Mecklenburgische Seenplatte Reiseführer Michael Müller Verlag. Sabine Becht
Der Altstädtische Markt ist das Herz der Stadt, ein lebendiger Platz, zwar ohne Marktgeschehen, aber mit einigen architektonischen Sehenswürdigkeiten. Auffälligster Bau ist zweifelsohne das Neue Gebäude oder auch „Säulengebäude“ an der Nordseite des Platzes. Ursprünglich wurde das Gebäude unter Herzog Friedrich dem Frommen (1717-1785) in den Jahren 1783-1785 als Markthalle gebaut und soll nach Leerstand und fälliger Sanierung auch in naher Zukunft wieder eine werden.
Zweiter optischer Blickfang des Platzes ist das Alte Rathaus mit der 1835 aufgesetzten Fassade im (neugotischen) Tudorstil, hinter der sich vier alte Giebelhäuser verbergen. Bereits im Jahr 1351 ist hier ein erstes Rathaus dokumentiert. Auf der mittleren Zinne des Rathauses thront die kleine, aber strahlend goldene Reiterstatue des Stadtgründers Heinrichs des Löwen (1129-1195), dem auch das zweite Denkmal am Platz, eine Löwenplastik vor dem Neuen Gebäude, gewidmet ist. Letztere wurde 1995 anlässlich des 800. Todestags des Stadtgründers hier aufgestellt.
Ein Durchgang am Rathaus führt vom Altstädtischen Markt zum Schlachtermarkt. Mit seinen alten Fachwerkhäusern, hohen Bäumen und dem modernen Brunnen „Von Herrn Pastor sien Kauh“ (1978) zählt er zu den schönsten Plätzen der Stadt. Bis 1938 befand sich hier im Haus Nr. 3 die Schweriner Synagoge (bei der Pogromnacht am 9. November 1938 zerstört), deren Neubau sich heute im Innenhof des Gebäudes befindet.
Dom
Löwe, Dom und Neues Gebäude: am Altstädischen Markt
Die imposante dreischiffige Basilika mit mächtigem, ebenfalls dreischiffigem Querhaus entstand ab 1270 anstelle eines romanischen Vorgängerbaus. Da sich die Arbeiten bis ins 15. Jh. hineinzogen, weist das Gewölbe bereits spätgotische Einflüsse auf. So ist das ältere Langhaus mit einem Kreuzrippengewölbe versehen, das Querhaus dagegen aufwändiger mit einem Netz-, die Vierung mit einem Sterngewölbe. Der Raumeindruck der Basilika ist majestätisch und licht. Anders als beispielsweise in der zeitgleich entstandenen Zisterzienserkirche von Bad Doberan dominiert hier nicht das warme Rot des Backsteins, sondern ein strahlendes Weiß, das von grauen Diensten (kleine, vorgestellte Säulen) sowie roten und grünen Gewölberippen durchbrochen wird. Der 1327 fertig gestellte Chorumgang wird von einem so genannten Kapellenkranz abgeschlossen.
Von der gotischen Innenausstattung ist, nachdem die einstige Bischofs- und Klosterkirche zu einer evangelischen Pfarrkirche geworden war, nicht mehr viel erhalten. Das auffälligste Kunstwerk, das um 1420 entstandene und als Lebensbaum gestaltete Triumphkreuz, stammt aus der 1945 zerstörten Marienkirche in Wismar. Das bedeutendste Kunstwerk ist der gotische Flügelaltar (um 1490), in dessen Mitteltafel ein detailreiches Sandsteinrelief (ebenfalls um 1420) eingearbeitet wurde. Diese Mitteltafel zeigt eine Kreuzigungsszene, links davon St. Georg, rechts über einem drastisch ausgearbeiteten Höllenschlund die Auferstehung Christi. Am ältesten ist das achteckige eiserne Taufbecken (1325), das noch aus dem Vorgängerbau stammt. Die übrige Ausstattung ist v. a. neugotisch geprägt und wurde während einer Restaurierung des Doms Mitte des 19. Jh. hinzugefügt. Das Bild der Kreuzigung am Altar malte Gaston Lenthe, von dem auch das Altarbild der Schelfkirche stammt.
Neugotisch ist auch der Kirchturm, der anstelle des niedrigeren gotischen Turms Ende des 19. Jh. errichtet wurde. Abgeschlossen von einem spitzen, kupfergedeckten Helm, erhebt sich der Turm 117,5 m in die Höhe und prägt die Silhouette der Stadt. Wer sich die 220 Stufen hinaufquält, wird mit einem grandiosen Blick über die Stadt und die umliegenden Seen belohnt. An die Nordflanke schließen sich noch die Reste des ehemaligen Klosters an, die Thomaskapelle und der hübsche Kreuzgang.
♦ Mai bis Okt. Mo-Sa 10-17 Uhr, So 12-17 Uhr geöffnet, im Winterhalbjahr etwas eingeschränkt. Turmbesteigung bis 30 Min. vor Schließung. Domführungen: Mo 15 Uhr, Di und Sa 11 Uhr, Do 14 Uhr.
Schelfstadt
Die „Schelfe“, was so viel bedeutet wie „Land zwischen den Wassern“, erstreckt sich etwa zwischen Pfaffenteich, Ziegelinnensee, Werderstraße sowie Friedrich- bzw. Burgstraße. Bereits 1284 befand sich das Gebiet im Besitz der Bischöfe, damals ein einfaches kleines Fischerdorf mit einer Pfarrkirche. 1705 ernannte Herzog Friedrich Wilhelm (1675-1713) die Schelfe zu einer selbstständigen Stadt mit eigener Verwaltung, der „Schelfstadt“ (oder „Neustadt“), und ließ diese auch städtebaulich umgestalten: Es entstanden geradwinklige Straßenzüge mit ein- bis zweigeschossigen Fachwerkbauten, deren Zentrum der Schelfmarkt mit der gleichnamigen Kirche bildet. Heute zählt die Schelfstadt zu den schönsten und beschaulichsten Ecken Schwerins.
Das prächtige Triumphkreuz im Dom stammt ursprünglich aus Wismars Marienkirche
Schelfkirche (St. Nikolai): Der barocke Backsteinbau mit dem Grundriss eines griechischen Kreuzes entstand in den Jahren 1708-1713 ebenfalls im Auftrag von Friedrich Wilhelm nach Plänen des Ingenieurs Jacob Reutz. Ein früherer gotischer Kirchenbau (St. Nikolai von 1238) erschien für die neue Stadt zu klein und wurde für den Neubau abgerissen. Als einziger echter barocker Kirchenbau und erste große nachreformatorische Kirche ganz Mecklenburgs hat die Schelfkirche heute besondere Bedeutung. Das Kircheninnere stammt von einer Renovierung aus dem Jahr 1858, sehenswert ist das Altarbild von Gaston Lenthe (1805-1860), dem Hofmaler von Großherzog Paul Friedrich. Die Fürstengruft unter dem Altar kann besichtigt werden (Licht kostet 1 €, Vorsicht, steile Treppe). Die Fassade der Schelfkirche wurde zwischen 1983 und 1995 umfassend saniert.
♦ Tägl. mind. 11-16 Uhr.
Schleswig-Holstein-Haus: In dem Barockhaus von 1737 befindet sich seit 1995 ein wichtiges kulturelles Zentrum Schwerins: Wechselnde Ausstellungen, Lesungen, Konzerte und vieles mehr füllen den Veranstaltungskalender. Eine ständige Ausstellung der Stiftung Mecklenburg ist der mecklenburgischen Landesgeschichte gewidmet.
♦ Di-So 11-18 Uhr und zu Veranstaltungen. Eintritt (Dauerausstellung) 3 €, erm. 2 €. Puschkinstr. 12, Tel. 0385-555527.
Um den Pfaffenteich
Blau und Grün sind die Farben der Landeshauptstadt
In einer natürlichen Senke wurde der Pfaffenteich („Papendiek“, so genannt, weil er sich im Besitz der Kirche befand) bereits im 12. Jh. als künstlicher See aufgestaut. Damals markierte der kleinste See Schwerins noch die nördliche Grenze der Stadt. Wiederum ist es dem Stadtarchitekten Demmler zu verdanken, dass sich der See heute so harmonisch in das Stadtbild einfügt: Im Zuge der innerstädtischen Ausdehnung um 1840 ließ er die Ufer befestigen und einen repräsentativen Rundweg mit Lindenallee um den See herum anlegen.
Repräsentativ sind auch die noblen Bürgerhäuser, die hier bald darauf entstanden: am Südufer des Sees zunächst das gelbe Wohnhaus Demmlers (Arsenalstraße, Ecke Mecklenburger Straße), an der Ecke zur Friedrichstraße das Kückenhaus von 1868 (heute Restaurant-Café Friedrich’s) des Komponisten und Hofkapellmeisters Friedrich Kücken (1810-1882). Blickfang am Südufer des Sees ist allerdings das Arsenal schräg gegenüber: Der ockerfarbene Bau im Stil der englischen Tudorgotik entstand zwischen 1840 und 1844 ebenfalls nach Plänen von Demmler und beherbergte neben Kaserne, Zeughaus, Stallungen und Werkstätten auch das Militärgericht und