöglicht keinen dichten Verschluss.
d Im postoperativen Röntgenbild sind die langen Füllungen der bukkalen Kanäle zu erkennen.
C. Moderne chirurgische Behandlung ohne Heilungserfolg
Wurde die chirurgische Behandlung mit einer zeitgemäßen Technik durchgeführt, aber die Läsion persistiert und die Röntgenkontrolle lässt keinen Behandlungsfehler erkennen, muss der Zahn entweder extrahiert oder der Eingriff wiederholt werden. Im zweiten Fall wird ein weiteres Stück der Wurzel reseziert, wobei gegebenenfalls nicht aufbereitete Kanalanteile sichtbar werden. Die Präparationstiefe muss für eine vollständige Desinfektion des Kanals erhöht werden.
IV. Chirurgische Behandlung als alleinige Therapie: Retrograde Wurzelkanalbehandlung
Das chirurgische Vorgehen ermöglicht eine vollwertige Wurzelkanalbehandlung. Ziel ist die Heilung der periradikulären Läsion, und mit modernen Techniken ist die Behandlung des gesamten Kanals ohne jeden koronalen Zugang über den apikalen Ansatz möglich. In aller Regel ist das chirurgische Vorgehen bei bereits wurzelbehandelten Zähnen indiziert, aber es gibt auch Spezialfälle, in denen es als primäre Behandlungsoption infrage kommt. Die primäre retrograde Wurzelkanalbehandlung hat sich hier als ebenso erfolgreich erwiesen wie die retrograde Revision16.
A. Kalzifizierte Wurzelkanäle
In einem Teil der Fälle bleibt die Pulpa nach einem Trauma vital, verursacht jedoch eine Kalzifikation des Wurzelkanals. Die Häufigkeit einer solchen Obliteration nach Trauma wird in der Literatur mit 4 bis 24 % angegeben17. Aber nur in 7 bis 27 % dieser Fälle kommt es zur Nekrose und Entwicklung einer periradikulären Läsion.
In der Regel schreitet die Kalzifizierung in koronoapikaler Richtung fort. Die konventionelle Behandlung eines kalzifizierten Wurzelkanals ist eine technische Herausforderung. Die Kanalöffnung befindet sich weit apikal und die Suche nach dem Kanal ist schwierig und mit dem Risiko einer Perforation verbunden. Nur durch Mikroinstrumentierung unter einem Mikroskop lässt sich die Kanalöffnung lokalisieren.