Mecklenburgische Seenplatte Reiseführer Michael Müller Verlag. Sabine Becht
Großherzog Friedrich Franz II. (1823-1883) von 1893. Links vom oberen Ende des Kreuzkanals gelangt man nach wenigen Schritten zum Grünhausgarten, einer Verlängerung des Schlossparks. Der Grünhausgarten stammt aus der Zeit um 1840 und wurde unter der Leitung des Landschaftsarchitekten Joseph Lenné (1789-1866) im so genannten englischen Stil realisiert. Lenné hatte auch den Burggarten rund um das Schloss gestaltet.
Schleifmühle: Südlich des Grünhausgartens, am „Faulen See“, steht die Schweriner Schleifmühle, ein altes Fachwerkhaus mit großem Mühlrad. 1705 ursprünglich als Pulvermühle gebaut, später eine Graupenmühle, nutzte man die Kraft des Wasserrads ab 1757 für eine Steinschleiferei, die u. a. auch die Bauherren des Schweriner Schlosses belieferte. 1862 erfolgte der Umbau zur Wollspinnerei, 1904 wurde das An wesen wegen Baufälligkeit stillgelegt und 1985 schließlich als Schauanlage und Museum wiedereröffnet. Der Rundgang durch das Mühlengebäude (im Obergeschoss zwei kleine Ausstellungsräume mit historischen Dokumenten, Schaubildern, alten Fotografien, geschliffenen Steinen und Halbedelsteinen) mündet in ein wirklich ohrenbetäubendes Erlebnis, wenn die Mühlenanlage zu Demonstrationszwecken angeworfen wird und der „Müller“ in einer etwa 10-minütigen Vorführung die durch Wasserkraft betriebene Steinsäge bedient. Sehenswert!
♦ Tägl. 9-17 Uhr (Sa/So ab 10 Uhr), im Winter nur Mo-Fr. Eintritt 4 €, erm. 3 €. Schleifmühlweg 1, Tel. 0385-562751, www.schleifmuehle-schwerin.de.
Ein guter Geist - das Petermännchen
Ein kleines, altes Männchen mit grauem Bart und Federhut, einer Laterne in der Hand und einem Schwert, dazu einem Schlüsselbund - so ist er auf Bildern zu sehen: der Schweriner Schlossgeist, der hier seit Jahrhunderten wohnt und das Böse aus der Stadt vertreibt.
Der Sage nach ist das Petermännchen der einzige übrig gebliebene Diener eines heidnischen Gottes der Tempelburg an der Stelle des heutigen Schlosses. Seine Dienerkollegen zogen sich - nachdem die Gottheit vor den nahenden Christen geflohen war - nach Petersberg bei Pinnow (östlich von Schwerin) zurück, daher auch der Name des Kobolds. Das Petermännchen aber blieb und bewachte fortan die Burg, verjagte unrechtmäßige Eindringlinge und belohnte die Guten. Seinen Schlossherren war es dabei stets treu ergeben.
Bekanntestes Opfer des umtriebigen Kobolds war Wallenstein, kaiserlicher Generalissimus während des Dreißigjährigen Krieges. Der hatte Gefallen am Schweriner Schloss gefunden und beabsichtigte, sich hier niederzulassen. Doch schon in der ersten Nacht im neuen Zuhause setzte ihm das Petermännchen ordentlich zu, machte mächtig Lärm, zog ihm die Bettdecke weg und zwickte und boxte den Feldherrn die ganze Nacht hindurch, sodass dieser am nächsten Tag entnervt in einen anderen Flügel des Schlosses umzog. Doch auch dort erging es ihm nicht besser, im Gegenteil, der Schlossgeist ließ Wallenstein nächtens sogar noch ein Ahnenbild auf den Kopf fallen - der Feldherr reiste am nächsten Morgen ab und kam nie wieder.
Alter Garten
Der Alte Garten mit Theater und Staatlichem Museum
Ein etwas leerer, riesiger Platz auf der Stadtseite des Schlosses, um den sich Staatskanzlei, Altes Palais, Staatstheater, Staatliches Museum und Schloss gruppieren. Um 1630 wurde hier ein Garten angelegt, der mit dem Bau des eigentlichen Schlossgartens um 1670 aber an Bedeutung verlor, zum „Alten Garten“ umbenannt wurde und bald verwahrloste; später befand sich hier ein Exerzierplatz. Heute ist der Alte Garten mit seinem gelungenen Ensemble klassizistischer Bauten der angemessene Rahmen für das Schweriner Regierungsviertel, im Sommer bietet er den Rahmen für die Opernaufführungen der Schlossfestspiele.
Ältestes Gebäude am Platz ist ein vergleichsweise bescheiden wirkender Fachwerkbau, das Alte Palais aus dem 18. Jh., das Großherzog Paul Friedrich (1800-1842) nebst Gattin Alexandrine als Wohnsitz diente. Deutlich mehr Eindruck hinterlässt das Mecklenburgische Staatstheater gleich rechts nebenan - ein prachtvolles Gebäude mit Säulen und Giebel, das 1883-1886 unter der Leitung von Baurat Georg Daniel (1829-1913) entstand. Ein von Demmler entworfener Vorgängerbau war kurz zuvor abgebrannt. An der Nordostseite des Alten Gartens blickt man nun auf die Staatsgalerie (Staatliches Museum Schwerin) von 1882, das vielleicht bedeutendste Kunstmuseum Mecklenburg-Vorpommerns; auch hier wird die Vorderfront von Säulen und einem Giebel im neoklassizistischen Stil dominiert. Das Museum wurde bereits 1837 von Demmler als neues Palais für Großherzog Paul Friedrich geplant, blieb aber unvollendet. Dem Museum gegenüber, am anderen Ende des Alten Gartens und direkt am Ufer des Burgsees, steht die 32 Meter hohe Siegessäule (1874), die an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 erinnert. Oberhalb davon, am Beginn der Schlossstraße mit ihren repräsentativen Bauten, steht linker Hand schließlich das Kollegienhaus, die heutige Staatskanzlei, das zwischen 1825 und 1834 gebaut wurde. Die streng klassizistische Fassade entstand nach Plänen Demmlers: drei Flügel mit einem ionischen Säulenportikus in der Mitte, die Giebel gekrönt von Darstellungen antiker Götter. Rechts an die Staatskanzlei schließt die 1892 von Georg Daniel konzipierte Neue Regierung an. Verbunden sind beide Gebäude durch einen über Arkaden verlaufenden Übergang, den der Volksmund spöttisch „Höhere Beamtenlaufbahn“ nennt - oder auch „Seufzerbrücke“ nach den Klagelauten der Beamten und Politiker, die angesichts leerer Kassen auf dem Rückweg vom Büro des Ministerpräsidenten ausgestoßen werden.
Staatliches Museum Schwerin: Ein Tempel für die Kunst. Schon von außen beeindruckt die mächtige Freitreppe. Durch eine von hohen Säulen getragene Vorhalle gelangt man in die Staatsgalerie mit ihrer beachtlichen Kunstsammlung hochrangiger Werke aus vier Jahrhunderten. Die Staatsgalerie zählt - neben den Schlössern Schwerin und Ludwigslust - zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Mecklenburgs.
Im Obergeschoss befindet sich die beeindruckende Sammlung Alter Meister mit Werken der deutschen Spätgotik und Renaissance sowie einer umfangreichen Sammlung holländischer und flämischer Malerei des 17. Jh., darunter die Torwache von Carel Fabritius und Lot und seine Töchter von Peter Paul Rubens. Ein weiteres Highlight ist der Saal mit den großformatigen Tierporträts des französischen Hofmalers Jean-Baptiste Oudry rund um das Rhinozeros mit dem schönen Namen Clara.
In einem Nebenraum schließlich stehen zwölf Bronzen von Ernst Barlach, die auf die nicht minder sehenswerten Neuen Meister im Erdgeschoss einstimmen. Hier sind u. a. Werke von Max Liebermann, Lyonel Feininger, Lovis Corinth und Vertretern der Künstlerkolonien Schwaan und Ahrenshoop wie Rudolf Barthels und Paul-Müller-Kaempff zu sehen. Überaus eindrucksvoll sind die Sammlungen von Werken Marcel Duchamps sowie des gebürtigen Mecklenburgers Günther Uecker, darunter auch die für Uecker typischen Nagelreliefs. Seit 2016 ergänzt ein großzügiger Neubau die Ausstellungsfläche, in dem zeitgenössische Kunst und Werke der Sammlung Neue Medien gezeigt werden.
♦ April bis Okt. Di-So 11-18 Uhr, im Winter nur bis 17 Uhr. Eintritt 7,50 €, erm. 6 €. Wechselnde thematische Führungen Sa 12 Uhr und So 11 Uhr. Museumsshop und Café im Erdgeschoss. Alter Garten 3, Tel. 0385-58841222, www.museum-schwerin.de.
Marstall: Das sorgfältig restaurierte, von zwei Kastanienbäumen flankierte, gelbe Gebäude - einst die herzogliche Reithalle - entstand 1838-1842 und stammt wie so vieles in der Stadt von Hofbaumeister Demmler. Heute befindet sich