Stilwechsel und ihre Funktionen in Textsorten der Fach- und Wissenschaftskommunikation. Группа авторов

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ist ein erster Zugang zum Satz. […] Darum: Bestimme das finite Verb! […]. (Heringer 1989a: 70)

       (12) Relativsätze kannst du anhängen und ausklammern. Aber aufgepaßt: Der Bezug muß deutlich bleiben. (Heringer 1989b: 333)

      In der jüngsten Darstellung wird dabei außerdem das Dialogisieren als stilistisches Handlungsmuster genutzt:

       (13) Dass ein Numerale sogar aus zwei Wörtern bestehen kann, ist doch misslich. Oder? Und wieso sind kein und niemand indefinit? (Heringer 2013: 16)

       (14) Allerdings bringt auch das gewisse Probleme. Haben sie ein festes Genus? Welches denn? (Heringer 2013: 17)

      Auch ohne unbedingt immer gleich Antworten zu liefern, nimmt Heringer auf diese Weise die Leserperspektive ein und legt dem Leser gleichsam Fragen in den Mund, die sich bei der Lektüre und der Reflexion wie auch der Anwendung erläuterter Sachverhalte stellen können. Dem Leser mag auf diese Weise das Gefühl vermittelt werden, als Adressat ernst genommen und mit potenziellen Schwierigkeiten nicht allein gelassen zu werden. Sandig schreibt dem Dialogisieren in monologischen Handlungen ein noch weiterreichendes Funktionspotenzial zu: „authentisch MACHEN, EMOTIONALISIEREN, Reflexion ANZEIGEN, lebendig MACHEN, GESTALTEN einer Nähebeziehung“ (2006: 215; Hervorhebungen im Orig.).

      Ins Auge springt auch das gelegentliche Wechseln der Interaktionsmodalität:

       (15) Es taucht [in Lehrplänen] Modalität als pures Stichwort auf, wohl in dem Glauben, damit sei alles gesagt. […] Das trifft sich mit einem Kuriosum des Schülerduden 2010, wo übers Register auf […] verwiesen wird und deren Überschrift auch tatsächlich verspricht, es gehe um Modalsätze und Modalität. Tatsächlich kommt Modalität in dem ganzen Abschnitt nicht vor. Netterweise folgt aber eine Übung, in der Sätze unterstrichen werden sollen, die Modalität ausdrücken. (Heringer 2013: 47)

      Es kann jedoch auch vermutet werden, dass Heringer gelegentlich der Versuchung nicht widerstehen kann, den neutralen Duktus kurzzeitig aufzugeben, wenn er nämlich, wie in Beispiel (15), Schwachpunkte in anderen Grammatik-Texten nicht nur erwähnt, sondern ironisierend moniert.

      2.2 Zielgruppendifferente Grammatik-Darstellungen

      Vergleicht man die für Studierende und Lehrende gedachten einführenden Grammatik-Darstellungen mit solchen, die sich jeweils an ein mehr oder weniger bestimmtes, zum Teil auch wesentlich breiteres Publikum wenden, stehen die Autoren u.a. vor dem Problem, eine heterogen zusammengesetzte Zielgruppe erreichen zu wollen, deren Wissensstand kaum adäquat eingeschätzt werden kann und sich, so darf man vermuten, nicht unerheblich unterscheiden wird. Eine gute entsprechende Vergleichsgrundlage bietet eine Reihe von im Duden-Verlag erschienenen Grammatik-Texten, die sich wie die unter 2.1 herangezogenen Darstellungen an die Zielgruppe der Germanistik‑/Deutschstudierenden richten (Habermann u.a. 2015), die im Unterschied dazu jedoch auch gezielt für Schüler(innen) gedacht sind (Dudenredaktion 2017) oder ein disperses Publikum adressieren, sprich: die Masse an Sprachverwendern, die sich entweder für Grammatik interessieren oder aber sich mit ihr beschäftigen müssen (Steinhauer 2015 und Hoberg/Hoberg 2016).

      Grammatik-Texte für diese zumindest partiell unterschiedlichen Adressatengruppen unterscheiden sich nicht nur in der Breite und Tiefe der behandelten grammatischen Gegenstände – was zu vertiefen durchaus lohnenswert wäre, hier aber ausgeblendet werden muss –, sondern sie zeigen untereinander, vor allem aber im Vergleich mit Grammatik-Darstellungen, die dezidiert einen wissenschaftlichen Anspruch erheben wie die ‚eigentliche‘ Duden-Grammatik (vgl. dazu Abschnitt 3), Unterschiede im Gestalten. Gemeinsam ist den genannten Darstellungen zunächst, dass sie auf die mit dem Zitieren verbundene Art von Stilwechsel gänzlich verzichten, jedenfalls soweit es um Zitate aus (anderen) wissenschaftlichen Arbeiten geht; zitiert wird dagegen aus literarischen Texten und aus Gebrauchstexten wie Pressetexten, Studienordnungen usw., was ebenfalls dazu dient, Sachverhalte anschaulich zu machen, Interesse zu wecken und geeignete Anknüpfungsmöglichkeiten für die Adressatengruppe zu bieten. Mehr noch aber lassen sich andere Erscheinungsformen von Stilwechseln als Indikatoren dafür deuten, dass die Autoren nicht als Angehörige der Wissenschaftlergemeinschaft, soweit sie sich mit grammatischen Themen beschäftigt, agieren. Vielmehr betätigen sie sich als Mittler zwischen dieser Wissenschaftlergemeinschaft und spezifischen Nutzergruppen, auch wenn diese teilweise (wie Studierende) an Wissenschaftskommunikation teilhaben, überwiegend aber das Ziel verfolgen, sich auf die Vermittlung grammatischen Wissens in Bildungsinstitutionen oder seine Anwendung im Berufsleben, in der Alltagskommunikation usw. vorzubereiten. Zuweilen werden daher direkte Handlungsanweisungen gegeben, die für den (Berufs-)Alltag der Rezipienten gedacht sind:

       (16) In Vorträgen, Protokollen oder Arbeitsberichten sollten Sie einen zu starken Nominalstil vermeiden, weil dies die Lesbarkeit und Verständlichkeit beeinträchtigt. (Steinhauer 2015: 35)

      Dass auf diese Weise mehr oder weniger stark ausgeprägte Gestaltungsweisen des Didaktisierens fachwissenschaftlicher Gegenstände entstehen, ist bekannt und liegt auf der Hand; bereits die hier zugrunde gelegte schmale Vergleichsgrundlage lässt erkennen, dass es naheliegend ist, nicht nur von einem „Übergang […] vom theoretisch wissenschaftlichen zum didaktischen Fachstil“ (Petkova-Kessanlis 2017: 186) zu sprechen, sondern im Bereich didaktischen Fachstils von einem Kontinuum auszugehen und zielgruppenorientiert verschiedene Grade der Didaktisierung anzusetzen. Sie schlagen sich nicht nur in didaktisch motivierter Reduktion von Komplexität der Substanz nieder, sondern manifestieren sich auch in der quantitativ und qualitativ unterschiedlichen Nutzung von Stilwechseln und verdeutlichen, wie der Gegenstand „Grammatik“ den Rezeptionsbedürfnissen und ‑fähigkeiten von Zielgruppen mit heterogenen Wissensvoraussetzungen angepasst werden kann; dazu trägt zunächst das bereits erwähnte Dialogisieren und der damit bezweckte Abbau sozialer Distanz bei:

       (17) Vielleicht haben Sie unter den Interrogativsätzen auch Sätze wie Sie reist heute ab? vermisst? (Habermann u.a. 2015: 105)

       (18) Wir wollen in diesem Kapitel zeigen, dass dies eine sehr betrübliche Fehleinschätzung ist, und bitten Sie, uns durch die folgenden Überlegungen zu begleiten. (Habermann u.a. 2015: 143)

       (19) Wie gesprochene Sprache mehr ist als ein Strom von Lauten, so ist geschriebene Sprache mehr als eine Aneinanderreihung von Buchstaben. Was gibt es noch für Elemente in der Schrift? Auf die folgenden Elemente soll hier kurz eingegangen werden: […]. (Dudenredaktion 2017: 26)

      Ähnliches bewirkt das Bemühen, vom ‚harten‘ Wissenschaftsstil dadurch abzuweichen, dass als Handlungen Wissen-Zuschreiben und Loben vollzogen werden. Mit diesen Handlungen bemühen sich die Textproduzenten ebenfalls um eine persönlichere Kommunikationsebene und um Distanzabbau, da zumindest kurzzeitig die Asymmetrie, die durch die unterschiedlichen Wissensbestände gegeben ist, verringert erscheint:

       (20) Sie wissen zum Beispiel, dass Nebensätze von Hauptsätzen abhängig sind und nicht umgekehrt. Ein solches Wissen ist wichtig! (Habermann u.a. 2015: 112)

       (21) Dieser Test umfasst alle Bereiche der Grammatik, die in diesem Übungsbuch behandelt wurden, sodass Sie nun Ihr Wissen zu allen Themen komprimiert überprüfen können. (Steinhauer 2015: 105)

      Der bereits genannte Verzicht auf Zitate aus wissenschaftlichen Arbeiten zieht Formulierungsweisen nach sich mit Verbalausdrücken wie nennt man, heißen, werden bezeichnet usw.:

       (22) Wörter haben nicht nur eine „objektive“ Bedeutung (Wörterbuchbedeutung), sondern gleichsam auch einen „Beigeschmack“. In der Sprachwissenschaft spricht man hier von Konnotationen. (Dudenredaktion 2017: 458)

       (23) Ein Wort ist also eine Einheit aus Ausdruck und Inhalt, eine Verbindung von Lauten bzw. Buchstaben und einer Bedeutung (die Lehre von den Bedeutungen heißt Semantik). (Hoberg/Hoberg 2016: 69)

      Vordergründig entsprechen sie dem sachlichen und unpersönlichen Duktus von Wissenschaftstexten, in Textsorten des didaktischen Fachstils dienen sie aber in erster Linie dazu, sich auf


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